von 14.04.2009

taz Hausblog

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Gestern, Ostermontag, habe ich mir erste Gedanken zu machen versucht, was ich denn auf dem tazkongress einordnend, klug klingend über Schwarz-Grün und Rot-Rot-Grün sagen könnte. Fast wäre ich in eine schlimme Depression verfallen. Die Sonne schien, Kinder spielten draußen, ihre Eltern saßen am Rande der Wiese vor unserem Haus, erzählten, lachten und bereiteten den Grill vor. Und ich saß da angespannt vor einem überladenen Schreibtisch und dachte verkrampft darüber nach, wie irgendwann Andrea Nahles, Bodo Ramelow und Claudia Roth zusammen kommen könnten. Das wäre dann ein rot-rot-grünes Bündnisprojekt. Und man ahnte, was all dies fröhlichen Menschen unten auf der Wiese gesagt hätten, würde ich sie jetzt fragen, ob sie sich auf eine solche „Zukunftsallianz“ freuten. Sie hätten mich gewiss verdutzt angeguckt, später nach einigen Bieren sicher dröhnende Witze über den bekloppten, zauseligen „Professor“ gemacht. Roth-Ramelow-Nahles – ich hörte die verehrten, keineswegs reaktionären Nachbarn geradezu prusten, weil sie gut gelaunt sind. Wäre das Wetter schlecht, dann würden sie wohl zetern, hämen und schimpfen.

Und auch bei Schwarz-Grün ist das sicher nicht anders. Kurzum: Ich habe da auf einen Kongress zu fahren, da ist das ein gaaaanz wichtiges Thema. Aber es ist mit den Händen zu greifen, dass all diese Allianzen, Bündnisse, Koalitionsoptionen, das Geraune über diese oder jene Connections in Berlin kaum sonst jemanden außerhalb der Kreise, die das professionell zu machen oder zu interpretieren haben, interessiert. Vitales politisches Interesse (zumal an taktischen Fragen) hat wahrscheinlich nie Mehrheiten bewegt. Aber so wenige wie derzeit waren es, glaube ich, noch nie, die vom Parteipolitischen etwas erwarten … Schwarz-Grün, Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün – nichts zündet, verängstigt, elektrisiert. Es ist die Gleichgültigkeit, die Sprachlosigkeit, teilweise auch der Zynismus, das Abwinken, das „Für-sich-Bleiben“ im Überschaubaren in der deutschen Gesellschaft des Jahres 2009, was mehr ein Thema sein müsste als all die kryptischen Allianz-Orakel. Das ist jetzt sicher unpolitisch, ich weiß; aber eben das ging mir durch den Kopf am sonnigen Ostermontag im Vorfeld des tazkongresses.

Gastbeitrag von tazkongress-Sprecher Franz Walter, Parteienforscher an der Universität Göttingen.

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