vonChristian Ihle 09.11.2011

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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“Wir benützen sehr viel mehr Dur-Akkorde als die meisten anderen Indierocker im Augenblick. Der normale Indierocker hat diese Akustikgitarre, fängt ein Lied in A-Moll an und singt darüber, dass seine Freundin nicht zurückruft, dass er ein bisschen traurig ist, ein bisschen besorgt ist wegen der Welt, weil er so sensibel ist. Meine Güte, diese Typen müsste man alle bei den Ohren packen und auf die Tischkante schlagen.
(…)
Ich höre so einen Durchschnitts-Singer/Songwriter-Typ, wo jemand von der Zeit, vom Leben oder der Traurigkeit singt, und ich könnte kotzen. Ich seh ein Gisbert Zu Knyphausen – Video, in dem ein weinender Harlekin drin vorkommt und ich denke, das ist ein Witz! Aber der meint das Ernst! Was ist passiert? Ist allen das Gehirn rausamputiert worden? Sind alle zu doof? Ein fucking weinender Harlekin in deinem Musikvideo? Hast du keine Freunde, die dir sagen “Heh, Gisbert, dieser weinende Harlekin in deinem Musikvideo, ehem, räusper, vielleicht ist das eine doofe Idee, das ist echt kitschig!”
Wo wir schon mal dabei sind… niemand sagt Konstantin Wecker “musst du Deine Tour “Wut & Zärtlichkeit” nennen? Das ist ein bisschen scheisse, Konstantin!” Diese Leute haben alle keine Freunde offensichtlich.”

Bernd Begemann in einem sehr hörenswerten und amüsanten Interview mit Radio Dreyeckland, während dem er auch der Idee der Interviewerin widerspricht, sein neuer Albumtitel “Wilde Brombeeren” würde doch wie ein RTL-Softporno klingen (kein Bergman-Fan offensichtlich) und vielleicht Schlagermusik enthalten.

Ebenfalls schön ist Begemanns Kommentar zur Frage des Entzugs von Theatersubventionen:

“Ich bin pro Gegenwartskultur. Mich hat die Selbstgerechtigkeit der Theater immer gestört. Nur weil Schiller mal postuliert hat, dass Theater die Bildungsanstalt der Nation sind, denken sie, sie sind automatisch die Höhe der Zeit. Man ist aber nicht automatisch die Höhe der Zeit, man muss sich das erkämpfen! Gott, die Theater sind so selbstgerecht! Als dem deutschen Schauspielhaus in Hamburg etwas gekürzt wurde, war mein erster Gedanke “WILLKOMMEN IN DER SUPPENSCHLANGE!” Es ist für niemanden leicht! Kunst ist anstrengend!”

Inhaltsverzeichnis:
* Teil 1: Alle Schmähkritiken über Bands, Künstler und Literatur
* Teil 2: Alle Schmähkritiken über Sport, Politik, Film & Fernsehen

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https://blogs.taz.de/popblog/2011/11/09/schmaehkritik_4xx_bernd_begemann_ueber_gisbert_zu_knypshausen_konstantin_wecker_deutsche_singer-songwriter_und_theatersubventionen/

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kommentare

  • Bis vor einer Minute wusste ich nicht wer Gisbert Knyphausenist, aber ich finds gut daß ihn mal jemand disst, danke Bernd Begemann

  • sehr gut, begemann. aber warum hängst du mit kettcar rum, die mindestens ebenso weinerlich und lethargisch sind? mehr solcher meinungen in die öffentlichkeit!

  • zu Jakob :
    genau…der meister der leichten ironie. träum weiter. wieso machen sich deutsche musikhörer eigentlich immer mehr gedanken als die musiker selbst..?

    zu tom :
    nur barbaren dissen freddy. schäm dich. und : gut, dass es ernsthafte menschen gibt, die nicht nach ruhm streben. aber…wäre es nicht langsam zeit, deine pferdeposter abzuhängen..?

  • jemandem der beim songcontest mit einem freddy quinn-cover auftritt, sollte man eh nichts glauben. und wer keinen sinn für kunst hat, der hat halt keinen sinn für kunst… begemann, selbst zimperlich wie eine blume, labert mal wieder völlig zusammenhangslosen mist. abgesehen davon, können wir in deutschland froh sein, endlich wieder einen ernsthaften songwriter wie gisbert zu knyphausen zu haben. begemann strebte immer nach ruhm, der versteht menschen wie zu knyphausen einfach nicht…

  • Die Wut ist ein guter Ratgeber! Und die sich ins Knie fickende Melancholie wird im Laufes des Liedes ja auf einen Thron gehoben, der nur von den sich windenden, höchst sensiblen Gesellschaftsdamen der 10er eingenommen werden kann. Begemann hat einen Punkt.

  • Diese Kritik von Herrn Begemann geht ja nun mindestens ein bisschen nach hinten los. Denn der traurige Clown bei Gisbert zu Knyphausen sitzt auf der Rückbank des Taxis und Gisbert singt dazu: “Melancholie, fick Dich ins Knie”.
    Da hat wohl eher Herr Begemann keine Freunde, die ihm sagen: “Mensch Bernd, das ist so dieses bewusstes-Spiel-mit-Klischee-Dings, das ist nicht kitschig, sondern ironsich gemeint.”

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