vonChristian Ihle 26.11.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1978 sollte Rainer Werner Fassbinder den deutschen Filmpreis für „Deutschland im Herbst„, den von ihm mit entworfenem Episodenfilm über die RAF-Zeit, erhalten. RW Fassbinder, streitbar wie eh und je, verwehrt sich aber dagegen, gerade für diese Arbeit einen „deutschen Filmpreis“ zu erhalten.

Im Rahmen der Ausstellung „Fassbinder JETZT“ im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt ist jener Absagebrief an den Filmverlag der Autoren zu lesen und erinnert daran, wie sehr eine Figur wie Fassbinder der hiesigen Kultur auch heute noch fehlt.


„Sehr geehrte Herren,

ich bitte Sie zur Kenntnis zu nehmen, dass ich den für den Film „Deutschland im Herbst“ oder dessen Konzeption oder was auch immer vergebenen Preis der Bundesrepublik Deutschland aus Gründen der Moral, die, wie ich sehr wohl weiß, natürlich auch ein Luxus ist, die Moral, ein Luxus, den man sich leisten können muss, und den ich mir trotzdem leiste, dass ich also kurz gesagt die Annahme dieses Staatspreises in diesem einen speziellen Fall verweigere.

Da eine Entscheidung wie diese, bliebe sie so ganz und gar ohne Öffentlichkeit, zu etwas wie einem ungedachten Gedanken verkäme, mein Beitrag aber „ungedacht“ ein verkommener wäre, muss ich freundlich, aber entschieden fordern, dass von dem oder denen, die für „Deutschland im Herbst“, übrigens völlig zu Recht, einen Preis des Staates entgegennehmen, folgender Satz verlesen wird: „Rainer Werner Fassbinder lehnt die Annahme eines Bundesfilmpreises im Falle des Filmes „Deutschland im Herbst“ für sich, seinen Beitrag, und seinen Beitrag zur Konzeption dieses Films ab.“ Ich bitte Sie höflich, mir schriftlich die Durchführung dieser Angelegenheit meinem Wunsche entsprechend zu bestätigen.


Mit freundlichen Grüßen
Rainer Werner Fassbinder


Kopie mit gleicher Post an Kluge.“




Christian Geyer zitiert in seiner Besprechung der Fassbinder-Ausstellung in der FAZ auch einen Vertragsentwurf von Fassbinder für seine Schauspieler im Film „Die dritte Generation“:

„Auf ausdrücklichen und dringlichen Wunsch R.W.F.’s werden Hanna Schygulla, Günther Kaufmann und Claus Holm voll ausbezahlt – und wenn er hierfür eine Bank ausrauben müsste“.


….und folgert daraus: „Geld her oder Leben – wer, denn nicht Fassbinder, dieser durch und durch unsichere Kantonist, hätte das für seine Filme tatsächlich gerufen.“
(Christian Geyer in der FAZ)

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