Brian Jonestown Massacre – Musique de film imaginé
Die zwei größten Klischees des Musikreview-Journalismus: die Rezeptanalogie (“man nehme die Songwriterfähigkeiten der Beatles, mische diese mit den Gitarrenlicks der Rolling Stones und würze das Ganze mit einer Prise Beach-Boys-Harmonien…”) und die Behauptung, diese oder jene Platte sei wie der Soundtrack zu einem noch nicht gedrehten Film.
Anton Newcombe und sein Brian Jonestown Massacre fordern nun Feststellung Nummer Zwei geradezu heraus, sind doch auf der, ja, “Musique de film imaginé” betitelten neuen Platte praktisch ausschließlich Instrumentals zu finden, die sich tatsächlich zur Untermalung von Bewegtbildern eignen würden. Auf eigene Vocals verzichtet Newcombe diesmal und holt dafür zwei überraschende Gäste ans Mikrofon: sowohl die französische Singer/Songwriterin SOKO als auch die italienische Film-Regisseurin und Schauspielerin Asia Argento verschieben die Koordinaten in den reich instrumentierten und brodelnden Songs in Richtung Chanson.
Newcombe zeigt damit einmal mehr, dass er zu den unberechenbarsten Figuren der Musikszene gehört: war sein letztjähriges Album “Revelation” das konziseste und – im besten Sinn – zugänglichste Album von Brian Jonestown Massacre in einer Dekade (man höre nur noch mal den Hit “Ved Hände Med Dem“, für den Tame Impala morden würden), kehrt er nun mit einem Werk zurück, das sich fast gänzlich gängigen Rock-Kriterien verweigert und selbst im weit gefächerten eigenen Werkbereich eine neue Seite aufschlägt.
Gurr – Furry Dream EP
Drei Mädels aus Berlin mit einer Liebe zur Garage. Schön schrammelig bewegen sich Gurr zwischen den Garage Rock – Vorbildern der 60er und ihrer Riot Grrrl – Entsprechung aus den 90ern und erinnern doch am stärksten an britischen Punk und Post-Punk der späten 70er, frühen 80er. Wenn Gurr naive Jingle-Jangle-Gitarren und geschrieene Vocals zusammenbringen, wer kann da nicht an die legendären Raincoats denken, jene Kurt-Cobain-Faves, die den Brückenkopf zwischen The Shaggs und Bikini Kill bildeten?
Wer dank des hervorragenden, kürzlich veröffentlichten Comeback-Albums von Sleater/Kinney wieder Lust auf wilde Bands mit Riot Grrrl – Gen bekommen hat: bei Gurr kann man die nächste Generation heranwachsen sehen
[…] Dass eine deutsche Gitarren-Band im englischsprachigen Ausland für Aufsehen sorgt, kommt wirklich nur alle Jubeljahre vor. Bei der Berliner Band Gurr kam kurioserweise sogar die Anerkennung zuerst im Ausland, dann zuhause. Während hierzulande das Gurr-Debüt-Album zunächst eher wenig Beachtung fand, spielte BBC Radio Gurrs Lieder und wurde vor allem die Single „Moby Dick“ auf amerikanischen Tastemaker-Blogs wie Stereogum immer wieder gefeatured (wir hatten Gurr bereits ein Jahr vor dem Debüt-Album mit der wunderbar ungehobelten ersten EP vorgestellt). […]