vonPeter Strack 14.01.2013

Latin@rama

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Die MärchenhexeAuch in einer globalisierten Welt, kann man sich den Schreck einer deutschen Maerchenhexe vorstellen, die mit ihrem Besen im bolivianischen Tiefland eine Bruchlandung erleidet und nicht nur exotische Aromen reicht und auf Pflanzen, Vogelspinnen und einen merkwuerdig schrill pfeiffenden Kobold mit breitem Strohhut trifft, sondern feststellen muss, dass sie ihre Zauberkraefte verloren hat und sich wie ein normaler Mensch, oder besser gesagt eine schrullige alte Frau, in der Fremde zurecht finden muss. Nach “Das magische Portal” von Isabel Mesa de Inchauste ist nun ein zweites bolivianisches Kinderbuch auf deutsch erschienen. Die Maerchenhexe von Rosalba Guzmán. Und wie die meisten Erzaehlungen der Autorin  hat auch diese Geschichte mit Interkulturalitaet und einer Rebellion zu tun.

Doch zunaechst begegnet die Hexe auf einer nicht ungefaehrlichen Reise durch das bolivianische Tiefland, ueber die Hochgebirge der Anden und den Titikakasee bis in die Taelerregion von Cochabamba im ersten Teil des Buches bolivianischen Maerchengestalten. Die sind entweder andiner Herkunft, oder aus der  Mischung der Kultur der spanischen Eroberer mit der indigenen Mythenwelt entsprungen Von jeder Figur bekommt Walburga Blocksberg, einen Schatz, dessen Bedeutung erst klar wird, als die Maerchenhexe auf eine Gruppe Kinder trifft, die vor einer „wirklichen“  Hexe , der Direktorin ihres Waisenheims geflohen sind. Jedes der Kinder hat eine eigene Geschichte, hat ein besonderes Problem. Dabei gibt es nicht nur fuer die Waisenhausdirektorin ein reales Vorbild. Rosalba Guzman ist nicht nur eine der anerkanntesten Kinderbuchautorinnen Boliviens, sondern hat auch als Psychologin beruflich mit vielen gestrandeten Kindern zu tun.

Rosalba Guzmán Soriano
Rosalba Guzmán Soriano

Dass sie in ihrer psychologischen Praxis das Geschichtenerzaehlen selbst auch als Therapieform einsetzt, hat Rosalba Guzmán aber nicht dazu verleitet,  aus der Maerchenhexe  eine verklausulierte Therapieanleitung zu machen. Vielleicht mit Ausnahme des Kapitels, in dem Giovanna sich im Spiegelbild des Wassers sieht. Gewiss, viele typische Probleme und auch soziale und politische Themen der bolivianischen Gesellschaft (wie die Emanzipationsbewegung der indigenen Tieflandvoelker,  die Kreativitaet der  arbeitenden Kinder  oder die Probleme der Waisenkinder, Adoptionen, Alkoholismus und innerfamiliaere Gewalt), spiegeln sich in der Erzaehlung, und vieles wird wie beilaeufig erklaert. Uebrigens schon in der spanischen Erstauflage von 1997, denn im Vielvoelkerstaat Bolivien kennen viele Kinder auch kaum die Kulturen der anderen Regionen des Landes. zu veroeffentlichen.

Doch bei all dem ist die Geschichte in erster Linie ein phantastisches Maerchen voller  Hoffnung, Humor, Spannung und vor allem kreativem Sprachwitz und unkonventioneller Textgestaltung. Keine leichte Herausforderung, ebenso wie die zahlreichen Sprachspiele und etwa der deutsche Akzent der Hexe in der spanischen Version  fuer die Uebersetzerin Gertrud Schwarzenbarth.

Und nachdem fast alle der aus dem Waisenhaus Entlaufenen mit Hilfe der von der Hexe gesammelten Schaetze ihr Problem haben loesen koennen, bleibt nur noch der kleine Daniel uebrig, fuer den niemand einen passenden Rat weiss. Deswegen wissen sich die Protagonisten nicht anders zu helfen , als die Kinderbuchautorin direkt anzuschreiben und um eine Loesung zu bitten.

Wie das Abenteuer fuer Daniel und die Maerchenhexe Hexe ausgeht, wird aber an dieser Stelle ebensowenig verraten wie Rosalba Guzmán sagen kann, wo  der lange spitze Schuh der Hexe unter ihrem Fluch von den „Tausend himmelsblauen Schlangen“ am Ende hingefallen ist. Vielleicht hat ihn ja jemand gefunden?

 Rosalba Guzmán, Die Maerchenhexe, Osnabrueck 2012, 197 Seiten, farbig illustriert von Jorge Dávalos, uebersetzt von Gertrud Schwarzenbarth auf der Grundlage der dritten spanischen Auflage vom  Oktober 2008. Fuer 10.90 Euro zusaetzlich Versandkosten zu bestellen im  terre des hommes – Shop

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