vonMarkus Szaszka 09.10.2020

Der Nirgendsmann

Markus "Nirgendsmann" Szaszka - Streuner und Schriftsteller aus Wien - schreibt über die Herausforderungen unserer Zeit und Romane, die zum Nachdenken anregen. Weitere Informationen: www.grossstadtballaden.com

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Es erschreckt mich bis heute jedes Mal aufs Neue, wenn ich in eine der finsteren Wiener Behörden gehen muss, um eine Angelegenheit zu erledigen, die längst online abgefrühstückt werden könnte, und miterleben muss, wie hartnäckig sich die Charakterzüge des nationalsozialistischen Regimes in den stickigen Kämmerlein der vergessenen Träume eingenistet haben.

Hart ausgedrückt? Ja, aber der Alltag in den Wiener Ämtern ist nun mal hart, vor allem, wenn man keinen Wiener Dialekt spricht und keinen österreichischen Pass vorzuweisen hat.

Die Hirnrissigkeit mancher Teile der Bürokratie, wir wissen das alle, ist himmelschreiend. Da fällt es sogar mir schwer, die Beschränktheit der Gesetzgeber und deren seelenlosen Lakaien unbeirrt als ulkig wahrzunehmen. Aber ich bemühe mich, selbst in den größten Bestien des Menschengeschlechts an das Gute zu glauben.

Auch heute, nachdem sich die unsympathische Dame mit den fettigen, ungewaschenen Haaren von einer gewissen Magistratsabteilung einen Dreck um mich gekümmert hat, mir jegliche Informationen vorenthielt und lediglich »Na, Sie müssen schon selbst wissen, was Sie mir geben müssen« entgegenrotzte – inklusive einem schelmischen Lächeln. Man merkte es dieser dicken Frau richtig an; sie genoss es, mir ein Bein zu stellen.

So wie die ungarische Nachrichtenreporterin es 2015 genossen hat, dem fliehenden Flüchtlingsvater mit seinem Kind im Arm das Bein zu stellen.

So wie der Mörder von George Floyd es 2020 genossen hat, sein Knie auf dessen Hals zu drücken.

Die Welt ist auch heute noch voller Faschisten, die irgendeiner Führung die Eier lecken, aber ich bleibe trotzdem dabei: Dem Menschen wohnt ein guter Kern inne und nichts muss bleiben, wie es ist.

***

#nichtsmussbleibenwieesist

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