Ich möchte über Dinge schreiben, von denen ich nichts verstehe, als blindes Huhn beim Scharren nach dem Korn. Ich verstehe weder vom Steuerrecht etwas noch vom Wirtschaftsrecht. Aber das Wort Gemeinnützigkeit hat es mir angetan und ich schreibe darüber. In der Wirtschaft steht es wahrscheinlich für ein fast illusionäres Extra an einem ansonsten auf Gewinn oder Verderb gebürsteten Betrieb, gegenfinanziert durch steuerliche Erleichterungen – gAG, gGmbH, gGbR, gWwi, wobei das Letztere „Was weiß ich!“ bedeutet: Der erzielte Gewinn darf geschrieben, nicht aber ausgeschüttet werden, vielmehr muss er im Sinn der, in einer Satzung fixierten, gemeinnützigen Ziele reinvestiert werden. Firmen mit einem kleinen g im Namen arbeiten im Allgemeinen in der Wohlfahrtspflege oder für die Daseinsvorsorge, übernehmen, betriebswirtschaftlich und eigenverantwortlich organisiert, öffentliche Aufgaben. Ein Wasserwerk wird vielleicht so betrieben, ein Theater, eine Pflegestation, ein Kinderheim. So viel habe ich verstanden.
Verstanden habe ich außerdem, dass sich beim Betrachten der Zustände der Welt und der sie Bewohnenden die Eigentumsfrage quasi automatisch stellt; ein Recht auf privaten Profit etwa für Angehörige der Familie Quandt kann nicht existieren, die BMWs müssen schließlich in jedem Fall von der Straße, um der Verkehrswende Platz zu machen. Ähnliches gilt für die meisten Firmen, wohin ich auch blicke; Gewinn aus Krankenhäusern oder Pharmaprodukten zu ziehen, kostet Menschenleben, Renditeziele bei Vermietungen verschlimmern die Wohnungsnot, die Agrarindustrie verseucht für ihren Profit das Grundwasser und laugt die Böden aus, die Fleischindustrie vergrößert den Welthunger. Und so fort.
Gleichzeitig weiß ich als politisch interessierter Mensch, dass keine der in den Parlamenten vertretenen Parteien je wagen würde, mit der Eigentumsfrage mehr als nur ganz punktuell und ganz vorsichtig zu kokettieren, sowie, dass jede Partei, die hier anders aufträte, mit einer Vehemenz bekämpft und niedergemacht würde, als ginge die Welt durch die Forderung nach Enteignung unter und nicht, wie in Wirklichkeit viel eher, durch die allgemeine politische Untätigkeit angesichts des menschengemachten Klimawandels und anderer Folgen des privatwirtschaftlichen Raubbaus. In der politischen Sprache heißt die Unantastbarkeit des Eigentums von links nach rechts, von den Linken bis zur AfD: Realismus. Was Witz hat, denn es ist nur um den Preis einer absoluten Verkennung der Realität zu haben, genau an dieser Stelle keine andere Position als denkbare anzusehen. Wo doch nichts näherliegend, realistischer wäre, als Enteignungen im großen Stil als geeignetes Mittel zur Krisenbekämpfung in Betracht zu ziehen. Denn dass eine auf private Gewinne ausgerichtete Wirtschaft die von ihr geschaffenen Probleme nicht lösen kann und wird, ist eine offensichtlichere Tatsache als die, dass die Erde rund ist.
Es ist lästig, wenn ein Elefant im Raum sitzt. Richtiggehend gefährlich ist es, wenn er zudem die Tür zur Feuerleiter versperrt. Die Unantastbarkeit des Privateigentums, und keiner kommt dran vorbei. Die daraus resultierende politische Verblödung schreit zum Himmel, die vielen deshalb ungelösten oder nicht einmal angegangenen Probleme auch. Ich mache also einen Vorschlag zur Güte, unberufen und unbeschlagen: Ließe die Eigentumsfrage sich nicht auf den Tisch bringen und gleichzeitig doch umgehen? Wie wäre es, ein Gesetz zu formulieren und einzufordern, das allen Firmen ab einer bestimmten Größe vorschreibt, für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre gemeinnützig zu sein – die Kriterien für Gemeinnützigkeit entsprechend um Belange des Umwelt-, Klima-, und Artenschutzes, des öffentlichen Nahverkehrs, der Bereitstellung von schönem und gesundem Wohnraum, der Gesundheitsvorsorge und um einiges mehr erweitert, sowie die Umsetzung dieser Ziele von berufenen oder gewählten lokalen wie überregionalen Einwohner- und Mitarbeitergremien überwacht? In dieser Form bliebe das Eigentum selbst unberührt, aber seine Verwendung würde gelenkt und kontrolliert, wenigstens so lange, bis der ökologisch-soziale Umbau geschafft ist. Und danach würde wahrscheinlich niemand zum nicht-gemeinnützigen Wirtschaften zurückkehren wollen. Vielleicht kann Greenpeace einmal ein Rechtsgutachten in Auftrag geben, was hier machbar wäre.