Neulich, am frühen Abend, traf ich meine beste Freundin, um einen unserer ausgedehnten Spaziergänge anzutreten.
Ohne konkretes Ziel wanderten wir durch die Stadt, in der Hoffnung, etwas Spannendes zu entdecken. Wunderlich kam es uns vor, wie viele unterschiedliche Arten der Ablenkung – vom Leben, dem Lauf der Dinge, ihrer Natur – die Menschen kreiert hatten. Man sah sie auf Straßen, Plätzen und in Parkanlagen Zupf- und Blasinstrumente spielen, auf ein-, zwei-, oder vierrädrigen Gefährten kunstvolle Bewegungen vollführen, Bälle aller Art hin und her werfen und noch vieles mehr. Sie taten dies alles, um sich die Zeit zu vertreiben oder diese angenehmer zu gestalten. Mit Erfolg.
Erstaunlich war aber auch, wie sehr sich die Spielenden von den anderen, dem Spiel des Lebens abgeneigten Menschen, unterschieden. Die einen wirkten gelassener und zufriedener, die anderen rauschten mit ihren Gedanken in den Aktenkoffern durch den Verkehr und über Wiesen.
»Schade, wenn man das Leben missversteht und deshalb so einen schönen Park nicht genießen kann«, bemerkte meine Freundin.
Das Schlendern durch die Straßen Berlins, das Beobachten der Menschen und das Staunen über ihre vielfältigen Tätigkeiten vermochte uns diese Welt besser zu erklären, als es eine Enzyklopädie je geschafft hätte.
Eigentlich ist es ganz einfach, jeder Einzelne – ob Kind oder Erwachsener, Mann oder Frau, Straßenkehrer, Blumenverkäufer, Börsenmakler, Lehrer oder Obdachloser – trägt auf fantastische Weise zum Verständnis des Menschseins bei. Jeder Einzelne fungiert als ein wichtiger Baustein, ist von großer Bedeutung für eine umfassende Definition dieser Spezies.
Herumzulaufen und zu beobachten, ist ein gutes Rezept, um dieses schlichte Verständnis vom Leben auf der Erde zu verinnerlichen und sich in der ungeheuerlichen Unordnung des Alltags wenigstens ein bisschen orientieren zu können.
Wo, wenn nicht während eines anregenden Spazierganges, entstehen die besten Ideen?
Bis bald, euer Nirgendsmann
PS: Über ein paar Hasskommentare oder Hinweise, dass ich komplett danebenliege, würde ich mich – wie immer – sehr freuen!
Als gebürtige Berlinerin weckt das Nostalgie in mir. Spazieren gehen und staunen war ein wichtiger Bestandteil meiner Berliner Zeit. Mal alleine, mal mit Freunden, mal vormittags, mal nachts. Einmal hat man sich bei einer Freundin und mir bedankt,weil wir uns vom Trubel nicht haben blenden lassen. Sie, die Obdachlose, wahr nahmen und mit ihr sprachen. Die Stadt hat viele Geschichten zu erzählen und wir waren gute Zuhörer.