Dune: Part Two (2024, Regie: Denis Villeneuve)
im Kino
„Dune 2“ auf einer 600 qm großen Leinwand in der Höhe eines siebenstöckigen Hauses 35 Meter unter der Erde zu erleben, ist ein angemessenes Umfeld für dieses Überwältigungskino der besonderen Art, denn Villeneuves zweite Erzählung zum „Dune“-Komplex kommt immer dann zu sich, wenn sie Bild wird und nicht Wort ist.
Zwar mag „Dune 2“ bei analytischem Blick genug Ansatzpunkte für Kritik bieten, aber am Ende plättet diese Größe einfach im besten Sinn. Villeneuve gelingt in seiner „Dune“-Weitererzählung, woran all die Blockbuster und Superheldenfilme der letzten Jahre scheiterten. In eine fantastische, überlebensgroße Geschichte Ernsthaftigkeit und Anfassbarkeit zu bringen, ist notwendig für die Immersion. Deshalb ist selbst eine Dauer von gut 170 Minuten nie lang, weil immer miterlebt.
Dass „Dune 2“ dennoch manchmal, gerade im letzten Drittel bei der Entwicklung von Paul Atreides, zu sprunghaft wirkt und sich auch mehr Zeit nehmen könnte, die politischen Winkelzüge klarer zu ergründen, ist ein Argument für mehr Länge, nicht für kürzere Spielzeit.
Die Bilder-Kraft ist nicht mehr ganz bei der Brutalismus-Schönheitsparty des ersten Teils, was natürlich auch daran liegt, dass „Dune 2“ hauptsächlich in einer Wüste spielt, die wenig visuellen Einfallsreichtum ermöglicht. Wechselt Villeneuve auf andere Planeten, insbesondere zur Faschismusfeier der Harkonnen, entwirft er wieder diese so beeindruckenden Größen, auch wenn das Echtheitsgefühl des ersten Teils zuweilen verloren geht und zuviel CGI um die Betonkanten lugt.
Trotz einiger Lücken und Problemchen reisst „Dune 2“ aber mehr mit als der erste Teil, der im Grunde eine einzige lange Hinführung auf die Geschehnisse dieses Sequels war und nie die Struktur einer Exposition abschütteln konnte, sondern großartige Setpieces zwischen gleichförmige Dramaturgie platzierte. „Dune 2“ dagegen steuert auf einen lange vorbereiteten Klimax zu und endet dennoch offen genug, dass ich sofort nach einem dritten Teil verlangen möchte. (8/10)
American Fiction (2023, Regie: Cord Jefferson)
auf Amazon Prime
Mit scharfen Dialogen geschriebene Dramödie um Kunst, Rassismus und Tod.
Der Schwarze Professor Thelonious Ellison (toll: Jeffrey Wright) wird beurlaubt, weil eine weiße Studentin ihn nicht achtsam genug gegenüber rassistisch konnotierten Wörtern empfindet, und sein Buchprojekt scheitert, weil zu anspruchsvoll, verkopft – und zu wenig „Schwarz“. Als er aus innerem Protest ein Buch schreibt, das aus Kitsch und Klischees über das Leben als Schwarzer besteht, wird er dagegen für Buchpreise nominiert und mit hohen Summen bedacht. Parallel dazu muss er mit einem überraschenden Tod in seiner Familie klarkommen und Verantwortung übernehmen.
Die Kultur-Satire ist dank gut geschriebener, sorkin-esquer Dialoge auch bei etwas offensichtlichem Ziel sehr amüsant, weniger konnte ich mit der Familientragödienseite von „American Fiction“ anfangen. (6/10)
Priscilla (2023, Regie: Sofia Coppola)
auf mubi
„Priscilla“ weist die alten Coppola-Stärken auf: ein Händchen für Style und den besten Musikgeschmack. Wie sie hier im Soundtrack zeitgenössische Songs („Forever“ von The Little Dippers oder Dolly Partons Original zu „I Will Always Love You“) mit einem modernen Take auf Krautrock kombiniert (Dan Deacons „Crystal Cat“ und Spectrums „How You Satisfy Me“) ist so toll, dass ich nur noch Stereolab vermisse.
Dass ich mich allerdings so an den Soundtrack klammere, hat auch damit zu tun, was Sofia mit „Priscilla“ erzählen will. Die eh schon schwierige Geschichte um eine Liebelei aus dem immer noch jungen Elvis (25) mit der zu jungen Priscilla (15) wäre schon schwer zu vermitteln, will man nicht einen reinen Anklage-Film fabrizieren (dem sich Coppola verweigert), aber die absolut null vorhandene Chemie zwischen Cailee Spaeny & Jacob Elordi verunmöglicht das Unterfangen gänzlich.
Auch wenn Elordi aussieht, als hätte man den ersten Elvis nach ihm geschnitzt, gelingt ihm im Tandem mit Coppolas Regie das eigentlich Nichtzudenkende: Elvis als einen öden, charismafreien Langweiler vor dem Herrn darzustellen. Fehlt nur, dass er noch mit Brille im Bett Bücher lesen würde, während Priscilla geil neben ihm schmachtet! Ach halt doch, genau solche Szenen machen Coppolas Film aus.
Elvis The Pelvis, my ass. (5/10)
WarGames (1983, Regie: John Badham)
auf Amazon Prime
Stark in seiner sehr frühen Hacker-Geschichte, weniger überzeugend in der Weltkriegseskalation, die darauf folgt.
Letzteres ist in anderen Filmen wie „Fail Safe“ deutlich mitreissender und bei weitem realistischer dargestellt worden (dass hier der junge Matthew Broderick und seine Freundin ständig im War Room rumhüpfen, kratzt dann schon am „suspension of disbelief“).
Ganz interessant ist, dass 40 Jahre nach Erscheinen von „WarGames“ durch das anbrechende AI-Zeitalter der Film eine größere Relevanz wiedererlangt und damit die Ängste, die dem Film zugrundeliegen, wahrscheinlich nachvollziehbarer werden als irgendwann sonst in den letzten Jahrzehnten.
Fun Fact: das erste „Internet Cafe“ Deutschlands in Fürth ist nach einem „Spiel“ aus „WarGames“ benannt: „Falcon’s Maze“ (6/10)
God Told Me To (1976, Regie: Larry Cohen)
In seinem ersten Drittel ein irre starker Film, der Attentate in einer amerikanischen Großstadt mit so rauhen Bildern einfängt, dass er fast dokumentarisch wirkt. Wohin sich „God Told Me To“ in der Folge entwickelt, ist dann so crazy, dass man schon wieder Respekt haben muss, auch wenn gerade diese so einnehmende Dringlichkeit des Echten durch die Absurdität der folgenden Plot-Entwicklung konterkariert wird.
Dennoch ein sehr sehenswerter, ziemlich durchgeknallter Polizei-Mystery-Film. (7/10)
The Unknown (1927, Regie: Tod Browning)
auf Plex
Erstaunlicher Stummfilm, dem es gelingt, eine wirklich aberwitzige Story mit tiefen Emotionen zu vereinen.
Die Geschichte: ein Zirkusartist ohne Arme, der aber eigentlich Arme hat, lässt sich die Arme amputieren, um seine Liebe zu gewinnen (und einige Morde zu vertuschen).
Die Tragik, die Lon Chaney in diese Figur legt, ist wirklich bemerkenswert. Wie er hier einen Fuß-Messer-Werfer spielt, der nonchalant auch die Beine zum Rauchen nimmt, aber nie zu einer Karikatur wird, sondern immer den von Liebe getriebenen, aber auch hinterhältigen Charakter gibt – irr. (7/10)
State of Play (2003, Regie: David Yates)
zur Leihe bei AppleTV
Komplexe britische Polit/Journalismus/Conspiracy-Serie, die später mit Russel Crowe auch in einen ordentlichen Spielfilm überführt wurde. Leidet allerdings stark an seinem Früh-2000er-TV-Look und einem recht unerträglichen Drum-Electro-Score. Gut besetzt mit den sehr jungen James McAvoy & Benedict Wong sowie den immer verlässlichen Bill Nighy & Kelly Macdonald.
Nicht ganz so stark wie erhofft, aber ambitioniertes Fernsehen. (6/10)