vonChristian Ihle & Horst Motor 28.02.2007

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Das großartige an der ganzen Aufregung um Arcade Fire war ja immer, dass sie so berechtigt war. Als vor zwei Jahren “Funeral” erschien, dauerte es ein paar Wochen, und schon war die Musikwelt in heller Aufruhr. Die Anzeichen für einen furiosen Debütstart waren mehr als günstig. Der Musikexot Kanada war gerade dabei, sich der Weltöffentlichkeit zu präsentieren. Die Szene in Toronto hatte ganze Vorarbeit geleistet und mit Arcade Fire ein weiteres Kollektiv ausgespuckt. Ähnlich wie Broken Social Scene war man, schon wegen der Instrumentierung, der Verschrobenheit und der Fülle an Musiker etwas ganz besonderes. Weiterhin: Arcade Fire hatten einen Frontmann, der zwar nicht besonders charismatisch war, aber zumindest die Blaupause des nachdenklichen Intellektuellen abgab. Und ein Album im Nacken, das nicht so war wie irgendetwas anderes zeitgeistiges. Da waren Geigen, Bläser, Trommeln, Akkordeons. Und eine mitreißende, fast viktorianische Melancholie.

Jetzt sind die Erwartungen natürlich riesig. Wer ein Genre nahezu neu erfindet, muss entweder alles richtig machen, oder er wird richtiggehend gescholten. “Neon Bible” ist, um das vorwegzunehmen, Wasser auf die Mühlen derer, die Arcade Fire lieben. Und hassen (wovon es gemeinhin eher weniger geben dürfte). Schon der Aufnahmeort lockte mir ein heiseres Krächzen hervor: eine Kirche in Toronto. Meine Güte, das passte so sehr zur Band, dass es schon fast peinlich wurde. Und jetzt, wo das Album endlich vor mir liegt, beginnt noch einmal ein kleines Erweckungsgefühl. Denn “Neon Bible” bietet alles für den nächsten Rummelplatz der Gefühle. Emporfliegende Chöre in “Keep the car running”, Orgeln und Wehklagen in “Intervention”, veritable Clubhits mit “No Cars Go” und die schleichende Anklage von “Neon Bible”.

Butler gibt sich politisch, weltgewandt, panisch und wahlweise auch hysterisch. “Don’t want to work in a building downtown / No, I don’t want to see it when the planes hit the ground”. Klar, da sind ein ganzer Haufen biblischer Bezüge. Wie sollte es auch anders sein, wenn das Album in einer Kirche aufgenommen und “Neon Bible” getauft wurde. Und es steht mir nicht zu, über die Gottesfürchtigkeit Butlers zu reden. Nur so viel: er macht sich gut, dieser sakrale Mantel! Ob “Neon Bible” ein neues Meisterwerk ist? Schwer zu sagen, die Zeit wird es zeigen. Zumindest für den Moment hätte Arcade Fire nicht besser nachlegen können.

Anhören!
* Ocean of Noise
* Intervention
* Keep the car Running (hier)

Robert Heldner

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