vonChristian Ihle 18.12.2012

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Dienstag, 18.12.

Das Fenster zum Hof, 3sat, 22.25





Es gibt wohl nur wenige Regisseure, die eine solche Breitenwirkung hatten wie Alfred Hitchcock. Unter den unzähligen hervorragenden Thrillern (und einer handvoll Komödien) Hitchocks stechen vier noch besonders heraus: Psycho, Der unsichtbare Dritte, Vertigo und Das Fenster zum Hof. Letzterer ist nicht nur ein wunderbar ökonomischer, minimalistischer Krimi, sondern gleichzeitig noch eine Abhandlung über das Sehen, Beobachten, Studieren von Bildern – also im Grunde über das, was wir Zuschauer machen, wenn wir einen Film schauen.



Alternative: Little Miss Sunshine, ARD, 0.50 Uhr

Was ich nie vestehen werde: warum Filme, die schon im Kino bewiesen haben, dass sie eben nicht nur für ein Nischenpublikum gemacht sind, zu Ultranischenzeiten auf den Öffentlich-Rechtlichen versendet werden. Was spricht denn dagegen, die brav-verrückte Indiekomödie „Little Miss Sunshine“ wenigstens mal um 22.00 Uhr auszustrahlen?



Mittwoch, 19.12.

Schatten der Vergangenheit, Arte, 20.15


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Angefangen hatte Kenneth Brannagh als tosend umjubelter Shakespeare-Regisseur und -Darsteller. „Schatten der Vergangenheit“ war 1991 einer seiner ersten Schritte in Richtung leichtere Muße, hier mit einem schön vertrackten Thriller über Amnesie und Identität. Heute spielt Brannagh „Wallander“ und dreht „Thor“ – angekommen im leichten Fach, muss man das wohl nennen.


Alterntive: Der Mann, der zuviel wußte, 3sat, 22.25 Uhr

Und noch mal Hitchcock: „The Man Who Knew Too Much“ ist das US-Remake seiner eigenen britischen Vorlage von 1934 und hat vor allem aus zwei Gründen Weltruhm erlangt: für die zwölfminütige Filmsequenz in der Royal Albert Hall, die ohne ein einziges gesprochenes Wort auskommt und aus 124 Einstellungen besteht, und natürlich für Doris Days „Que Sera, Sera – Whatever Will Be Will Be“…


Donnerstag, 20.12.
Vertigo, 3sat, 22.25





Sorry, Hitchcock zum Dritten. Aber wie soll man auch über Vertigo hinweggehen, hat Hitchcocks mehr als verwirrender Thriller von 1958 doch justament den Olymp erklommen und wurde in der berühmten Umfrage von „Sight & Sound“, die nur einmal alle zehn Jahre stattfindet, zum Besten Film Aller Zeiten erklärt. Was, um die historische Dimension dieser Wahl noch einmal zu verdeutlichen, die erste neue Nummer 1 seit sage und schreibe 50 (!) Jahren ist. Wer sonst immer zum Besten Film Aller Zeiten gewählt wurde? „Citizen Kane“, natürlich.
(Viele Details, Auswertungen und Statistiken zur Sight & Sound – Wahl gibt es übrigens hier)



Alterntive: Ronin, ZDF, 23.00

Ein topbesetzter, klassischer Actionthriller von 1998 im Stile der 70er, der vor allem durch seine Verfolgungsjagd bekannt wurde, die an die guten alten Bullitt-Zeiten erinnert. Bobby De Niro, Jean Reno, Sean Bean und, eh, Kati Witt jagen durch die Stadt als gäbe es kein Morgen mehr.


Freitag, 21.12.

Charade, ARD, 1.20


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Ein wunderbarer Klassiker der Sixties. Cary Grant und Audrey Hepburn liefern sich brillant geschriebene Wortgefechte (siehe obige Eröffnungssequenz zum Beispiel), bei denen vor allem die Schnippigkeit von Hepburn bezaubert. Dazu wird ein hitchcockesquer Plot aufgefahren, der sich dreht und wendet, wie es ihm gerade passt, aber immer mit der nötigen selbstironischen Distanz seine Krimigeschichte erzählt und nebenbei die wohl großartigste Orangen-Tanz-Sequenz der Filmgeschichte aufführt:


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=BeXSTFmHeA4[/youtube]


Muss man gesehen haben, mindestens einmal.



Alterntive: Der amerikanische Freund, 3sat, 1.15

Während uns Werner Herzog mit all seinen Schrullen ans Herz gewachsen ist, Rainer Werner Fassbinder in der Rückschau immer unfassbarer wird (soviel Quantität bei gleichzeitiger Qualität! Hat das JEMALS irgendein Regisseur hinbekommen?), gilt Wim Wenders eher als der öde Opa des Autorenfilmgenres, wenngleich er immer noch der Bekannteste der drei Großen sein dürfte. Für den „amerikanischen Freund“ holte sich Wenders Dennis Hopper als Verstärkung, um die gute alte „Ripley’s Game“-Geschichte von Patricia Highsmith zu erzählen – die bekannteste Verfilmung jüngeren Datums mit der gleichen Hauptfigur ist übrigens der Matt-Damon-Film „Der talentierte Mr Ripley“.



Samstag, 22.12.

A Scanner Darkly, Tele5, 0.20.


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Ein faszinierendes Filmexperiment von Richard Linklater, gedreht mit echten Schauspieler, doch im Folgenden übermalt, so dass ein ganz eigenes Bild zwischen Realität und Verfremdung entsteht. Eine ähnliche Technik hat Linklater auch schon vier Jahre früher in „Waking Life“ angewandt, in dem er Traumzustand und den Gedankenfluß visualisierte wie kaum jemand zuvor. „A Scanner Darkly“ beruht wie die Vorlage zu „BladeRunner“ auf einer Geschichte von Philip K. Dick.



Alternative: Pappa Ante Portas, ARD, 18.25.
Willkommenes Wiedersehen mit dem großen Loriot.



Sonntag, 16.12.

Donwton Abbey, ZDF, 17.05


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Ein auf einem britischen Landsitz spielendes Portrait einer Adelsfamilie mag auf den ersten Blick arg staubig klingen, doch die Kritiken aus dem Vereinigten Königreich sind so überschwänglich, dass sich sogar das Guiness Buch der Rekorde verleitet sah, der Serie einen Orden für „Highest critical review ratings for a TV show“ zu verleihen. Da sind wir baff, da schauen wir zu!
Geschrieben ist Downton Abbey übrigens von Julian Fellows, der auch schon das Drehbuch zum besten aller späten Robert-Altman-Filme, „Gosford Park“, verfasste und für dieses meisterhafte, spritzige Kostümdrama zurecht 2002 mit dem Script-Oscar ausgezeichnet wurde.
(Fortsetzung am 25. & 26. 12.)



Alternative: Tatsächlich… Liebe, RTL2, 20.15

Jaja, natürlich ist das Kitsch. Aber der bunte Reigen mit Alan Rickman, Heike Makatsch, Emma Thompson, Collin Firth, Martin Freeman und Liam Neeson hat andererseits ähnlich wie „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ (dessen Buch „Love Actually“-Regisseur Richard Curtis geschrieben hat) eben doch diese britische, leicht ironische Distanz zum Geschehen, die ähnlichen Kitschparaden aus Amerika oft abgeht. Ich will aber nicht verschweigen, dass es auch Menschen gibt, die „Love… actually“ vom Grund ihres Herzens aus hassen.

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