Für einen Tag haben wir – Aktivist*innen aus den verschiedensten Ecken der Klimagerechtigkeitsbewegung – die Möglichkeit bekommen, die taz zu übernehmen und mit ihren eigenen Inhalten zu gestalten.
Seit Mittwoch, 23. September sind wir repräsentativ für unsere aus über 40 Menschen bestehende Autor*innenschaft, im taz-Haus, um unserer Zeitung den letzten Schliff zu verleihen und sie pünktlich zum globalen Klimastreik, am Freitag den 25.09.20 in den Druck zu geben.
Bevor wir uns jedoch in die Untiefen der Redaktionsarbeit begeben konnten, galt es erst einmal ein Problem zu lösen, das zeitweise die Publikation unserer gesamten Klimaausgabe aufs Spiel setzte: eine Werbeanzeige von RWE. Für den Großteil unserer Mitstreiter*innen unvorstellbar, eine Klimagerechtigkeitsausgabe mit einer Greenwashing-Kampagne von einem Konzern wie dem fossilen Energieriesen RWE zu veröffentlichen, der ganze Dörfer und unsere Zukunft abbaggert.
Untiefen der Redaktionsarbeit
Nach intensiven Diskussionen mit der taz haben wir es geschafft, RWE wenigstens in diesem Kampf einmal nicht gewinnen zu lassen. Nun konnten wir uns der Redaktionsarbeit widmen: Kontrollieren, ob alle Artikel da sind, Korrektur lesen, Untertitel sowie Zitate für die einzelnen Artikel verfassen, die Titelseite gestalten.
Anschließend schrieben wir noch schnell zwei Artikel in Zusammenarbeit per Telefonkonferenz, Abstimmungen für die „Zahl des Tages“ wurden organisiert, zwischen drin dann auch einmal eine Verschnaufpause in der taz Kantine und schließlich gingen auch schon die ersten Seiten in die finale Abnahme.
Von Selma Lewerenz, Klimaaktivistin der BUNDjugend Berlin
Die Sonderausgabe der taz am 25. September 2020: online & gedruckt, am Kiosk, im Abo & in der App
KLIMAAKTIVISTEN ÜBERNEHMEN DIE TAZ
Mehr als die Gesellschaft aufrütteln könnt Ihr so nicht. Greta hat schon aufgerüttelt und hatte das Glück, dass sie wahrgenommen wurde.
Die Klimarettung ist ein physikalisches, ein technisches Problem. Klimaaktivistinnen haben es verbaut, indem sie Strom viel zu stark versteuert haben. Die wirklichen Verursacherinnen. allen voran die Kohle, die Brennstoffe, blieben so gut wie unversteuert.
Wir benötigen Wärme und Strom, der weiterhin zum größten Teil mit Brennstoffen erzeugt wird.
Da die Brennsoffe zu billig sind, achtet praktisch niemand darauf, dass Wärmeproduktion und Stromerzeugung gekoppelt werden, was den Gesamtbrennstoffverbrauch glatt sofort halbieren könnte, wenn man die Energienetze zusammenschaltet. Denn Stromerzeugung erzeugt Abwärme, die immer noch zum allergrößten Teil weggeschüttet wird. Auch Hochöfen erzeugen Abwärme, die gut zur Heizung verwendet werden könnte.
Das Energienetz ist unflexibel, weil Srom- und Wärmenetz nicht gekoppelt sind oder gar nicht vorhanden.
Voll flexibel sind Gas-Heizkraftwerke, Gas ist aber geringfügig teurer als Kohle. Gas müsste alleine zur Stromerzeugung in Heizkraftwerkenverwendet werden, nur die fehlende Wärme durch Kohleverbrennung.
Es gibt auch eine Rückwärtskopplung, Strom in Wärme, durch Wärmepumpen, durch die ausschließliche Stromversteuerung unmöglich gemacht.
All diese Pläne der gekoppelten Netze würden den Schadstoffausstoß glatt auf 20% herabdrücken, der Stellenwert der regenerativen Energien steigt entsprechend.
Die Netze kosten in erster Linie geistige Anstrengung und Gesetzesänderungen. Dann würde nicht einmal der Gesamtenergiepreis steigen. Klimaaktivistinnen sind keine Physikerinnen, sie könnten allemfalls deren Konzepte verbreiten. Utopien haben da keinen Platz. Ein Irrweg war die ausschließliche Stromverteuerung. So bleiben die Netze getrennt und alles bleibt beim Alten.