vonlukasmeisner 30.04.2022

Kriterium

Die Rechnung 'Krise vs. System' geht nicht auf. Was wir brauchen, ist eine Kritik am System der Krise.

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Viel ist heute in der Linken die Rede von der Notwendigkeit zur Intersektionalität. Damit sind aber zwei grundsätzlich unterschiedliche, tatsächlich einander widersprechende Herangehensweisen gemeint, die endlich strikt voneinander zu scheiden sind. Nämlich:

  1. Die postmoderne Vorstellung von „Intersektionalität“, die eine Art additive Kombinatorik der inkommensurabel verstreuten Individuen und ihrer Diskriminierungsmarker darstellt. In ihr geschieht eine Ontologisierung der Differenzen, eine Psychologisierung, Kulturalisierung und Moralisierung der Probleme von Rassismus bis „Klassismus“, eine Reduktion dieser auf „Privileg“ und „Diskriminierung“ vs. „Toleranz“ und „Inklusion“, und damit – letztlich ein Partikularismus, der mehr der sozialen Distinktion und dem Habitus-Verhalten der kosmopolitischen Linksliberalen dient als irgendeiner Veränderung der Gesellschaft.
  2. Andererseits gibt es eine strukturale Analyse der Intersektionalität, die zusammendenkt, was realiter zusammengehört: Kapitalismus, Patriarchat, Rassismus, Antisemitismus usw.

Diese Strukturanalyse ist heutzutage jedoch nur zu haben und zu machen als Totalitätsanalyse des Kapitalismus, der ein Vergesellschaftungsprogramm ist und keine bloße ‚differenzierte‘ Sphäre der Ökonomie. Seine Totalität totalisiert sich differenziell, d.h. auch: in ‚Sektionen‘; doch jene Sektionen können nur dann nicht-künstlich, nicht-willkürlich hinreichend zusammengedacht werden, wenn sie – was sie seit der Moderne und Stand Jetzt notwendig sind – als kapitalistische Totalität begriffen werden. Zudem kann nur mit einer Totalitätsanalyse, in deren Zentrum der Universalismus kapitalistischer Ausbeutung steht, auch der emanzipatorische Universalismus der 99% artikuliert werden.

Die Intersektionalitätsdebatte ist also aus ihren postmodern-linksliberalen Fängen zu befreien und als differenzierende Sensibilisierung der neomarxistischen Totalitätsanalyse zu rekonzeptualisieren. Nur mit dieser Trennung lassen sich Antikapitalismus und Antirassismus bzw. Antisexismus wirklich in ein und derselben Perspektive der Emanzipation vereinen.

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