vonericbonse 15.11.2025

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

Mehr über diesen Blog

Was sagt ein deutscher Philosoph zu Ukraine-Krieg und EU-Krise? Bei einem Diskussionsabend in Brüssel hat R. D Precht sein Weltbild ausgebreitet – es fällt düster aus.

Das geht ja gut los: Erstmal erklärt der Zeitgeist-Philosoph aus Düsseldorf (neues Buch: “Angstzustand”), daß er von der EU keine Ahnung habe. Aber das sei normal für Philosophen. EU-Experten verstünden ja auch nichts von Philosophie.

Dann beginnt er, die Welt zu erklären. Laut Precht erleben wir drei Umbrüche: das Ende der US-Hegemonie und den Beginn der multipolaren Welt; das zweite Maschinenzeitalter mit Internet und KI; und die Nachhaltigkeits-Revolution.

So weit, so bekannt. Selbst die anwesenden EU-Abgeordneten haben keine Einwände. Spannend – und kontrovers – wird es allerdings bei den praktischen Konsequenzen. Denn da begehrt Precht gegen die herrschende Lehre auf.

“Wir ruinieren uns sehenden Auges”

Die EU versuche, die US-Politik von gestern fortzuführen. Dabei mache sie sich zum “nützlichen Idioten Putins”, wenn sie auf jede Drohne mit neuen Waffen reagiere. Mit der Aufrüstung “ruinieren wir uns sehenden Auges”, warnt Precht.

Statt das Geld in Waffen zu stecken, müssten wir uns gegen den amerikanischen “Techno-Feudalismus” verteidigen und die neue industrielle Revolution aktiv gestalten. Doch das traut der Philosoph den Europäern offenbar nicht zu.

Er geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt die ketzerische Frage, ob die liberale Demokratie dem neuen Maschinenzeitalter noch angemessen sei. Die Herrschaft der digitalen Oligarchen in den USA sei ja kein Zufall.

“Putin will über Sicherheit reden”

Spätestens da schnallen die Abgeordneten ab. Die einen klammern sich an die alte Ordnung, die anderen wollen EUropa um jeden Preis gegen Putin verteidigen. Dass sie längst verlorene Schlachten schlagen, sehen sie nicht ein.

Und so kommt es zum unvermeidlichen Streit über Russland und die Ukraine. Wieder provoziert Precht mit einer steilen These: Putin wolle über russische Sicherheitsinteressen und eine neue europäische Sicherheitsordnung reden.

Doch das geht CDU und Grünen zu weit. Nur der Gastgeber, Th. Geisel vom BSW, lässt sich auf Prechts Gedankenspiele ein. Der fordert noch eine “KSZE 2.0” – und gibt auf: “Russland ist vermintes Terrain, da kommen wir nicht weiter”.

Zu der Einsicht bin ich auch schon gekommen 😁

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/lostineurope/wie-richard-david-precht-auf-europa-und-die-welt-blickt/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • Das was als „steile These“ erscheinen mag, nur deshalb, weil in der EU niemand den Gedanken zulassen will, dass das, was man gewohnt war, sich drastisch verändert hat. Und was für den „gewohnten Westen“ noch schlimmer und unmöglicher erscheint, dass er nicht mehr allein derjenige sein soll, der vorgibt, wonach die Weltgemeinschaft doch gefälligst streben sollte.
    Es herrscht eine ohrenbetäubende
    Stille in der EU, wenn es darum geht, mit Russland über ein gemeinsames Sicherheitsabkommen ins Gespräch zu kommen.

Schreibe einen Kommentar zu andreamaria Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert