vonChristian Ihle 04.07.2014

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Der Film in einem Satz:


London, Indie, NME: der Traum eines jeden Kleinstadtjungen!


2. Darum geht‘s:


Dixie, Musikfreak und Indie-Nerd aus Wales, entdeckt im Internet eine junge Combo namens „Premature Gratulations“ und setzt sich in den Kopf, Manager der Brit-Pop-Band zu werden. Mit Freundin (Vicky McClure, die Lol aus This Is England) und dem Sparbuch geht es naiv und voller Vorfreude nach London, um dort im Haifischbecken Musikbusiness schwimmen zu lernen. Mit Seepferdchen-Grundausbildung.

Natürlich reicht das Geld nicht, wimmelt es bei den Plattenfirmen von blasierten Koksnasen auf der Suche nach dem nächsten geilen Ding, treibt man sich in Shoreditch rum und streitet sich die Band kurz vor dem Durchbruch um Klamotten und Girls…


[youtube]https://www.youtube.com/watch?v=4a-6Sx-bRvw[/youtube]


Was „Svengali“ (der englische, eigentlich eher derogative Slang für Musikmanager) zeigt, ist selbstredend nichts neues und auch nicht mit dem Händchen eines Meisters wie Michael Winterbottoms „24 Hour Party People“ umgesetzt, überwältigt aber mit der Liebe zu seinem Sujet. Hauptdarsteller Jonny Owen hat das Drehbuch zu „Svengali“ geschrieben – was ursprünglich nur als Web-Miniserie angelegt war. Dass der Ursprung des Films in „Webisodes“ liegt, ist seinem dramaturgischen Bogen immer noch anzumerken, sind die Figuren und ihre Entwicklung oft doch nur skizziert statt ausformuliert.
Doch „Svengali“ macht seine Ungeschliffenheit und, ja, auch geringe Originalität durch seine Begeisterung wett. Man spürt in jeder Sekunde, dass „Svengali“ ein Herzensprojekt ist – wofür eine erstaunliche Riege an großen Namen gewonnen werden konnte: Alan McGee, Ex-Chef von Creation Records, Entdecker von Oasis und späterer Manager der Libertines, spielt sich selbst als guten Geist, der immer wieder auftaucht, um daran zu erinnern dass es kein richtiges Leben im Falschen gibt, Carl Barat von den Libertines hängt in Hoxtons Hipsterbecken Old Blue Last ab, um dort spontan die Konzertansage für die fiktive Band des Films zu übernehmen, Martin Freeman spielt einen alten Mod, der als Plattenladenbesitzer all die anderen Nicht-Ganz-Mods anraunzt… Jonny Owen konnte für die Verfilmung seines ersten Drehbuchs spielfreudige Stars gewinnen, die sich von seinem Enthusiasmus haben mitreissen lassen – wie wir Zuschauer letzten Endes!

„Svengali“ ist eine kleine Indie-Geschichte über eine Indie-Band, filmisch sicherlich nicht ausgereift, dafür aber mit Liebe und Begeisterung erzählt.



3. Der beste Moment:





Alan McGees Auftritte sind wunderlich wie wunderbar und bei allem oberflächlichen Spaß steckt unter der Oberfläche durchaus auch eine Kritik. Und zwar nicht nur am einfach zu treffenden Ziel der Musikindustrie, sondern auch am Prinzip des Hypes, an den Absonderlichkeiten der Musikwahrnehmung: dass der Wirbel wichtiger wird als der Song.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer je ein Herz für England, London, Indiepop hatte, kann sich dem Charme des Films wohl kaum entziehen.


* Regie: John Hardwick
* imdb

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