Siemens ist wieder jeden Tag in irgendwelchen Zeitungen, vor allem geht es darum, dass eventuell der Ex-Siemenschef von Pierer auch „was gewußt“ haben soll. Immer wieder heißt es, „es wird eng um Pierer“, „Wußte er mehr als er zugibt“ usw.. Was für ein bürgerlicher Wichsjournalismus!
Die Siemens- und die Osram-Chefs waren immer – seit 1920 – in den Entscheidungsgremien des Internationalen Elektrokartells, sie waren federführend im Kartell, dass sich angeblich Ende 1989 selbst auflöste. Und das Elektrokartell bestimmte, wieviel Schmiergelder wer wofür zahlte. Das waren aber noch die harmlosesten Entscheidungen der IEA, vormals Phoebus S.A. genannt. Aus ihrer „Kriegskasse“ wurden noch ganz andere Feldzüge – gegen unliebsame Konkurrenten, Patentbesitzer, etc – finanziert.
Aber im bürgerlichen Idiotenjournalismus geht es um Personen, ihre eventuellen Verfehlungen, ihre Unschuldsvermutung bis zur Verurteilung und dergleichen Mumpitz. Das System – in diesem Fall der im Kartell organisierten Elektrogroßkonzerne – interessiert keinen. Dabei bräuchten diese Dumpfmeister aus den Kapitalmedien nur mal ins Berliner Landesarchiv zu fahren, um dort die zentnerweise gestapelten „geheimen“ Unterlagen des Elektrokartells zu studieren. Auf nahezu jedem Blatt dieser endlosen Korrespondenzen zwischen den Geschäftsführern der einzelnen Elektrokonzerne und den Kartellvorständen würden sie auf – in marktwirtschaftlicher Hinsicht – Riesensauereien stoßen.
Aber nicht einmal einer der vielen Unileute interessiert sich dafür. Neulich blätterte ein spanisches TV-Team lustlos ein paar der Elektrokartell-Akten durch, weil es Material über „Sollbruchstellen/Geplanten Verschleiß“ suchte – und natürlich auch sofort darin fand. Ich könnte mir jedoch auch vorstellen, dass hinter diesem spanischen „Team“ etwas ganz anderes steckte – und kein Film daraus wird, sondern eine ganz andere Scharade. Das wäre mehr als ärgerlich, denn ich half ihnen einen ganzen Tag lang dabei. Egal, nun ist es zu spät.
Der Spiegel kommt sich mit seiner Siemens-Titelgeschichte schon wahnsinnig mutig vor (mutig sind jedoch meistens die Dümmsten, Scharfsinnigkeit und Analysefähigkeit ist dagegen gefragt!), wenn er schreibt: Die Siemens-„Regeln ähneln denen „der Mafia“. Es geht hier aber gar nicht um Konzern-„Regeln“, sondern um Kartellvereinbarungen, die die Geschäftspolitik der Kartellmitglieder bestimmten – in jedem Bereich, vom Turbinenbau über die Kabelproduktion bis zur Glühbirne.
Noch verdummender als die Spiegel-Titelgeschichte ist das Time Magazine-Interview mit Siemenschef Löscher: „Where we failed was leadership culture, not company culture.“ Ein wahrer Kulturkritiker und schaffender – dieser Löscher!
Am dümmsten, geradezu verbrecherisch blöde ist das Tagesspiegel-Interview mit dem neuen Siemens-Vorständler Peter Solmssen, ein lobotomisierter Ami und ein bescheuerter Jurist oberdrein, der – wie könnte es anders sein – aus der Idiotenbrutanstalt Harvard kommt:
Über Siemens sagt er:
„Wir sind zu stolz, um zu betrügen“
und auf Berlin angesprochen sagt er das, was noch jeder Amidummbeutel gesagt hat, nämlich das allerschlimmste und allerdämlichste:
„Fantastisch. Ich war im Sommer 1975 für die Recherche meiner Harvard-Abschlussarbeit teilweise am Institut für Publizistik der Freien Universität. Seitdem habe ich verfolgt, wie sich Berlin entwickelt. Es ist eine Stadt mit unglaublicher Energie. Sie erinnert mich an New York. Man spürt diese Energie einfach, diese Kreativität, die wahren, die wichtigen Dinge zu erfinden und zu gestalten.“
Man spürt diese unglaubliche Energie einfach! Das ist es, was diesem unglaublichen Einfaltspinsel zu Berlin einfällt. Das würde ihm auch zu New York, Tokio, Sao Paulo, Bombay, Peking und Moskau einfallen – also zu allen Großstädten, die geradezu bestürmt werden von Verbrechern, Massenmördern, Mafiosi, Drecksäcken und ähnlichem Gesindel. „Die Mauer hat auch sein Gutes gehabt,“ meinte Wolfgang Neuss immer, „denn die schlimmsten Leute haben die Stadt verlassen!“ Jetzt – nach dem Mauerfall – kommen sie jedoch alle wieder, und sie bringen noch weitaus „schlimmere“ mit. Dieser Solmssen ist da in seiner unglaublichen Dummbeutelhaftigkeit leider bloß einer von vielen.
Auf die Frage, ob noch mehr Mitarbeiter bei Siemens rausgeschmissen werden, d.h. Leute im Produktionsbereich, nicht in den Bestechungsabteilungen, antwortet dieser armselige Mensch – Solmssen:
“ Man muss flexibel sein. Wir müssen uns der globalen Konkurrenz stellen, wir müssen intelligent und wertschöpfend arbeiten. Sich auf eine exakte Zahl von Arbeitsplätzen festnageln zu lassen, wäre dumm. Wir müssen strategisch denken, wo wir etwas aufbauen können.“ Ach nee!
Die Süddeutsche Zeitung berichtet fast täglich gleich mehrseitig – und verliert sich immer mehr in dumme Fakten:
„Über dem alten Management lastet ein schwerer Verdacht.“
Die Highclass-New-York-Juristen von Debevoise und Plimpton „gewinnen im Konzern an Einfluss“ – sie jetten um den Globus, „vernehmen hochrangige Manager in zermürbenden Sitzungen, haben Siemens dafür bisher schon mehr als 500 Mio Euro in Rechnung gestellt“ – und kriegen doch nicht mehr in all ihrer harvardverblödeten Intransingenz heraus als noch mehr Bestechungsfälle. Doch darum geht es überhaupt nicht, wenigstens wenn man noch ein bißchen Grips im Kopf hat und Denken kann:
Es geht um die Genealogie des Siemens-Geschäftemachens, und dabei muß man die Geschichte bis zu den Hohenzollern und zu Rathenaus Kriegskapitalismus zurück begreifen, es zumindest versuchen. Was interessiert es, ob noch ein paar mehr Manager am Ende verurteilt werden, einschließlich dieses verlogenen von Pierer. Dadurch verstehen wir die Welt kein bißchen besser. Und sowieso gehören alle Manager der Welt nach Sibirien. Wir leben im 21.Jahrhundert – und kein Mensch ist mehr derart vegetable, dass er gemanaged werden muß! Wir müssen uns selber managen, besser noch: dieses bescheuerte Amiwort verschwände überhaupt aus unserem Schädel, unserem Wortschatz.
Genug aufgeregt über die jämmerlichen Charaktermasken des Kapitals und ihre uns verblödenden Journalistenknechte. Hier ein etwas trockenerer Bericht über das selbe Thema, für den sich natürlich wieder kein Schwein interessierte:
Dunkle Machenschaften im Lichtkartell
Mit „Kartell“ bezeichnete man einst die Kampfregeln im Duell- und Kriegswesen. Bei einem Kartell von Wirtschaftsunternehmen richtet sich der Krieg zum einen gegen außenstehende Konkurrenten und zum anderen gegen die Kunden/Endverbraucher. Deswegen verschärfte man im marktwirtschaftsgläubigen Amerika seit 1890 ständig die Antikartellgesetze, während die Zahl der Kartelle in Deutschland bis 1930 nahezu ungehindert auf 2000 steigen konnte. Die „Deutsche Kartellverordnung“ von 1925 änderte daran nichts: Die Kartelle verlegten ihre Geschäftssitze einfach ins Ausland. Die Kalikonzerne z.B nach Wien und die Elektrokonzerne in die Schweiz. Letztere domizilierten ihre „S. A. Phoebus, Compagnie industrielle pour le développement de l’éclairage“ am 24.12. 1924 in Genf. Die einflußreichsten Kartellmitglieder waren: aus Deutschland (Siemens/Osram), den USA (General Electric – GE), Holland (Philips), Frankreich (Compagnie des Lampes), England (Associated Electrical Industries), Ungarn (Tungsram), daneben noch Firmen aus Skandinavien, Italien und Japan. Nach 1945 verboten die Alliierten jegliche Kartellbildung, die BRD übernahm mit der Gründung seines „Kartellamtes“ wenig später dieses Verbot. 2003 tönte ihr Präsident Ulf Böge: „Die Kartellbekämpfung ist griffiger und effizienter geworden.“ Seine „Kartellwächter“ hatten gerade der Kabel- und der Zementindustrie wegen Preisabsprachen saftige Geldbußen aufgebrummt.
Rudolf Mirow, der brasilianische Kritiker des Elektrokartells, das sich in „International Electrical Association“ (IEA) umbenannt und nach Pully bei Lausanne gezogen war, meinte jedoch nach einem Gespräch im Kartellamt: „Die sind da eher Kartellschützer!“ Er hatte dem Kartellamt jede Menge Dokumente vorgelegt, die bewiesen, dass das IEA die Welt in „producing“ und „non-producing countries“ aufteilte, dass sie „Heimatschutzabkommen“ treffen (so gab es hier z.B. bis in die Neunzigerjahre keine GE-Produkte zu kaufen), dass sie mit Dumpingpreisen, die sie aus ihrer „Kriegskasse“ bezahlen, ganze aufstrebende Branchen (z.B. die brasilianische Elektroindustrie) ruinierten, dass sie unliebsame Konkurrenten mit absurden Patentrechtsprozessen überziehen (Erich Fried hat dies am Beispiel von Wiener Lampenfirmen dargestellt), dass sie unliebsame Firmen aufkaufen, um sie still zu legen usw.. Die „Kartellwächter“ meinten demgegenüber vorsichtig, das Mirow „wohl ein bißchen paranoid“ sei.
Noch seltsamer war dann mein Besuch beim „Transparency International“-Gründer – dem Weltbankmanager Peter Eigen: Ihn interessierten keine Kartelle, und von der IEA hatte er angeblich noch nie etwas gehört! Dabei hatte z.B. Siemens/Osram es erst geschafft, dass der Ost-Konkurrent „Narva“ auf die Treuhand-Abwicklungsliste kam, aber als Teuhandchef Rohwedder das Werk dennoch privatisieren wollte, teilten sie allen potentiellen Interessenten weltweit mit: Sie bräuchten sich nicht zu bemühen, da Osram das Werk sowieso (wieder) übernehmen werde. Siemens/Osram hatte sich jedoch laut den Privatisierungsmanagern von Price-Waterhouse überhaupt nicht darum beworben. Als wenig später GE das DDR-Renommierwerk „Elpro“ von der Treuhand kaufen wollte, trafen sich einen Tag vor Vertragsunterzeichnung einige Siemens-Manager mit GE-Managern in Belgien: Sie einigten sich, GE trat von seiner Kaufabsicht zurück, dafür half Siemens GE, wieder im Iran ins Geschäft zu kommen. Die Elpro AG wurde daraufhin abgewickelt. Ähnliches geschah beim DDR-Kühlschrankhersteller Foron (dkk Scharfenstein): Als dieser Betrieb mit dem weltweit ersten Öko-Kühlschrank auf den Markt kam, versuchte u.a. Siemens ihm das Geschäft zu vermasseln: mit Briefen an alle Händler, in denen vor dem Öko-Kühlschrank gewarnt wurde. Als dann Samsung Foron zu übernehmen beabsichtigte, schrieb Siemens dem koreanischen Konzern, dass es diese Übernahme als einen unfreundlichen Akt ansehen würde. Samsung trat daraufhin vom Kauf zurück. Als das Elektrokartell mir aus Pully schrieb, dass sich die IEA Ende 1989 aufgelöst habe, meinte Mirow: „Wer’s glaubt wird seelig.“
Beide, sowohl das Kartellamt als auch „Transparency International“ sitzen in Berlin – und die Akten des Elektrokartells, d.h. des IEA-Vorläufers „Phoebus“, liegen im Berliner Landesarchiv. Als ich das letzte Mal dort war, stieß ich in einer der „Geheim“-Dokumentenmappen aus dem Jahr 1926 auf eine Übersichtsliste, mit der festgelegt worden war, wieviel Franken Strafe ein Kartellmitglied pro 1000 verkaufte Glühbirnen zahlen mußte, wenn seine Birnen 50, 100, 200, usw. Stunden länger als die festgelegten 1000 Stunden brannten; bis zu 200 Stunden Brenndauer weniger waren dagegen straffrei. Ursprünglich hatten die auf dem Edisonpatent fußenden Glühbirnen eine „Lebensdauer“ von 5000 Stunden gehabt, diese wurden dann sukzessive im Kartell auf bis heute gültige 1000 Stunden heruntergesetzt, wobei die Elektroingenieure ebenfalls bis heute behaupten: Diese Brenndauer sei in jeder Hinsicht optimal. In Wirklichkeit ging es jedoch nur um eine Absatz-Steigerung, der die Ingenieure dann „technisch gerecht“ werden mußten. In China wurden nach der Revolution Glühbirnen mit einer Brenndauer von 5000 Stunden hergestellt (wahrscheinlich bis heute) und im so genannten Ostblock waren von Tungsram/Budapest entwickelte „Langelebensdauerglühlampen“ im Handel, die 2500 Stunden hielten. Als Narva-Ingenieure sie 1981 erstmalig auf der Hannovermesse vorstellten, meinten ihre Osram-Kollegen: „Ihr wollt euch wohl alle arbeitslos machen!“ „Im Gegenteil,“ antworteten die Narva-Ingenieure. Neben der Kartell-Bußgeldliste für Lebensdauer-Überschreitungen schrieb ich mir aus den Phoebus-Dokumenten 1925-29 noch einige kleine Anekdoten raus:
1. „Beschluß: Die Propaganda soll dahin gehen, dass der Eindruck entsteht, es gäbe eine Konkurrenz zwischen den Lampen-Fabriken“.
2. „Propaganda zur richtigen Anwendung von mehr Licht: Die Wahl der Mittel bleibt jedem Mitglied vorbehalten, da es wünschenswert erscheint, dass keine Einheitlichkeit nach aussen besteht.“
3. „Es wird dem General Board vorgeschlagen, China eine spezielle zeitweilige Ausnahme für den Verkauf von Lampen mit Kerzenbezeichnung zu gestatten.“
4. „Tokio Electric Company darf Lampen nach China exportieren, aber nur solche, die 1000 Stunden halten.“
5. „Beschluß: Lampen für den Allgebrauch mit mehr als einer Wendel werden als unerwünscht eingestuft.“ (Weil sie damit länger halten.)
All diese Lebensdauer-Reduzierungen des Elektrokartells zur Absatzsteigerung sind jedoch bald Schnee von gestern, dachte ich, weil die wichtigsten Kartellmitglieder vor allem an der Weiterentwicklung von Leuchtdioden (LEDs) arbeiten, die bald – zu Clustern gebündelt – die Glühbirne ersetzen werden. Und diese LEDs halten mindestens 15 Jahre (wenn die IEA-Firmen keine lebensdauerverkürzenden Tricks dabei anwenden). Dann wurde jedoch plötzlich die Energiesparlampe überall ins Gespräch gebracht (die taz bietet sie neuerdings sogar als Abogeschenk an). Und nun soll diese hochgiftige Lampe (eine umgebogene Leuchtstoffröhre), die zudem sauteuer ist und ein Scheißlicht verbreitet, auch noch gänzlich die billige und dem Sonnenlicht am nächsten kommende Glühbirne ersetzen, die man nämlich ab 2009 in der EU sukzessive verbieten will, zusammen mit verschiedenen Halogenleuchten. Das Verbot soll erst einmal nur für Privathaushalte gelten! Aber gerade dort macht der Anteil der Stromkosten, die man für Licht ausgibt, nur noch rund 7% aus. Wo kann man da noch was sparen? Das EU-Verbot haben wir denn auch nicht irgendwelchen Klimaschützern zu verdanken, sondern dem Ende 1989 angeblich aufgelösten Elektrokartell: Die Produktion von Glühbirnen rentiert sich nicht mehr! Schon ab 2001 mußten sich z.B. die im Spandauer Osram-Glühlampenwerk Arbeitenden ständig von den Geschäftsführern anhören, dass man dort eigentlich nur noch produziere, damit sie ihren Arbeitsplatz behalten: Verdienen würde man mit ihren Birnen nur noch „Pfennigbeträge“.
2006 wurde die Glühbirnenfertigung dann auch nach Molsheim ins Elsaß verlegt, was wahrscheinlich mit einer dicken Wirtschaftsförderung der Region verbunden war. Der Berliner Tagesspiegel freute sich 2007: „Glühbirnen verbieten? Kein Problem, kein einziger der knapp 2000 Berliner Arbeitsplätze wäre gefährdet,“ in Spandau stellt man jetzt nämlich u.a. die „vielfach bewunderte Kinoprojektionslampe XBO“ her. „Der weltweit aktive Branchenriese findet ein Glühlampenverbot sogar sinnvoll: ‚Wir machen heute schon mehr Geld mit Energiesparlampen‘, meint Reglindis Pfeiffer aus der Münchner Konzernzentrale.“
Wegen des Quecksilbergehalts der Energiesparlampen haben Osram und Philips schon mal Recycling-Organisationen gegründet: Sie heißen „Olav“ und „Lars“. Diese sollen die kaputten Birnen dann entsorgen – auf der Grundlage einer „Rücknahme-Verordnung“ aus dem Jahr 2006. Zahlen wird das der Endverbraucher: Denn die in den letzten Jahren gesunkenen Preise für Energiesparlampen (ESL), die das Elektrokartell zum großen Teil in China fertigen läßt (80% aller ESL kommen bereits aus Asien), werden nach dem Glühbirnenverbot wieder um rund 30% steigen. Außerdem wird das Energiesparlampen-Rücknahmesystem so wenig funktionieren wie das für Gerätebatterien, Getränkedosen und Verpackungsmaterial (das „Duale System“) – mit dem Unterschied, das bei jeder „wild entsorgten“ oder schon im Haushalt zerbrechenden Energiesparlampe hochgiftiges Quecksilbergas frei wird.
„Wir haben uns da auch ein bißchen von den Herstellern irreführen lassen,“ gab der für Lampen zuständige Mitarbeiter der „Stiftung Warentest“ zu, als ich mit ihm über die allzu positive Beurteilung einiger Energiesparlampen durch seine Stiftung diskutierte. Und am 18.März 2008 meinte eine Mitarbeiterin der Bundesanstalt für Materialprüfung (BAM) auf einer Konferenz in Berlin über das anstehende Glühbirnenverbot zum Osram-Ingenieur Alfred Wacker, dass sein Konzern die neuen „Halogen-Energesparlampen“ wegen Irreführung der Verbraucher nicht „Energiesparlampe“ nennen dürfe. Wacker verteidigte sich mit dem Argument „Wir haben doch den Begriff Energiesparlampe vor 25 Jahren überhaupt erst erfunden.“
Mit dem Glühbirnen-Verbot werden nicht nur die Privathaushalte belastet (für die allein das Verbot vorerst gelten soll), es gibt dabei auch noch ein Privatisierungsproblem: Bisher mußten allein in Berlin 140 orangene Siemens-Mitarbeiter tagaus tagein die maximal 1200 Stunden brennenden Osram-„Signallampen“ in den etwa 2000 Ampeln austauschen, was der Stadt jährlich 14 Millionen Euro kostete. Anfang der Achtzigerjahre hatte der Weddinger Erfinder Dieter Binninger u.a. dafür eine Glühbirne erfunden, die 140.000 Stunden brannte (und 5 DM kostete), er ließ sie in Kreuzberg in einer kleinen Fabrik produzieren. Die Bewag fing 1981 an, sie in einigen ihrer Straßenlampen zu testen: Sie brannten Jahrzehnte – und sahen danach immer noch wie neu aus. Als Binninger sie ab 1991 bei Narva produzieren lassen wollte – und dazu gemeinsam mit der Commerzbank eine Kaufofferte für einen Teil des Narva-Werkes an der Warschauer Brücke abgab, stürzte er einige Tage vor Vertragsunterzeichnung mit dem Flugzeug ab.
Daraufhin versuchte es 2003 der ehemalige Vorsitzende des deutschen Erfinderverbandes, Wolfgang Bogen, noch einmal: Er besaß inzwischen das Patent für Binningers „Langlebensdauerglühlampe“: Es basiert – nach Art eines Dimmers – auf einer veränderten Wendelgeometrie, einer Gasfüllung des Kolbens statt Vakuum sowie einer Diode im Sockel. Auf diese Weise erhitzt sich die Wendel weniger, das Wolfram verdampft so gut wie gar nicht (und schlägt sich dementsprechend auch nicht an der Kolbeninnenseite nieder) – und damit bleibt die Wendel bei normalem Betrieb rund 42 Jahre intakt. Wolfgang Bogen wollte mit der „Binninger-Birne“ die Berliner Ampeln ausrüsten – und wandte sich mit seiner Idee an die Öffentlichkeit. Über die Springerpresse beschied ihm daraufhin der Siemens-Direktor Peter Schwerg, das ginge nicht: „Wenn die Berliner Ampeltechnik weiter federführend sein soll, muß die Reinrassigkeit erhalten bleiben.“
Der Berliner Senat stimmte diesem idiotischen Ampel-Rassentheoretiker aus dem Hause Siemens sofort zu. Und nicht nur das: Er gründete dann, 2005, auch noch eine „Ampel-Koalition“, die er völlig verlogen „Public-Private-Partnership“ nannte, d.h. er privatisierte einfach alle 2000 Ampeln! Sie werden jetzt von der „Stadtlicht GmbH“ betreut, d.h. gewartet, erneuert und sukzessive auf Leuchtdioden umgerüstet (bisher stecken in den Westampeln noch Glühbirnen und in den Ostampeln Halogenlampen). Die Firma ist eine Siemens-Gründung. Der Berliner Senat hat mit dem Konzern einen Zehnjahresvertrag geschlossen – und zahlt dessen „Stadtlicht GmbH“ dafür insgesamt über 100 Millionen Euro, genauer gesagt: 810.000 Euro monatlich. „Das bedeutet, dass die Abgeordneten künftig keinen Einfluß mehr auf den Ampelbau haben werden,“ schreibt die Berliner Morgenpost, die das für einen großen „Vorteil“ hält.
Hinzu kommt nun aber noch, dass die Siemensfirma demnächst auch noch die gesamte „ÖPNV-Beschleunigung“ übernehmen soll. Bei diesem schnellen Bindestrichwort aus München (sic) handelt es sich um eine „ganze Reihe von Maßnahmen“, die den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (also die BVG) „attraktiver“ machen sollen: Neue Wartehäuschen, behindertenfreundlichere Haltestellen, Busspuren, Lichtzeichenanlagen, separate Tram-Gleisspuren, die Anschaffung von moderneren Fahrzeugen, kürzere Fahrzeiten usw. All dies läuft darauf hinaus, dass „Stadtlicht/Siemens“ bald das gesamte öffentliche Nahverkehrsnetz gehört, die BVG verwaltet dann nur noch das leidige Restpersonal.
„Die Instrumente des Staates zur Wirtschaftssteuerung sind in der sozialen Marktwirtschaft zum Glück gering“, meinte der Exbundesbankpräsident Helmut Schlesinger bei der Vorstellung eines Buches über das segensreiche Wirken der Treuhandanstalt in den Räumen der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die bürgerlichen Politiker tun nun – angespornt von allen möglichen Amiexperten – alles, was in ihrer Kraft steht, um überhaupt keine „Instrumente zur Wirtschaftssteuerung“ mehr in der Hand zu haben. Berlin wird von den Kapitalmedien ständig als Zentrum der Macht bezeichnet: Nichts ist falscher! Die hier herumwuselnden Politiker können sich nur noch selbst wichtigtun. In dem z.B. der Ministerpräsident des Bundeslandes, in dem Nokia seine Fabrik zur Handyfertigung schließt, vor laufenden Kameras sein Nokia-Handy auf den Boden schmeißt und darauf herumtritt.
Nachsatz:
Nachdem sich „Phoebus“ zur International Electrical Association (IEA) in Pully gewandelt hatte, ging es nicht mehr nur um Glühlampen, ihre Lebensdauer und die Strafberechnungen dafür bei Überschreitung, es wurden Sektionen gegründet, die von Kraftwerken und Turbinen über die Drahtherstellung und das Stromnetz bis zur Fassung und der Glühbirne alles kartellmäßig erfassten.
Unabhängig davon, ob es stimmt, dass die IEA sich laut Auskunft ihres Sekretärs im Herbst 1989 selbst liquidierte, läßt sich die jetzt von der Justiz verfolgte Korruption bei Siemens ohne die Kenntnis der Geschichte des Elektrokartells nicht „aufklären“.
Ebensowenig wahrscheinlich auch das jüngst von den Elektrokonzernen mit Hilfe von „Greenpeace“ durchgesetzte Glühbirnenverbot – und ihre Ersetzung durch „Energiesparlampen“ – ein Wort das laut Osramoberingenieur Dr. Wacker eine „Erfindung von Osram“ ist, wie ebenso auch die neuerdings dazugehörenden „Entsorgungsfirmen“.