vonChristian Ihle 23.02.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Kill Boksoon (Regie: Byun Sung-hyun)

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Wenn John Wick eine südkoreanische Mama wäre, die zu Hause um den Zusammenhalt mit ihrer Teenagertochter ringt:
Gil Boksoon (Spitzname „Kill Boksoon“, aus Gründen) ist die Meisterkillerin einer Untergrundorgansation, die sich strenge Regeln gesetzt hat, wer wann welchen Auftrag erfüllen darf. Als sich Boksoon einer Regel widersetzt, heißt es: Eine gegen Alle.

Die Netflix-Produktion ist flott erzählt (wenn auch unnötig überlang: für die Geschichte benötigt es wirklich keine 2 Stunden 20), randvoll mit raffinierten Kameratricks und hat in Jeon Do-yeon eine sehr charismatische Hauptdarstellerin. Auch wenn „Kill Boksoon“ ganz offensichtlich mehr sein möchte als nur ein John Wick mit Twist und so seine Storyline mit Issues vollstopft, erreicht Regisseur Byun Sung-hyun nicht die Tiefe der Filme von Park Chan-Wook.

In seinen gut inszenierten Actionmomenten (ein phänomenaler Schlußfight!) ist „Kill Bookson“ aber ein Hingucker und doch mitreissender als die sich gern in öder Ballerei verlierenden John-Wick-Movies.

Bad Living (Regie: João Canijo)

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Bad Vibes in „Bad Living“. Die hier durchgespielten Mutter-Tochter-Beziehungen schlagen an Toxizität sämtliche Beziehungssezierereien dieser Berlinale.

So viel aufgestauter Hass, der sich nur im Getuschel hinter dem Rücken anderer – dabei aber immer in Hörweite! – Luft verschaffen kann! Aufgrund seiner überwältigenden Negativität schon wieder in Ansätzen beeindruckend, aber auch höllisch anstrengend für eine 22 Uhr-Vorstellung.

Hell is other family.

The Temple Woods Gang (Regie: Rabah Ameur-Zaïmeche)

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Ein pensionierter Scharfschütze lebt in den Banlieues von Paris, wo eine lokale Amateur-Gang den Konvoi eines arabischen Prinzen ausrauben will. Als der Prinz nach dem Überfall die Kleinganoven zur Rechenschaft zieht, übt der Ex-Soldat Vergeltung.

In einer anderen Welt, nennen wir sie Hollywood, wäre Liam Neeson der pensionierte Scharfschütze. Nach dem Heist und der folgenden Bestrafung würde sich der Film eine Stunde lang der Vergeltungsaktion Neesons widmen.
„Le Gang des Bois du Temple“ dagegen nimmt sich viel Zeit, das Zusammenleben in der Banlieue zu entwickeln und zeigt, wie gerade im sozialen Druck Ersatzfamilien entstehen. Ob Rabah Ameur-Zaïmeche ausführlich die Beerdigung einer Oma zeigt oder später Gespräche im Eckcafé, die Bewohner werden so mehr als nur die Kleinganoven, die sie in ihrer Hollywood-Version wären.

„Le Gang des Bois du Temple“ wirkt gelebt, echt, wie eine Scheibe Leben in der Banlieue, so dass der Raub und die folgenden Gewalteskalationen fast mehr Beiwerk denn Plotmotor sind. Aufgrund der Vorhersehbarkeit der Geschichte hätte vielleicht das Anziehen der Spannungsschraube gut getan, aber Ameur-Zaïmeche geht es offensichtlich nicht darum, einen Thriller zu erzählen, sondern vom Leben in einer Hochhaussiedlung und dem Kitt, der eine Gesellschaft zur Gemeinschaft werden lässt.

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