Unser Fenster nach Russland – lautet der Name des neuen Projekts der taz Panter Stiftung. Seit März 2023 präsentieren wir unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber das russische Oppositionsmedium im Exil, Meduza aktuell berichtet.
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine war auch für Meduza eine Zäsur. Denn die russische Regierung hat den eigenen Medien den Krieg erklärt. Sie dürfen nur unter Bezugnahme auf offizielle Quellen des Kremls berichten. Andernfalls droht die Regierung mit Publikationssperren sowie Geld- und Haftstrafen. Die kritischen Stimmen in Russland werden auf der Liste des Justizministeriums als „ausländische Agenten“ geführt.
Doch das russisch– und englischsprachige Portal Meduza, das zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien zählt, erhebt seine Stimme gegen den Krieg in der Ukraine. Weiterhin aus Lettland, wo Meduza 2014 gegründet wurde. Vor allem Crowdfunding sichert die Berichterstattung von Meduza.
Bekannte Namen des russischen Journalismus
Mehrere Millionen Menschen lesen täglich Nachrichten auf dem Portal. Viele von ihnen nutzen dafür VPN, eine nicht nach verfolgbare Netzwerkverbindung. Die mobile App, die Blockaden durch die russischen Behörden umgehen kann, wurde mehr als eine Million Mal heruntergeladen. Über eine Million Abonnent:innen folgen Meduza auf Instagram und Telegram.
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine sind die Korrespondent:innen des Portals in Russland extrem bedroht. Obwohl der Großteil der Journalist:innen ins Exil gegangen ist, berichten die Korrespondent:innen aus Russland und den anderen ehemaligen Sowjetrepubliken weiter.
Zu den Redakteur:innen gehören auch bekannte Namen des russischen Journalismus wie Maxim Trudoljubow, der von 2003 bis 2015 die Meinungsredaktion der unabhängigen russischen Tageszeitung Wedomosti leitete. Für Meduza schreibt er unter anderem die Kolumne „Ideen“. Grigori Judin ist einer der renommiertesten russischen Soziologen und eine der gefragtesten Stimmen in den unabhängigen russischen Medien. Meduza ist eine wichtige Plattform für seine Analysen.
Propaganda der russischen Regierung durchbrechen
Das Internetportal erklärt Menschenrechte als absoluten Wert für die eigene Medienberichterstattung. „Putin hält seine Macht und die Kontrolle der Gesellschaft durch Propaganda und seinen Gewaltapparat aufrecht“, sagt Ivan Kolpakov gegenüber dem Journal von Amnesty International. Umso wichtiger sei es, die Propagandamaschine durch ein Medium wie Meduza ins Leere laufen zu lassen.
„Die mutigen Kolleg:innen von Meduza verdienen unsere Unterstützung, ihre Arbeit ist eine Flaschenpost in die russische Gesellschaft und eine Chance für Veränderung. Deswegen erneuern wir 2023 unseren Spendenaufruf für unabhängigen Journalismus in Osteuropa. Jeder Euro zählt, jede Spende hilft“, sagt Konny Gellenbeck, Vorstand der taz Panter Stiftung.
2022 begannen wir Spenden für unabhängige ukrainischen, belarusischen und russischen Exilmeiden zu sammeln. Das war durchaus erfolgreich – Ende des Jahres erhielten schließlich fünf unabhängige osteuropäische Medien und das Exil Media Hub in Riga jeweils 25.000 Euro von der Panter Stiftung.
Internationale Workshops der taz Panter Stiftung
Im Januar hat die Stiftung eine 16-seitige taz-Beilage mit langen Artikeln aus der Novaya Gazeta Europe initiiert – kurz darauf wurde diese wichtige russische Exilzeitung in Russland vollständig verboten.Tatsächlich war es ein Workshop mit sieben jungen Journalist:innen aus Belarus, mit dem im Jahr 2011 das internationale Engagement der Panter Stiftung seinen Anfang nahm. Es kamen weitere Länder und Kontinente hinzu, aber ein Fokus auf Staaten des postsowjetischen Raums blieb bestehen. Inzwischen haben weit über zweihundert Journalist:innen aus Osteuropa an unseren Workshops partizipiert.
Vierzehn Journalist:innen aus sechs Ländern der ehemaligen Sowjetunion haben sich 2022 auf Einladung der taz Panter Stiftung und des Auswärtigen Amtes in Berlin getroffen. In Zeiten von Russlands Krieg gegen die Ukraine ist das kein Selbstgänger. Doch der Austausch gelingt.
Auch in diesem Jahr werden neue Begegnungen folgen.
Von Tigran Petrosyan, Leiter der Osteuropa-Projekte der taz Panter Stiftung