vonChristian Ihle 03.06.2009

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Als wir Scott Matthew (ohne „s“!) dank des „Shortbus“-Soundtracks zum ersten Mal begegneten, waren wir gleich angetan. Den damals gewonnenen Eindruck konnte der bärtige Wahlnewyorker mit seinem Debütalbum dankenswerterweise auch bestätigen.
scottmatthew
Nun ist Album Nummer Zwei in den Regalen und im Grunde ist es Matthew gelungen, seine Stärken beizubehalten und doch den Sound des Albums behutsam breiter aufzufächern. Immer noch ist das größte Pro-Matthew-Argument, dass er es schafft, Lieder von der emotionalen Größe eines Antony (& The Johnsons) zu schreiben, sich dabei aber nicht völlig dem Barock, dem Schwulst und dem Kitsch hinzugeben. Exemplarisch kann bei „There Is An Ocean…“ sicherlich „For Dick“ für jenen klassischen Matthew-Sound herangezogen werden.

Doch im Vergleich zum Vorgänger hat Scott Matthew mit „Thistle“ beispielsweise einen Song geschrieben, der musikalisch besser zum beschwingten Barausklang bei closing time passt als zum traurig-melancholischen Rotwein-tête-à-tête mit dem Angebeteten. Auf der entgegengesetzten Seite siedelt Matthew dagegen den Titelsong des Albums „There Is An Ocean That Divides And With My Longing I Can Charge It With A Voltage That’s So Violent That To Cross It Could Mean Death” an. Ist “Thistle” ungewohnt beschwingt, führt “There Is An Ocean…” beinahe alles auf Null. Sparsam vertont Matthew ein eigenes Gedicht und treibt die Entschleunigung auf die Spitze, indem er seinen so ausgefeilten Songtitel eben nicht einmal singt, sondern von zwei Mitstreiterinnen lediglich im Flüsterton intonieren lässt.
Gerade deshalb ist “There Is An Ocean That Divides And With My Longing I Can Charge It With A Voltage That’s So Violent That To Cross It Could Mean Death” ein gelungenes zweites Album, das eine konsequente und erfrischende Weiterentwicklung vollzieht ohne dabei die genuinen Stärken des Erstlings aus dem Auge zu verlieren. Wir sind schon gespannt, ob Scott Matthew sein nächstes Projekt, einer ausschließlich aus Duetten bestehenden Platte, realisieren wird – die Vorfreude ist nach „There Is An Ocean…“ jedenfalls weiter gewachsen. (Christian Ihle)

Anhören!
* For Dick
* There Is An Ocean That Divides
* Every Traveled Road
* Ornament

Scott Matthew im Popblog:
* My Favourite Records mit Scott Matthew
* 2008 – Predict A Riot: Singer/Songwriter
* Album des Monats März, Platz 2: Scott Matthew
* Plattenkritik: “Silent Nights”

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