vonClaudius Prößer 10.10.2008

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Gestern ist Chile wieder ein bisschen weniger katholisch geworden: Das Ober­haus im Kongress, der Senat, hat einstimmig einen Gesetzentwurf an­ge­nom­men, der den 31. Oktober zum nationalen Feiertag erhebt. Man erinnere sich: Am 31. Oktober nagelte ein Mönch namens Luther 95 The­sen ans Tor der Wittenberger Schlosskirche. Allerdings heißt der neue feriado nicht „Re­for­ma­tions­tag“ wie in Deutschland, sondern „Nationaler Tag der Evangelischen und Protestantischen Kirchen“. Die sich direkt auf Luther berufenden Gruppierungen sind nämlich klar in der Minderheit gegenüber den Pfingstkirchen (Pentecostales). Zusammen kom­men sie bei den Chilenen über 14 Jahren schon auf gut 15 Prozent, wäh­rend die Schäfchen des Papstes noch 70 Prozent derselben Gruppe aus­ma­chen.

Um nun der chilenischen Wirtschaft keinen zu schweren Schaden zu­zu­fü­gen (was ganz im Sinne der bienenfleißigen Evangelikalen sein dürf­te), hat der Senat beschlossen, das Lutherjubiläum zu flexibilisieren. Schließlich ist am 1. November, Allerheiligen, auch schon frei, und sollte der Doppelfeiertag auf Dienstag/Mittwoch oder Mittwoch/Donnerstag fal­len, könnten Unternehmer und Fiskus die zersprengte Arbeitswoche gleich ganz abschreiben. Ab kommendem Jahr (mit der Verkündung des Ge­set­zes wird es bis Monatsende wohl nichts werden) gilt dann die fol­gende Regel: Fällt der 31. Oktober auf einen Dienstag, ist der Freitag der Vorwoche arbeitsfrei, fällt er auf einen Mittwoch, dürfen die Chilenen (insbesondere Katholiken und Heiden) am darauffolgenden Freitag aus­schlafen.

Kritiker haben vorgerechnet, dass das neue verlängerte Wochenende den­noch eine Lücke von umgerechnet 200 Millionen Euro ins BIP reißt. Da­ge­gen protestierte der Vorsitzende des Vereinigung evangelischer Kir­chen, Bischof Emiliano Soto, mit dem Argument, die ehrenamtliche So­zial­ar­beit der Mitglieder, etwa gegen Drogen- und Alkoholmissbrauch, sei mit Geld gar nicht aufzuwiegen. Außerdem, so ein be­schwich­ti­gen­des Argument von anderer Seite, machten die Einnahmen im Tou­ris­mus­sek­tor die Ausfälle ja zum Teil wieder wett.

Viele evangelische Chilenen waren in den Kongress gekommen, um die ab­seh­ba­re Entscheidung des Senats zu feiern. Ein landesweit bekannter Pre­di­ger im Jesuslook musste allerdings draußen bleiben: Männern ist der Zutritt zum Plenarsaal nur mit Krawatte erlaubt.

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