Photo: blog.zakel.at
Warum widmest du dich nicht Russland? fragte Wladimir Kaminer mich vorwurfsvoll, da würde doch jetzt so viel passieren. Am 24.12. wollen z.B. alle Oppositionsgruppen, alle: linke wie rechte, gemeinsam vor dem Kreml gegen die Regierung protestieren.
„Jede neue Technologie erfordert einen neuen Krieg“ – so lautet das Motto von Marshal McLuhans Buch aus dem Jahr 1968 „Krieg und Frieden im globalen Dorf“, das jetzt von Karlheinz Barck und Martin Treml im Kadmos-Verlag neu herausgegeben wurde.
1968 war es das Fernsehen, deswegen hat man den Vietnam-Krieg auch als den ersten „Fernsehkrieg“ bezeichnet, er wurde nicht zuletzt in den Wohnzimmern entschieden.
Nun – mit dem Internet und den da dranhängenden „sozialen Netzwerken“ – wird wieder ein neuer Krieg ausgefochten: Kapitalismus und Demokratie haben sich getrennt. Jetzt geht die Mobilisierung, der Kampf auch gegen die Repräsentation!
Proteste in Moskau. Photo: epochtimes.de
Alain Badiou in einer Rezension von Reinhard Heil:
In einer Demokratie gibt es nur Opponenten, Positionen, die über den gemeinsamen demokratischen Rahmen vermittelt sind. Für Badiou bedeutet das:
»Das ist keine Wahl in ihrer ganzen Weite: die Nähe ist an die Stelle der Distanz getreten. Die Wahl führt
nicht zum Abstand, sondern zur Norm, sie verwirklicht die Norm.« Genau das ist ja schließlich auch
die Aufgabe der parlamentarischen Demokratie.
Der Irakkrieg dagegen sei eine politische Situation gewesen, da er alle drei von Badiou aufgeführten Bedingungen erfülle: Die USA und der Irak haben keinen gemeinsamen Maßstab; aus diesem Grund seien die vermeintlichen Massenvernichtungswaffen so wichtig gewesen. Diese wären ein gemeinsamer Maßstab gewesen, der eine Intervention zumindest teilweise hätte legitimieren können. Zweitens waren wir gezwungen zu wählen; es gab nur die Alternative für oder gegen den Krieg, und drittens: »die Distanz zur Macht. Die Großdemonstrationen gegen den Krieg schaffen einen wichtigen subjektiven Abstand zur USamerikanischen Hegemonialmacht«. Falls es diese Inkommensurabilität gibt, dann gibt es auch eine Wahl, eine Distanz und eine Ausnahme. Sind diese Bedingungen erfüllt, ist der Schritt von der bloßen
Meinungsumfrage zur philosophischen Situation vollzogen.
Slavoj Zizek in einem „Zeit“-Porträt:
»Ach, Gewalt. Echte Gewalt – das Killen von Menschen – wird heutzutage legitimiert als Verteidigung sozialer Stabilität. Die Gewalt, die ich meine, ist eine andere. Nehmen Sie Ägypten: Was kann gewaltsamer sein als eine Million Menschen, die auf die Straße gehen und das ganze soziale Leben zum Erliegen bringen? Für diese Gewalt bin ich.« Gibt es einen Begriff der Wahrheit, den er für sich akzeptiert? Ein erstaunter Žižek: »Natürlich, ich bin alles andere als ein Postmodernist.« Er glaube an die objektive und an die subjektive Wahrheit. Lächelnder Philosoph: »Um es noch schlimmer zu machen: Ich glaube an die universelle Wahrheit. Beispiel: Man soll nicht sagen: ›Der Kapitalist hat seine Wahrheit, der Kommunist hat seine Wahrheit, lass uns den Kompromiss suchen.‹ Nein! Die Wahrheit liegt niemals in der Mitte, sondern immer klar auf einer Seite.«
Aus Moskau berichtet heute Alissa Starodu in der taz:
Eine Studentin, ein einst Apolitischer und ein Umweltaktivist erzählten ihr, warum sie gegen das russische Regime protestieren…
Aleksej Katin sitzt angespannt vor seinem Laptop. Er ruft die Seite dirty.ru auf, Russlands beliebtesten Gemeinschaftsblog. Mehr als drei neue Beiträge zum Fälschungsvorwurf der Parlamentswahlen kann er nicht lesen. Die Wut kocht in ihm hoch, er springt auf, vergisst sogar sein Handy und fährt auf den Bolotnaja-Platz im Herzen Moskaus. Es ist der 10. Dezember, sechs Tage nach den Parlamentswahlen, nach Schätzungen der Veranstalter versammelten sich auf dem Platz mit Aleksej über 100.000 Menschen, um gegen das Wahlergebnis zu demonstrieren.
Bis zu diesem Tag war Aleksej weder politisch aktiv noch interessiert. Er ist 30 Jahre alt, Abteilungsleiter bei einem Rüstungs- und Straßenbauunternehmen. Doch seit dem Skandal um die Wahlfälschung hat er aufgehört, den etablierten Massenmedien zu vertrauen. So wie Aleksej geht es vielen Russen: Auf das Internet, das bis vor Kurzem noch als Spielzeug der Stadtjugend galt, und die dort veröffentlichten Informationen verlassen sich inzwischen auch immer mehr Offliner.
„Als Putin 1999 an die Macht kam, war das wie eine frische Brise für uns“, sagt Aleksej. „Er brachte die Wirtschaft auf Trab und rechnete ab mit der gewohnten Ineffizienz in unserem Land. Als Chodorkovsky 2003 verhaftet und verurteilt wurde, begann sich plötzlich alles zu ändern.“ Aleksej sieht das alles als Pakt: Das System Putin tauscht demokratische Freiheiten gegen materielles Wohlergehen. „Dieser Pakt hätte noch weiter halten können, hätte die Partei Putins sich nicht diesen Wahlbetrug geleistet“, sagt Alexej. Und für die Betrugsvorwürfe hat er auch Belege aus seinem persönlichen Umfeld: „Einer meiner Mitarbeiter hat mit eigenen Augen gesehen, wie bereits ausgefüllte Stimmzettel in die Wahlurne geschoben wurden.“
Auf der ersten Demonstration seines Lebens hielt Aleksej sich fern von jenen, die er verächtlich „Berufsoppositionelle“ nennt. Er demonstriere nicht gegen Putin, sondern gegen die Gesetzlosigkeit. „Im russischen Internet herrscht Meinungsfreiheit“, sagt er. Trotzdem möchte er seinen echten Namen in Verbindung mit den Demonstrationen nicht in der Zeitung lesen. „In einer Fernsehübertragung hat Putin kürzlich alle Demonstranten ziemlich heftig beschimpft“, sagt er. „Man weiß nicht, was man nun zu erwarten hat.“
Tatsächlich wird das Internet in Russland weder überwacht noch zensiert – anders als die klassischen Massenmedien. Schnell formierte sich über Facebook und vKontakte, dem erfolgreichsten Sozialen Netzwerk Russlands, eine digitale Bewegung gegen das Wahlergebnis. Doch diese gerät nun unter Druck: Gemeinschaftliche Blogs, der Nachrichtendienst Twitter und die populäre russische Internetplattform Livejournal sehen sich immer häufiger mit sogenanntem „Trolling“ konfrontiert. Kremltreue Onlinenutzer beschimpfen jene wüst, die sich kritisch über das Vorgehen der Partei „Einiges Russland“ äußern, überziehen oppositionelle Internetplattformen und Blogs mit Spam.
Auf einigen Webseiten, die sich kritischen Äußerungen zur Parlamentswahl verweigerten, wollen Aktivisten Arbeitsangebote gefunden haben, die Willige dafür bezahlen wollen, in sozialen Netzwerken und Internetplattformen Stimmung gegen die Protestbewegung zu machen.
Doch die Protestbewegung schlägt im Krieg um die öffentliche Meinung zurück: Die Provokateure, von der Bewegung „Kremlbots“ genannt, werden aus Internetgemeinschaften ausgeschlossen, mehrere Amateurvideos, die Fälle von Wahlfälschung dokumentieren, wurden auf Youtube über 2 Millionen Mal aufgerufen, auf Facebook und vKontakte wurden Protestseiten mit Titeln wie „Wir waren auf dem Bolotnaja-Platz und kommen wieder“ gepostet. Allein bei Facebook, dem in Russland weniger populären Netzwerk, haben sich bereits über 29.000 Teilnehmer für die nächste Demonstration am 24. Dezember angekündigt. Über Twitter werden Protestaufrufe und während der Demonstrationen Informationen über Polizeigewalt verbreitet. All das erinnert an die Proteste in Syrien, Ägypten und Tunesien, wo sich Demonstranten ganz ähnlich über Twitter und soziale Netzwerke mobilisierten. Aber anders als im Arabischen Frühling müssen sich in Russland alle, die sich im Netz gegen die Regierung aussprechen, nicht vor Festnahmen fürchten.
„Ich habe im Internet keine Angst, meine Meinung zu sagen, weil es inzwischen unglaublich viele Menschen tun. Um das zu sanktionieren, müsste man wahrscheinlich die Hälfte der Bewohner Moskaus verhaften“, sagt Julja Archipova. Nachdem sie bei Twitter zur Beteiligung an einer Demonstration aufgerufen hatte, wurde auf ihrem Profil gepostet, dass sie dafür von den Amerikanern bezahlt worden sei. „Das ist natürlich Quatsch“, sagt die 18-Jährige.
Die Wirtschaftsstudentin war schon bei der ersten Großdemonstration am 5. Dezember auf dem Platz vor dem Moskauer Stadtpark Tschistyje Prudy dabei. Hunderte Menschen wurden vor ihren Augen festgenommen. Sie entkam – und hatte so nur die Auseinandersetzung mit ihrer Mutter zu fürchten.
„Inzwischen hat meine Mutter verstanden, dass ich das nicht tue, um mich zu amüsieren, sondern für meine Zukunft, für sie, für mich und für alle“, sagt Julja. Wie ihrer Mutter geht es in Russland vielen: In den fünf Tagen zwischen den zwei größten Moskauer Demonstrationen ist die öffentliche Unterstützung für das Anliegen der Protestler immens gewachsen. Vor der jüngsten Großdemo am 10. Dezember schickte Juljas Mutter ihr eine SMS: „Kind, eure Bewegung hat ein neues Symbol! Steck dir schnell ein weißes Band an.“
An diesem Tag auf der Straße hatte Julja weniger Angst, sagt sie. Was sie im Netz gelesen hatte, deutete darauf hin, dass gewaltsame Übergriffe der Polizei unwahrscheinlich wären – zu groß die Menge der Protestierenden. Sie hatte sich nicht getäuscht.
Als Kind des Wirtschaftsaufschwungs der Neunziger möchte Julja mehr als materiellen Wohlstand. „Ich werde nicht aufhören zu protestieren, bis ich das Recht auf faire Wahlen bekomme. Die jungen Menschen in meinem Alter wollen entweder Russland verlassen oder für die Demokratie kämpfen. Ich habe Letzteres gewählt.“
Genau wie Andrej Jvirblis. Der 26-jährige Umweltaktivist hatte über Facebook von den nichtgenehmigten Demonstrationen am 5. und 6. Dezember gehört. Er war gespannt, wen er dort antreffen würde, sagt Andrej, denn er ahnte, dass diesmal nicht die „üblichen Verdächtigen“ kommen würden. „Ich war positiv überrascht. Die Menschen, die gekommen waren, würden sonst nie auf die Straße gehen. Es sind die Jungen, die Gebildeten, die Erwerbstätigen.“ Als die Menge so weit angeschwollen war, dass Andrej aufgab die Demonstranten zu zählen, begannen die plötzlich unterschiedliche Parolen zu skandieren. Manche riefen: „Revolution!“, andere riefen ebenso laut: „Konstitution!“.
„Ich selbst habe ,Konstitution!‘ gerufen. Aber vielleicht ist eine echte konstitutionelle Demokratie nur durch Revolution zu erreichen“, sagt Andrej. Die Leute, die dort gemeinsam protestieren würden, hätten keine gemeinsame Forderung, fügt er hinzu. „Dennoch habe ich den Eindruck, dass sich die Zivilgesellschaft zum ersten Mal, seit ich denken kann, selbst organisiert.“
In Sozialen Netzwerken wird für die nächste Großdemo am 24. Dezember die Versorgung der Protestierenden mit Lebensmitteln geplant. Selbsternannte Organisationskomitees drucken Flyer und verteilen weiße Bänder. Andrej vermutet, dass der Aufruhr zwischen den Jahren etwas abflauen wird. „Trotzdem sage ich der Bewegung eine Lebensdauer bis März voraus. Bis dahin hat sie sicher schon etwas erreicht.“
Während Karin Leukefeld Assad die Treue hält und in der Jungen Welt unverdrossen die Verbrechen der Protestierer gegen das Assad-Regime anprangert, trennen sich mehr und mehr Palästinenser, denen Assad bisher ein treuer Verbündeter war, von seiner ebenso brunzdummen wie brutalen Politik gegen die „Demokratiebewegung“ in seinem Land. AFP meldet heute aus Syrien:
Mit Entsetzen haben mehrere Staaten auf Berichte über Massaker an Zivilisten in Syrienreagiert. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning, verurteilte die „exzessive Gewaltanwendung durch das syrische Regime“ am Mittwoch „aufs Schärfste“. Die französische Regierung warf den syrischen Sicherheitskräften ein „beispielloses Blutbad“ vor, und auch die Türkei protestierte.
Damaskus müsse die Gewalt gegen Deserteure und Demonstranten „umgehend einstellen“, forderte Löning. „Berichte über Massenexekutionen von syrischen Deserteuren“ durch die reguläre Armee seien „erschütternd“. Der Sprecher des französischen Außenministeriums, Bernard Valero, sagte, fast 120 Menschen seien am Dienstag getötet worden. Es müsse alles getan werden, um die „Todesspirale“ zu stoppen, in die Staatschef Baschar el Assad die Bevölkerung gestürzt habe.
Frankreich rief zugleich Russland auf, die Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat zu Syrienzu „beschleunigen“. Der Sicherheitsrat müsse dringend eine Resolution verabschieden, in der „das Ende der Repression“ gefordert werde. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nannte die anhaltenden Tötungen in Syrien“unannehmbar“.
Der als Dachverband der syrischen Oppositionsgruppen geltende Syrische Nationalrat forderte angesichts der „furchtbaren Massaker“ an „unbewaffneten Zivilisten“ Dringlichkeitssitzungen des UN-Sicherheitsrats sowie der Arabischen Liga. Außerdem müsse die UNO „Sicherheitszonen“ zum Schutz der Bevölkerung einrichten. Die Opposition sprach in ihrer Erklärung von „Völkermord im großen Umfang“, der in der nördlichen Provinz Idleb, in der zentralen Region Homs und in den Sawija-Bergen begangen werde.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte töteten Sicherheitskräfte am Dienstag in Idleb mindestens 111 Zivilisten. Sie seien getötet worden, als sie versucht hätten, aus dem Dorf Kafruwed zu fliehen, erklärte die in London ansässige Beobachtungsstelle. In Homs wurden demnach zwölf Zivilisten getötet.
Allein am Dienstag wurden damit mindestens 123 Zivilisten getötet. Ebenfalls am Dienstag kamen nach Angaben der Beobachtungsstelle in der Provinz Idleb rund 100 Soldaten ums Leben oder wurden verletzt. Auf sie sei geschossen worden, weil sie sich der Protestbewegung anschließen wollten, hieß es. Idleb liegt an der Grenze zur Türkei.
Die syrische Regierung warf der Opposition vor, die Beobachtermission der Arabischen Liga sabotieren zu wollen, deren Voraustrupp am Donnerstag in Damaskus erwartet wird. Statt dem „Aufruf zum Dialog“ zu folgen versuche die Opposition, eine „ausländische Intervention“ herbeizuführen, sagte Außenamtssprecher Dschihad Makdissi.
Der Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für den Nahen Osten, Günter Gloser, verurteilte die „perfide Gewaltanwendung in Syrienkurz vor der Ankunft internationaler Beobachter“. Diese müssten nun „ungefährdete Bewegungsfreiheit und die Chance zu einer unabhängigen Berichterstattung“ bekommen. Außerdem sollte auch Moskau und Peking klar sein, dass die Zeit für eine Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrats „überfällig“ sei.
In Homs verschleppten unbekannte Täter unterdessen nach Angaben der iranischen Botschaft in Damaskus fünf iranische Ingenieure. Die Botschaft forderte die syrische Führung auf, Maßnahmen zu ihrer Befreiung zu ergreifen.
Karin Leukefeld berichtet heute in der Jungen Welt:
Die französische Regierung hat den syrischen Sicherheitskräften ein „beispielloses Blutbad“ an Zivilisten vorgeworfen. Fast 120 Menschen seien am Dienstag getötet worden, sagte der Sprecher des Außenministeriums, Bernard Valero, am Mittwoch in Paris. Es müsse alles getan werden, um die „Todesspirale“ zu stoppen, in die Staatschef Baschar el Assad die Bevölkerung gestürzt habe. Frankreich rief zugleich Russland auf, die Verhandlungen im UN-Sicherheitsrat zu Syrienzu „beschleunigen“. Der Sicherheitsrat müsse dringend eine Resolution verabschieden, in der „das Ende der Repression“ gefordert werde.
Menschenrechtsaktivisten hatten der syrischen Führung vorgeworfen, im Norden des Landes ein Massaker an der Bevölkerung verübt zu haben. In der Provinz Idleb sollen demnach am Dienstag mindestens 111 Zivilisten von Sicherheitskräften getötet worden sein, als sie versucht hätten, aus dem Dorf Kafruwed zu fliehen. Seit Beginn der Revolte gegen Assad März kamen laut UNO mehr als 5000 Menschen in Syrienums Leben.
Die Wahllokale bleiben bis zu diesem Donnerstagabend geöffnet. Die erste Parlamentswahl in Ägyptenseit dem Sturz von Präsident Husni Mubarak im Februar findet in mehreren Phasen in jeweils einem Teil des Landes statt. Zur Stichwahl aufgerufen sind diesmal 18,7 Millionen Ägypter in neun Provinzen. Sie können ihre Stimme den Kandidaten von Parteilisten sowie Direktkandidaten geben. Die Stichwahl ist notwendig, weil im ersten Wahlgang nahezu kein Kandidat mehr als die Hälfte der Stimmen erhalten hatte.
Fast 700 pakistanische Frauen und Mädchen sind in den ersten neun Monaten dieses Jahres Opfer sogenannter Ehrenmorde geworden. Insgesamt 675 Frauen und Mädchen seien von Januar bis September „im Namen der Ehre“ in Pakistangetötet worden, sagte ein ranghoher Beamter der pakistanischen Menschenrechtskommission am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Bis Februar soll ein Bericht für das gesamte Jahr 2011 vorgelegt werden. Im Jahr zuvor waren 791 Frauen „Ehrenmorden“ zum Opfer gefallen.
Mehr als der Hälfte der Opfer wurde vorgeworfen, eine „verbotene Beziehung“ geführt zu haben. 129 wurden getötet, weil sie ohne Erlaubnis heirateten. Einige Frauen seien vor ihrem Tod zudem Opfer von Vergewaltigungen oder Massenvergewaltigungen geworden. In einigen Fällen wurden die Frauen von ihren Söhnen oder Vätern getötet, vielfach auch von den Ehemännern. Mehr als 70 Opfer waren noch minderjährig.
Die Zahlen zeigen das Ausmaß der Gewalt, das viele Frauen im konservativ-muslimischen Pakistanerleiden. Ein Gesetz gegen häusliche Gewalt gibt es nicht. Aktivisten fordern von der Regierung eine gezieltere Strafverfolgung von Mördern in Fällen, die von der Polizei häufig als private Familienangelegenheiten abgetan werden. Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge ist die Unfähigkeit des Staates, ein entsprechendes Gesetz durchzusetzen, eines der Hauptprobleme. Stattdessen würden die Fälle Stammesältesten überlassen.
Karin Leukefeld schreibt in der JW über die Situation in Syrien:
Die Irak-Meldungen der Nachrichtenagenturen finden sich unter dem Stichwort „USA“. Marshall McLuhan schrieb 1968:
Die alten Männer vom ‚Iron Mountain‘ sind dem ehernen Gesetz von Arbeit und Lohn und all den anderen in Eisen gekleideten Gesetzen herkömmlicher Volkswirtschaftslehren treu, die im Zeitalter der Metallwaren entwickelt wurden.“
Aber langsam geht nun das Zeitalter des „Stahlinismus“ zu Ende.
Proteste in Syrien mit der 68er-Hymne. Photo: muslimvillage.com
Syrien nach der Schlacht. Photo: fewo.haarhausen.de
taz-intern kursierte heute folgende Meldung im Internet:
Liebes tazcafé,
heute gab es bei euch Sauerkraut mit Ananas. Das klingt wie ein Amoklauf für die Sinne. Wie ein Verrat schwäbischer Werte. Dann biss ich hinein und war begeistert. Ich entdeckte eine andere Welt. Eine Welt, in der Gegensätze zusammenpassen. Sich ergänzen, zu einer neuen Einheit verschmelzen, eine Synthese aus Antithese und Antithese. Es gibt Hoffnung für uns alle. Das habe ich erkannt. Vielleicht wird es bald keine Armut mehr auf Erden geben. Zumindest weniger. Das wäre schön im neuen Jahr.
Hochachtungsvoll
Zur eigentlich fortlaufenden Bebilderung dieses blogs, und vor allem der darin gepflegten Pollerforschung, bekam ich zwei Photos in die Hände, das erste ist von Johannes Beck, der andere Absender möge sich bitte noch mal melden:
Aus Marokko meldet AFP:
In Marokko haben am Sonntag tausende Menschen für tiefgreifende demokratische Reformen demonstriert. Zum ersten Mal fanden die Proteste ohne die Teilnahme von Vertretern der gemäßigt islamistischen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) statt. In der Wirtschaftsmetropole Casablanca versammelten sich nach Schätzungen eines AFP-Reporters zwischen 4000 und 5000 Menschen, in der Hauptstadt Rabat waren es etwa 300 bis 500 Menschen. Zu den Demonstrationen hatte die Jugend der Protestbewegung des 20. Februar aufgerufen.