vongnu 31.10.2022

GNU – Literarische Grotesken

Damals wie Heute das zynische Lächeln über die menschliche Irrfahrt. | © Fabian Fox Fotografie

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Our Generation. Das ist heute schon morgen, aber noch nicht die Zukunft, von der alle immerzu reden. Wir zeichnen das Bild unserer Welt. Jemand hat den Turboknopf betätigt. Der Kapitalismus keucht auf der Zielgeraden. Alles ist nochmal richtig bunt, so als ob er zeigen möchte, dass er es immer noch drauf hat. Aber Die Erde mag nicht mehr so recht. Eine erste Klimazone ist bereits aus dem Spiel ausgestiegen. Kein Respawn-Effekt. Die anderen sind eins gen Norden aufgerückt. Das Potenzial der Urbanisierung ist ausgeschöpft. Wer es sich leisten kann, wohnt außerhalb, vor den Toren der Stadt, auf dem Land. Irgendetwas hat sich an dem chemischen Gemisch unserer Atmosphäre geändert. Die Abzugshaube will nicht mehr funktionieren. Der Staub und der Sand der zirkulierenden Luftmassen bleibt unten, kleben an allen Objekten und Fassaden und verleihen diesen einen milchig-gelben Anstrich. Das Kondensat der Fabrikmeiler tut sein Übriges. Ein bisschen wie Dampfsauna. Die Städte schwitzen. Bausubstanz ist rar. Upcycling ist das neue Gebot. Verdichteter Müll erweitert marode Gebäudekomplexe zu neuen Hochglanzvierteln. Pergolen aus Wellblech. Blinkender Elektroschrott und Werbereklame. Stern der Digitalisierung. Bildschirmpropaganda der neuen Superministerien. Durchhalteparolen beschwören die unabdingbare Fortschrittsgläubigkeit. Technologie als Antwort auf sich transformierende Umweltprozesse. Marktwirtschaft verändert sich. Die Konzerne sind neutral, ihre Kunden sind revolutionär und beständig. Das neue Bürgertum. Stigma für Wohlstand und Veränderung. Politik und Protest begegnen sich. Unsere Welt ist paralysiert, im Duckmodus. Zwischen Heute und Zukunft. Die Sonne ist ein Schweif am Himmel. Our Generation.

Gen Z ist zad. Die Wehen des Postkapitalismus sind spürbar. Unsere Generation wurde in dieses Vakuum hineingeboren. Scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten schaffen tiefe Traurigkeit.

Großer Wohlstand ist Versuchung und Versprechen. Manche halten daran fest, an dem alten Glanz, der zerfällt. Gen Z ist Trap und ist Zwischenstadium, zwischen Gold und Grau. Wir kennen unsere Vergangenheit. Wir malen unsere Zukunft. Globalisierung. Wir sehen den Preis unseres Lebens. Andere müssen ihn bezahlen. 

Zwischen Selbsterkundung und universitärem Zugzwang. Zwischen Rausch, Demo und Bachelorthesis. Bisschen Dekadenz, bisschen Tugend. Heiß-Kalt; Lebensmotto und Beziehungsschema. Auf der Erde wird es immer heißer, ein paar versuchen das mit zwischenmenschlicher Kälte zu kompensieren. But where is the love?

Bildung, um zu bestehen. Bildungssystem. Mensch sein heißt unfrei sein. Wir tricksen uns aus. Gehirn auf Standby. Abends geht es in die dunklen Stollen. Unter der Erde. Von der Decke tropft es. Süße Flüssigkeiten und Schweiß. Glitzernde Tropfsteine. Hin- und wieder Blitzlicht. Alles in Zeitlupe. Alles dröhnt. Exzess ist Innehalten. Pause und Moment. Drums & Bass. Kennt nur eine Richtung. Vorpreschen. Vorwärts. Na los. Es geht nur um das Spiel. Wir kennen die Welt nicht. Kennen wir uns? Da ist soviel Druck da. Es reicht vielleicht noch für unverbindlichen Sex auf der Toilette. Ein paar Mollys schwimmen im Goldfischglas. Fuck Raum, Fuck Zeit. Der moderne Mensch wird alt. Wer ist für diese Traurigkeit verantwortlich?

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