Kubas Wirtschaft wird privater. Mit der angekündigten Entlassung von einer halben Million Staatsangestellert wird der Privatsektor auf der Insel zu einem wichtigen Wirtschaftszweig – und das ist durchaus gewollt.
Es ist Samstagmorgen und im Friseursalon in der Calle Infanta herrscht mächtiger Andrang. Väter warten mit ihren Kindern an der Hand, um den kleinen und sich selbst noch schnell den Kopf vor dem Wochenende scheren zu lassen. Unscheinbar sieht der Salon mit dem hoch trabenden Namen „Arcoiris“ aus. Kein Schild weist auf den Laden hin, in dem fünf Friseure an den alten Pullmann-Friseursesseln aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts stehen und zügig ihrer Arbeit nachgehen. Nur in dem Glas der alten Holztüren, die sperrangelweit aufstehen, ist der Schriftzug eingeschliffen. Viel Werbung ist ohnehin nicht nötig, denn in der Nachbarschaft kennt man Ramón und seine vier Kollegen. Die fünf Barbiere arbeiten auf eigene Rechnung, sind umsichtig, schnell und charmant. Die perfekten Dienstleister und das mitten in Havanna. 40 Prozent der Einnahmen führen die fünf Figaros aus Havannas Stadtteil Centro an den Staat ab. Für Steuern und die Miete des heruntergekommenen Salons, der so aussieht als habe er seit der kubanischen Revolution von 1959 keine Farbe gesehen. Der Rest wandert in die eigene Tasche. „Ein zeitgemäßes Modell, denn hier haben die alten staatlichen Preise keine Gültigkeit mehr. Jeder zahlt nach Ermessen und ist der Kunde zufrieden, kommt er wieder“ erklärt Ramón. Der wird unablässig von neuen Kunden begrüßt und mit seinen schmalen von weißen Stoppeln durchzogenem Kinnbart, den zurückgekämmten leicht gegellten und graumelierten Haupthaar und dem dicken goldenen Medaillon auf der Brust könnte er auch als italienischer Gigolo durchgehen. Doch Ramón ist einhundertprozentiger Kubaner und mit Rasiermesser, Scherkopf und Schere so flink unterwegs, dass die Kundschaft Schlange steht. Zufrieden ist Ramón damit wie es für ihn derzeit läuft, denn der Salon und die fünf Coiffeure aus der Calle Infanta gehören zu einem Modellprojekt. Mit dem hat die Regierung ausprobieren wollen wie es in Kubas Dienstleistungssektor läuft, wenn sich Papa Staat zurückzieht.
Entstaatlichung als Devise für das Kleingewerbe
Besser ist die Antwort von Ramón und auch für den Staat ist das Modell positiv, denn unter dem berühmten Strich kommt mehr Geld in die Kasse und für die fünf Friseure muss weniger getan werden. Die kümmern sich selbst, um Seife, Rasierwasser, Schleifstein und Co., ohne dass ihr Bedarf weiter von oben kalkuliert werden muss. „Selbständig, eigenverantwortlich und autonom werden in Kuba alsbald mehr Dienstleister funktionieren“, erklärt Omar Everleny Pérez. „Mit der anstehenden Entlassung von einer halben Million Staatsbediensteter kommt dem Dienstleistungssektor und der Privatinitiative eine ganz neue Bedeutung zu“ prophezeit der Vizedirektor des Studienzentrums der Kubanischen Wirtschaft (CEEC). Erstmals in Kubas jüngerer Geschichte hat der Privatsektor auch offiziell eine Aufgabe – er soll Jobs generieren. Zettel mit potentiellen Berufsbildern und Arbeitsperspektiven geben die Ministerien ihren überzähligen Mitarbeitern mit auf den Weg zum Neuanfang. Vor einigen Wochen hat es die ersten Entlassungen im obsoleten Zuckerminister gegeben und bis zum 31. März 2011 sollen 500.000 Kubaner aus dem Staatsdienst ausscheiden. Danach soll es weitergehen bis insgesamt 1,3 Millionen der 5,1 Millionen Erwerbstätigen Kubas nicht mehr auf dem staatlichen Lohnzettel stehen. Zumindest kursieren diese Zahlen in Havanna und angesichts der ökonomischen Krise gibt es keine Alternative zu dem Schritt, der einer Revolution in Kubas Wirtschaftspolitik gleichkommt.
Reformieren oder kapitulieren
Die erfolgt nicht ganz freiwillig, aber Kubas Haushalt ist aus dem Gleichgewicht, die Insel im westlichen Ausland so hoch verschuldet, dass selbst teure kurzfristige Kredite für Kuba nicht zu haben sind und die Bruderländer, allen voran Venezuela und China wollen der Regierung von Raúl Castro nicht unter die Arme greifen. Angeblich haben Havannas Unterhändler aus Peking und Caracas nicht die erhofften drei Milliarden US-Dollar locker machen können, von denen der kubanische Ökonom Pavel Vidal, Kollege von Omar Everleny Pérez am CEEC, vor einigen Wochen redete. Dieser Betrag hätte der Regierung in Havanna eine Atempause verschafft und die Entlassungswelle legt nahe, dass Havanna alleine sehen muss wie es weitergeht. Weniger Staat heißt die Devise und neue Wirtschaftsakteure sollen auf der Bildfläche erscheinen – unabhängige Genossenschaften. Das sehen zumindest die Pläne vor, die Kubas Binnenökonomie neue Dynamik verleihen sollen. Die Chancen dafür stehen gut, denn anders als bei früheren Anläufen sollen die Privaten und die noch zu gründenden Genossenschaften nicht an der kurzen Leine gehalten werden. Kreditprogramme sind genauso anvisiert wie die Einrichtung von Märkten und Verkaufsstellen von Rohmaterialien und Gerät. Ein Novum auf der Insel, wo Selbständige bisher argwöhnisch kontrolliert und mit unzähligen Vorschriften bombardiert wurden, um ja keine Schicht von Neureichen entstehen zu lassen. Die Impulse für die Wirtschaft wurden so peu á peu erstickt wie Mitte der 90er Jahre geschehen. „Das wird sich nicht noch einmal wiederholen“, hofft Omar Everleny Pérez. Doch auch er weiß letztlich nicht, wie es gelingen soll die nötige Infrastruktur und die Kreditprogramme bereitzustellen, damit die Neuunternehmer eine reelle Chance haben. Vor überzogenen Erwartungen warnt auch die kommunistische Partei der Insel. Sie verweist darauf, dass die allermeisten der Entlassenen letztlich keine Erfahrung mit der Selbständigkeit haben. Ramón und seine Kollegen haben da einen großen Vorteil – sie haben in den letzten zwei Jahren gelernt wie sie sich organisieren müssen und haben der neuen Konkurrenz mehr als eine Nasenlänge voraus.
Die USA hat zwei „territories“ in der Karibik (und drei weiter im Pazifik). U.S. Virgin Island musste von den Daenen an die USA verkauft werden, fuer $ 20 Millionen 1917 („national security“!). 1997 schrieb ich einen Leserkommentar an die ehemalige „San Juan Star“ ueber eine TV Debatte im Virgin Island TV – ueber den „Transfer Day“ 1917. Drei Virgin Islanders vorwiegend afrikanischer Abkunft – zwei Professoren der Geschichte – beide meinten „Wir waeren heute besser wirtschaftilsch und kulturell wenn wir daenisch geblieben waeren!“ Der Dritte vom „Committee for Independence “ meinte :“Wir sollten weder zu USA noch Daenemark gehoeren!“