vonChristian Ihle 13.11.2023

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Dogman (2023, Regie: Luc Besson)
Im Kino

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Luc Bessons „DogMan“ ist die Caleb Landry Jones – Show, der hier einen vom Leben geprügelten, cross-dressenden Mann spielt, der lieber mit Hunden lebt als sich mit Menschen abzugeben. Besson gelingen einige tolle Szenen und ein überwältigendes Ende, aber leider hat mich „DogMan“ vorher schon so verloren, dass dieser opernhafte Schluß bei mir für die Katz war (scnr).

Das beginnt schon mit der grundlegenden, lahmen Konstruktion des Films, der als Framework eine Unterhaltung in einer Zelle hat, von der aus verschiedene Rückblicke angesteuert werden.
Kurzzeitig wirkt „DogMan“ wie die Origin-Story eines wirklich weirden Superhelden, verliert daran aber schnell das Interesse und wird im Viertelminutentakt zu einem neuen Film: Elendsporno, Heist-Movie, Queer-Hymne, Action-Shootout, Epiphanie…

Ich schätze ja durchaus, dass Besson so viele Ideen und Ansätze in diesen Film wirft und eine große ungewöhnliche Ballade erschaffen will, nur führen diese disparaten Elemente nicht zu einem großen Ganzen.

Schade, die Performance von Caleb Landry Jones hätte einen gelungeneren Film verdient. (4/10)

Joyland (2022, Regie: Saim Sadiq)
Im Kino

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Der progessive pakistanische Film „Joyland“ wirft einen Blick auf die patriarchalen Strukturen seines Heimatlandes und befasst sich en passant mit der Unterdrückung von Minderheiten.

Der Slacker Haider lebt in den Tag hinein, während seine Ehefrau Mumtaz – aus einer Zwangsheirat – in ihrem Job aufgeht. Als Haider dann letztlich doch eine Anstellung findet, muss Mumtaz auf Drängen der Familie ihren Beruf aufgeben. Dass Haider in einem erotischen Theater als Backgroundtänzer nun seine Brötchen verdient, ist der Familie allerdings nicht bekannt, und so spitzen sich die Unglücklich- und Heimlichkeiten immer mehr zu.

In dieser Plotline ist „Joyland“ stark und zeigt die Folgen eines auf den Mann zentrierten Systems geschickt und subtil genug auf, um nicht mit dem Zeigefinger-Vorschlaghammer zu kommen. Was allerdings aus meiner Sicht Saim Sadiqs Debüt unnötig arg zu einem „Issues-Movies“ macht, ist eine zweite Storyline, in der sich Haider auch noch in die Transperson aus seinem Theater verliebt – es mag zwar für einen pakistanischen Film bemerkenswert und löblich sein, dieses Thema mehr beiläufig aufs Tablett zu bringen und gerade nicht zum zentralen Konflikt zu stilisieren, führt aber auch dazu dass „Joyland“ länger läuft als nötig und zwischendurch seinen Fokus verliert. (6/10)

Angel Has Fallen (2019, Regie: Ric Roman Waugh)
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Die „…has fallen“-Reihe ist ein Throwback zu den Actionfilmen der 80er/90er und abgesehen vom größeren Budget auch nicht weit davon entfernt, was Bruce Willis in den letzten Jahre in die letzten Regale deiner Videothek gestellt hat.

Ist mir schon klar, dass ein solcher Actionfilm jetzt kein total ausgeklügeltes Drehbuch benötigt, aber, bittschön die Herren, etwas Sinn und Verstand wär schon ganz nett. Der ganze Masterplan um ein Präsidentenattentat ist so hirnrissig mit Kanonen auf Spatzen schießend, dass er schon vor der Auflösung des Bösewichts (was SEHR früh telegraphiert wird) absurd wäre. Wenn dann in einem zweiminütigen Nachklapp der große Hintermann lachhaft lapidar aufgedeckt wird, fragt man sich schon mal, woher denn das ganze Geld, die große Macht und die absurden Winkelzüge des Plans gekommen sein mögen. (4/10)

Der Tod kennt keine Wiederkehr / The Long Goodbye (1973, Regie: Robert Altman)
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Der kauzige Onkel von so schrulligen Filmen wie „Inherent Vice“ oder „Under the Silver Lake“ – eine verwirrende Detekivstory durch Los Angeles, die mehr Interesse an den Abzweigungen als am Ziel hat.

Robert Altman verfrachtet hier Raymond Chandlers Philip Marlowe (Bogart in „The Big Sleep“) in das Kalifornien der 70er, das gleichermaßen von Counter Culture geprägt ist wie Polizei und Mob die Gegend immer noch im Griff haben. Leider ist der Subtext bzw. dieses Spiel mit den Gegensätzen auch das Interessanteste an „The Long Goodbye“, der sonst wenig hat, was mich fesseln könnte. Wie schon bei David Robert Mitchells offensichtlicher „…Goodbye“-Verbeugung „Under The Silver Lake“ habe ich auch zu Altmans Irrfahrt durch Los Angeles keinen Zugang gefunden. (4/10)

Onoda: 10,000 Nights in the Jungle (2021, Regie: Arthur Harari)
bei den üblichen Plattformen zur Leihe

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„Onoda – 10.000 Nächte im Dschungel“ erzählt die wahre Geschichte eines japanischen Soldaten, der 30 Jahre im Dschungel einer kleinen Südseeinsel sein Heimatland im zweiten Weltkrieg verteidigt hat, auch wenn der große Krieg schon seit vielen Monden beendet war.

Regisseur Arthur Harari fächert in Rückblenden in der ersten Hälfte des langen Films schön auf, wie in Onoda ein Mindset entstehen konnte, das an ein Ende des Kriegs gar nicht mehr glauben wollte (oder konnte). Hatari deutet den familiären Druck und die gehirnwäscheähnliche Ausbildung als Guerilla-Kämpfer an, die Onoda so formten, dass dieses für Außenstehende ja nicht nachvollziehbare Verhalten greifbar wird.

Die zweite Hälfte der ‚10.000 Nächte im Dschungel‘ fühlen sich allerdings zuweilen auch genau wie der Titel an und lassen Hataris Film in ein eher konventionelles Survival-Biopic gleiten. (6/10)

Models (1999, Regie: Ulrich Seidl)
auf mubi

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„Models“ folgt drei jungen Damen auf ihren ersten Schritten in die Modewelt – wer jetzt aber an Glanz & Glamour denkt, wird von Seidl natürlich schief gewickelt. Statt den beiden großen G gibt es die drei K: Koksen, Kotzen, Kreischen.

1999 war Seidl vielleicht noch nicht der ganz große Stilist dieser Tage, aber die Fähigkeit, einen Film praktisch unerträglich zu machen, hatte er bereits damals.

Wie so oft bewegt sich Seidl auch bei „Models“ irgendwo zwischen Dokumentation und Fiktion. Soweit ich das beurteilen kann, diesmal allerdings mit mehr Gewicht auf einer geschriebenen Geschichte, die lediglich mit den Mitteln des Dokumentarfilms abgebildet wird. Umso bemerkenswerter ist die unverstellte Natürlichkeit von Viviane Bartsch in der Hauptrolle, die sich in diese Szenerie mit Schmäh und Aufsteigerwillen hineinwirft. Spätestens bei der langen, langen Sequenz von Bartsch mit dem real existierenden Playboy-Fotografen Peter Baumann (in einer österreichischen Kritik schön und treffend als „ungustiöser Kotzbrocken“ betitelt) erreicht „Models“ dann einen Moment, der kaum mehr anschaubar mehr ist.

Die große Frage bei Seidl bleibt ja oft, wen er hier bloß stellen will – und wirken auch die Models selbst nicht wie bedauernswerte Opferlämmchen, gilt die Kritik Seidls aber doch dem System, das junge Frauen in den Fleischwolf schickt. (6/10)

Willard (1971, Regie: Daniel Mann)
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Ein junger Büroarbeiter wird von seinen Kollegen und Chefs gemobbt, fühlt sich von der eigenen Familie missverstanden und unter Druck gesetzt und findet so letztlich nur bei den im Keller hausenden Ratten echte Freunde.

„Willard“ ist ein recht zahmer Tierhorror, schriekt man nicht schon bei bloßer Rattensichtung innerlich auf. Regisseur Daniel Mann gelingt allerdings, die Ratten als Sympathieträger zu zeichnen und eben nicht als Bedrohung von außen. In der Frage tierische Ratte vs. menschliche Ratte (Ernest Borgnine, der den unerträglichen Chef wirklich meisterhaft wie eine wandelnde Zumutung spielt) sind die Zuschauer-Zuneigungen klar verteilt. Deshalb finde ich auch das Ende nicht wirklich überzeugend, denn warum sich Willard letztlich gegen seine Ratten stellt, wurde mir nie klar. (5/10)

Wire Room (2022, Regie: Matt Eskandari)
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Einer der dümmsten Filme, den ich seit langer Zeit gesehen habe. WIrklich keine Figur in diesem Film trifft menschenähnliche Entscheidungen und dazu tänzelt ständig der Erklärbär durch das Drehbuch.

Allein schon die Eröffnungssequenz in Slo Mo… Tipp: wenn ihr schon keine guten Actionszenen mit vernünftigen Tricks inszenieren könnt, wird das ganze Versagen noch deutlicher, wenn ihr die Sequenz in Langsam abspielt. (1/10)

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