Eels – Meet the Eels & Useless Trinkets
Die Eels sind schon immer so ein komisches Wesen. Oft so dermaßen am Radio-Pop-Mainstream, dass man sich fast fremdschämt. Beispiel? „Hey Man (Now You´re Really Living)“ oder das interessanterweise auf dem “Daisies Of The Galaxy”-Album als Hidden Track veröffentlichte “Mr. E´s Beautiful Blues“.
Andermal gibt sich Mark Oliver Everett, kurz E, wieder als verschrobener Kauz und zaubert Songfragmente, die frühestens beim dritten Hören tief treffen und aber im falschen Moment klingen können, als würde E seine Zuhörer nur ärgern wollen. Voraussetzung also genug, um den Genie-Status verliehen zu bekommen.
Die Eels waren nie einfach. Und wenn mal ein unschuldiger Rechnungsprüfer wegen dem einen Song im Radio das Album gekauft hat, dann saß der am Abend bestimmt verstört vor seiner Designer-Stereoanlage. Aber spätestens beim dritten Glas Wein und beim zweiten Hördurchgang, hat ihn Everett dann doch am Wickel. Das Großartige an diesen Songs ist die unscheinbare Art, zu packen.
Ein Beispiel?
Ich besitze das „Daisies of the Galaxy“-Album seit drei Jahren. Vor einem Jahr sah ich ein Theaterstück, in dem der Titelsong vorkommt. Die Nacht darauf und den kompletten Tag danach verbrachte ich nur mit diesem Lied. Auf Repeat. Im Auto, zu Hause, im Kopfhörer beim Spaziergang. Obwohl mir der Song vorher nie besonders aufgefallen war. In diesem einen Augenblick hat er zugestochen.
Der kauzige E schaffte beim letzten Album „Blinking Lights and other Revelations“ sein Meisterstück und E´s Lebenswerk steht vielleicht noch lange vor einem Zenit. Doch bereits jetzt gibt es zwei Compilations, die, in ähnlicher Fassung, wohl nur selten von einem noch lebenden Musiker erschienen sind.
Der Überblick:
„Meet the Eels“ liefert eine Runde Best of-Platte der Phase 1996 bis jetzt. Dazu kommt eine DVD mit sämtlichen 12 Videoclips der Eels. Abgerundet von einem 24-seitigem Booklet.
„Useless Trinkets“ bietet B-Seiten, Raritäten, Filmmusiken, Live-Aufnahmen und Raritäten auf zwei CDs. Dabei ist eine DVD mit dem Lollapalooza-Konzert der Eels von 2006. Das Booklet hat hier stolze 76 Seiten. Kurt Cobain, Jim Morrison und Jimi Hendrix wurden mit so einer Anthologie Zeit ihres Lebens nicht geehrt.
Anhören!
* Die „I like Birds“- Liveversion
* das Prince-Cover “I could never take the Place of your Man”
Im Netz:
* Homepage
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Frank Spilker – Mit all den Leuten
Vor ein paar Wochen konnte man auf der Myspace-Seite der Frank Spilker-Gruppe ein Bild mit Erlend Oye drauf sehen. Der King of Convenience hielt einen Zettel hoch, auf dem er sich dafür entschuldigt, dass die Zusammenarbeit auf dem neuen Album von Frank Spilker nicht klappte. Oye grüßt und hofft, dass man sich bald in Mexiko zum Surfen trifft.
Das Interessante daran ist nicht, wie Spilker und Oye wohl auf Surfbrettern aussehen (obwohl das sicher sehr attraktiv wäre), sondern die geplante Zusammenarbeit. Denn schon beim ersten Hördurchgang von „Mit all den Leuten“ drängt sich ein Vergleich mit Erlend Oyes Band-Projekt The Whitest Boy alive auf.
Die Art, Gitarre zu spielen, der treibende Rhythmus und die trotzdem nicht hektische Art ähnelt sehr der Berliner Band des Norwegers, die eigentlich elektronische Musik machen wollte, dann aber bei klassischer Bandbesetzung landete. Das trifft bestimmt nicht auf alle Lieder des Sterne-Sängers zu („Ich weiß genau was du denkst ist nicht richtig“ ist die Hektik in Persona). Aber Frank Spilker offenbart nicht nur einmal den Hang zur Tanzbarkeit.
Anders als bei den Sternen klingt Spilkers Soloalbum (darf man Soloalbum sagen, wenn zwei feste Musiker mit von der Partie sind?) musikalisch entspannter, auch wenn die Texte weiterhin große Gefühle in bekannter Sterne-Tradition be- und umschreiben.
„Ich geh gebückt“ könnte genauso gut ein Sterne-Hit werden, „Es sieht gut aus“ und das englische „Ex-Lover´s Paintings“ hätten auf das The Whitest Boy alive-Album mehr als gut gepasst. Dann hätten wir noch einen Song für die Flaming Lips und etwas für Morrissey oder The Smiths. In den Liner Notes schwärmt Frank Spilker für die Jon Spencer Blues Explosion und The Jesus & Mary Chain. Dann behauptet er noch, das Geheimnis von Phil Spectors „Wall of Sound“ entschlüsselt zu haben und und und…
Die Einflüsse sind vielfältig und schlummerten im Sterne-Sänger so lange, bis er sie selbst verwirklichen konnte. Ohne die Band. Man muss sich halt auch mal gehen lassen können.
Anhören!
* Es sieht gut aus
* Ich geh gebückt (mp3)
* Ex-Lover´s Paintings (mp3)
Im Netz:
* Homepage
* MySpace
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Ghost of Tom Joad – No sleep until Ostkreuz
Obwohl viele Freunde von mir die Band Blackmail „echt gut“ finden, hab ich mir nie ein Lied, eine Platte oder ein Konzert der Gruppe aus Koblenz angehört. Weil ich ein ganz genaues Bild von der Musik hatte. Ein Vorurteil, dass sich in mir gebildet hatte. Ich hatte den genauen Sound im Kopf. Zusammengestellt nur aus Bildern der Musiker, längst vergessenen Besprechungen und Leuten, die T-Shirts der Band trugen. Ein Sound, den kein Mensch braucht.
Ich hab Blackmail immer vermieden. Um jetzt Ghost of Tom Joad zu hören. Ghost of Tom Joad klingen so, wie ich mir Blackmail immer vorgestellt hatte.
Sie machen Rock. Nicht Hardrock, nicht Softrock, nicht Grunge-Rock, nicht Indie-Rock, sondern „so Rock“. So Rock, genau in der Mitte. Und ich weiß nicht, wen das trifft. Denn wenn man irgendeinen Geschmack besitzt, richtet sich der irgendwo rechts oder links der langweiligen Mitte (nicht nur politisch) aus. Man sucht das Besondere abseits des Normalen.
Ghost of Tom Joad schaffen es aber, richtig normal zu sein. Richtig normal.
Schnöder Rock. Und das wird selbst beim Durchschnittsleser der Musikzeitschrift Visions durchs Raster fallen.
(alle Texte: Säm Wagner)
[…] Viele Grüße auch an Säm Wagner der damals unser erstes Album im taz blog zerrissen hat. […]