vonChristian Ihle 20.02.2012

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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This Ain’t California

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=LTBK7l2Z_RI&feature=youtu.be[/youtube]


1. Der Film in einem Satz:

Skate Or Die.


2. Darum geht‘s:

Unbemerkt von der westlichen Öffentlichkeit hatte sich auch in der DDR in den 80ern eine kleine, aber feine Skateboard-Szene etabliert. Mehr noch als ihre Sportskameraden im Westen war Skaten ein subversiver Akt, mit dem der kommunistische Staat so seine Probleme hatte. Erst versuchte man die Skater zu verbieten, später zu domestizieren – beides gelang nie wirklich. This Ain’t California erzählt die Geschichte der DDR-Skate-Szene und entwickelt sich von einem generellen Überblick zu einem sehr persönlichen Portrait des Skaters mit dem Spitznamen “Panik”.
Als er – nach verschlungenen Nach-Wende-Wegen – in Afghanistan als Bundeswehrsoldat stirbt und sich die ehemaligen Skate-Kumpels auf seiner Beerdigung wieder treffen, bietet das den Rahmen, um die Geschichte von Panik und des DDR-Rollbrettfahrens nachzuerzählen.

This Ain’t California beeindruckt nicht nur mit seinen skurillen, kuriosen Szenen aus der alten DDR, aus deren Einheitsgrau die Neon-Skater nicht nur visuell herausstachen, sondern auch als ein politisches Statement für Freiheit, Jugend und Unangepasstheit. Auch wenn die Rahmenhandlung des Schwelgens in Erinnerungen am Lagerfeuer nach der Beerdigung von Panik etwas hölzern erscheinen mag und natürlich in diesen Szenen der Pathos kübelweise auf dem Rollbrett herangekarrt wird, ist This Ain’t California eine fesselnde, bewegende Doku über eine untergegangene Szene und einen verloren gegangenen Menschen.


3. Der beste Moment:

Wenn die Szene von ihren frühen Tagen am Alexanderplatz in Berlin erzählt und schnell für den Zuschauer greifbar wird, wie anders die Skater in der DDR gewirkt haben müssen.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Wer melancholische Filme über Unangepasstheit und das Aufbegehren schätzt.



* Regie: Marten Persiel
* imdb
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Young & Wild (Regie: Marialy Rivas)

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qvBmWmtimrY[/youtube]

1. Der Film in einem Satz:

Sex 2.0



2. Darum geht‘s:

Die junge Daniela schreibt ein Blog, in dem sie ausführlich und offenherzig von ihrer sexuellen Erfahrungssuche berichtet Die experimentierfreudige junge Dame hält sich nicht zurück, wenn es um attraktive Männer (oder Frauen) geht. Dumm nur, dass sie auf eine erzkatholische Schule geht und ihre Eltern Sex vor der Ehe für schlimmer als Massenmord halten.
Als Daniela wegen einer sexuellen Eskapade von der Schule fliegt, wird sie von ihrer Mutter zur Arbeit in einem religiösen Fernsehsender verdonnert – wo sie aber gleich mal ihre nächsten beiden Geschlechtspartner kennenlernt…

Young & Wild ist kein platter Sexfilm, wie man nach der Beschreibung denken könnte, sondern ein mutiges und wildes Pladoyer für die Freiheit der Jugend und gegen Bevormundung. Dabei arbeitet Young & Wild mit einem sehr stilsicheren Auftreten und unkonventionellen Einfällen wie Animationen in Zwischensequenzen oder der schönen Idee, jeden “Blogeintrag” – also jedes Filmkapitel – in der Folge von “Lesern” kommentieren zu lassen, indem wir Zuschauer sehen, was unter dem Blogeintrag gepostet wird und gleichzeitig – wie aus dessen Computer heraus – in das Wohnzimmer des “Postenden” schauen können.
Gegen Ende verliert der Film an Dringlichkeit, weil kein rechter Endpunkt zu erkennen ist und das Drama, auf das es letztendlich zuläuft, dann doch recht konventioneller Art ist: für wen wird sich Daniela entscheiden, für Sie oder für Ihn? Aber bis dahin überzeugt “Young & Wild” vor allem mit seinem frechen Auftreten!



3. Der beste Moment:

Das Wissen, dass diese Geschichte auch noch wahr ist und tatsächlich ein Blog einer Tochter aus erzkatholischem Hause Vorlage für den Film war. Ironie der Geschichte: wie die Blogschreiberin nach dem Film erzählt hat, ist ihr jüngerer Bruder nun von der gleichen Schule geflogen, weil sie ihre Erfahrungen in “Young & Wild” verfilmen hat lassen…



4. Diese Menschen mögen diesen Film:

Wer freche, wilde, mutige Filme mag – und Sex lieber als Religion hat.



* Regie: Marialy Rivas
* imdb

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