vonericbonse 27.03.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Plötzlich geht alles ganz schnell. Die Außenpolitik verhärtet sich. Die Sanktionsspirale dreht sich. Die EU flüchtet sich in die Arme der USA – als hätte es Reagan und Bush jr. und Trump nie gegeben.

“Zeit zur Wiederherstellung unserer transatlantischen Allianz”, twitterte EU-Ratspräsident Michel am Dienstag. Er habe US-Präsident Biden eingeladen, am EU-Gipfel am Donnerstag teilzunehmen.

Die Einladung war erwartet worden, viele hatten schon früher mit Biden gerechnet. Vor ein paar Wochen wäre es ein nettes Stelldichein gewesen. Doch nun nimmt die virtuelle Begegnung eine besondere, bedrohliche Bedeutung an.

Gerade erst haben die EU, die USA, UK und Kanada neue Sanktionen gegen China verhängt. Dann hat China zurückgeschossen – und das Europaparlament, aber auch die für Sicherheitspolitik zuständigen EU-Botschafter abgestraft.

Last but not least hat Russlands Außenminister Lawrow erklärt, die Beziehungen zur EU seien zerrüttet, man werde fortan nur noch mit einzelnen europäischen Ländern sprechen.

Innerhalb von nur zwei Tagen ist das fein gesponnene Netzwerk diplomatischer Beziehungen, das in den drei Jahrzehnten nach dem Kalten Krieg gewachsen war, zerrissen.

Und nun kommt Biden. Der US-Präsident spricht auf einem Gipfel, bei dem die EU ihr Verhältnis zu Russland neu bestimmen will, ausgerechnet. Zu einer Zeit, da auch Brüssel von einem “Tiefpunkt” redet.

Was soll man davon erwarten? Nicht allzu viel, würde ich sagen. Bisher ist Biden in der Außenpolitik neue Perspektiven schuldig geblieben. Er hat Russlands Putin als “Killer” bezeichnet und ihm gedroht.

Und die EU hat sich hinter ihn gestellt. So oder so ähnlich wird sich das nun auch beim Gipfel wiederholen. Alle werden Beifall klatschen, die Medien werden die Wiedergeburt der transatlantischen Freundschaft feiern.

Doch in Wahrheit wird etwas zerbrochen sein. Wir werden Zeugen einer gefährlichen Blockkonfrontation – und das mitten in einer globalen Krise, in der alle großen Mächte mehr denn je zusammenarbeiten sollten…

Siehe auch “Coronakrise: Für Biden ist EUropa ein abschreckendes Beispiel”

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https://blogs.taz.de/lostineurope/2021/03/27/gefaehrliches-blockdenken/

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