The Red Army
1. Der Film in einem Satz
Der Baader-Meinhof-Komplex auf japanisch als dreistündiges Avantgardemonster
2. Darum geht’s
Koji Wakamatsu dreht einen mehr als dreistündigen Lehrfilm über den japanischen Linksextremismus. Die erste Stunde arbeitet mit vielen Archivaufnahmen die komplette Entwicklung der 60er minutiös auf und führt dabei geschätzte 100 Personen ein, der mittlere Part wird zu einem Kammerspiel in einer Berghütte, in deren Verlauf mehrere Kameraden nach internen Bestrafungen totgeprügelt werden und der letzte Akt handelt von einer einmonatigen Polizei-Belagerung der letzten fünf freien Red Army Mitglieder, die sich in einer Pension verschanzt hatten.
Wakamatsu arbeitet akribisch, akkurat, manchmal anmaßend genau die historischen Entwicklungen auf, was selbstredend in einen sehr anstrengenden Film mündet, der aber gerade durch seinen fanatischen Genauigkeitswahn überzeugt.
Beängstigend gut ist der Mittelteil, der die Selbstdestruktion und faschistoiden Entwicklungen der Terroristengruppe durchspielt und die brutalen Prügelstrafen, Exekutionen und Erniedrigungen ohne Rücksicht zeigt.
3. Der beste Moment
Im hervorragenden Mittelteil findet sich auch die stärkste Stelle: der Moment, in dem eine Terroristin zum ersten Mal in den Spiegel blickt, nachdem sie sich auf Anweisung selbst ihr Gesicht kaputt schlagen musste. Wenig später stirbt sie.
4. Diese Menschen mögen diesen Film
Spex-Leser, die gleichermaßen die RAF wie japanische Avantgarde geil finden. Jan Delay dagegen nicht, der dürfte das bei allem RAF-Chic zu derbe anstrengend finden.
* Japan
* Regie: Koji Wakamatsu
* imdb
Fireflies In The Garden
1. Der Film in einem Satz
Familiendrama um einen dominanten Vater und einen erniedrigten Sohn, der Jahrzehnte später versucht, seinen Frieden zu finden.
2. Darum geht’s
Willem Dafoe spielt einen rücksichtslos dominanten Vater, Ryan Reynolds den (erwachsenen) Sohn, der auch Jahrzehnte später noch die Hasskappe aufsetzt, wenn er seinen Vater sieht. Nach einem Unfall und Umwälzungen in der Familie wird aber alles auf wundersame Weise gut. Schön, nicht?
3. Der beste Moment
Die Rückblenden in die Vergangenheit sind erheblich unterhaltsamer als die Gegenwart.
4. Diese Menschen mögen diesen Film
Freunde von biederen Literaturverfilmungen, in denen am Ende doch alles noch irgendwie gut wird.
* USA
* Regie: Dennis Lee
* imdb
What No One Knows
1. Der Film in einem Satz
Es ist was faul im Staate Dänemark, denn auch dort schaut der große Bruder den Bürgern böse über die Schulter, damit niemand seine biologischen Geheimwaffen sabotiert!
2. Darum geht’s
Die Tochter eines ehemaligen dänischen Geheimdienstmannes stirbt auf rätselhafte Weise, ihr Bruder sichtet ihre Unterlagen und kommt einer großen Verschwörung auf die Spur.
What No One Knows spult dabei überraschend konventionell das Conspiracy-Thriller-Programm mit allen üblichen Klischees ab. Selbstredend darf deus-ex-machina-gleich auch der mysteriöse Informant nicht fehlen, der alle entscheidenden Informationen handlich über die Theke schiebt, damit der Film auch weitermachen kann. Auf seiner Habenseite kann der Film verbuchen, dass er effektiv Suspense erzeugt, aber vom „Mifune“-Regisseur hätte man einen weniger konservativ erzählten Film erwartet.
3. Der beste Moment
Die dazwischengeschnittenen CCTV-Aufnahmen, die gezielt das unangenehme Gefühl der allgegenwärtigen Beobachtung als Bedrohung transportieren.
4. Diese Menschen mögen diesen Film
…die auch glauben, dass damals in das Pentagon eine Rakete eingeschlagen hat, das vierte Flugzeug abgeschossen wurde und George W. Bush unter einer Decke mit Osama Bin Laden steckt. Ersatzweise auch Tatort-Fans.
* Dänemark
* Regie: Søren Kragh-Jacobsen
* imdb