Endlich mal *den* Klassiker im Fassbinder-Werk nachgeholt. Ein wirklich sehr klassischer RWF-Film, mit all den theaterhaften Schauspielleistungen und der an Douglas Sirk geschulten Melodramatik, die wiederum den Film im Kontrast zu den immer etwas stockend wirkenden Darstellungen setzt.
„Angst essen Seele auf“ ist auf jeden Fall ein leichterer Einstieg ins Fassbinder-Werk als zum Beispiel „Die Bitteren Tränen der Petra von Kant“, weil mit gut 90 Minuten wirklich straff inszeniert und die Emotionen ganz nach vorne gekehrt.
Hier muss man nicht auf Seelensuche gehen, warum all die Menschen so unglücklich, gemein, abscheulich und im Ganzen unausstehlich sind, sondern hier wird’s beinah didaktisch herausgestellt. Das könnt‘ man auch als Kritikpunkt nehmen, denn Fassbinder zeigt schon klar, wo seine Sympathien liegen – sicher nicht beim Durchschnittsdeutschen, der sich über den Anderen das Maul zerreisst.
In der zweiten Hälfte nimmt „Angst essen Seele auf“ aber dann doch noch eine interessante Wendung, die sich vorher so nicht abgezeichnet hatte und gesteht auch den Hauptfiguren ihre Schwächen zu. Am Ende ist die Fassbinder’sche Erzählweise für 2019 natürlich immer etwas gewöhnungsbedürftig, aber man braucht schon ein Herz aus Stein, um von Brigitte Mira bei ihrem Schlußtanz und dem -satz „Wenn wir zusammen sind, dann müssen wir gut sein zueinander, sonst ist das ganze Leben nichts wert“ nicht gerührt zu sein.
P.S.: fantastisch ist übrigens neben Mira auch Walter Sedlmayr als rassistischer Tante-Emma-Laden-Besitzer, der sich von seiner Frau überreden lässt, dem Geschäft zuliebe dann auch mal den Rassismus hintenanzustellen. Das ist einfach wunderbar gespielt von Sedlmayr, mit einer rauen Echtheit, die man sonst in Fassbinder-Filmen eher nicht zu sehen bekommt.