vonDetlef Berentzen 06.06.2013

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Von wegen Grenzüberschreitung: Es tat immer gut, Grenzen zu überschreiten, vor allem die italienische. Ich brauchte diese Grenze. Der erste Espresso, ein panino dazu. Immer  war da dieses Aufatmen, du hattest dieses tiefgefrorene Deutschland hinter dir, ob du nun über den Brenner kamst, über Ventimiglia oder über den Maloia, alle Wege führten nicht nach Rom, sondern mich in die Emilia Romagna: Bologna. Modena. Giuseppe Verdi. Parmaschinken und Loris Malguzzi mit seiner „scuola infanzia“. Hier fühlte ich mich grenzenlos. Dehnte mich aus. War daheim. Und hatte sie längst gefunden, trotz aller Schlagbäume, all die Freunde: Luisa, Lella, Bruno, Franca, Tanja, Giulio, Tonio, Gigi…. Italiener eben, die man heute gleichmachen will, europäisch, marktgerecht außerdem und bitte ganz ohne Defizit. Madonna!
Wenn wir abends im Garten sitzen, am langen Tisch, oben der bleiche Mond, unten der rote Lambruso, dann  wissen wir, daß zwischen uns nie Grenzen waren. Wir Deutschen haben sie doch schon immer gebraucht,  all die Italiener: die Indiani Metropolitani, Dario Fo, Verdi, Pavarotti, Lucio Dalla, mein erster Kuss auf dem Rücksitz eines Fiat 500, Mamma mia, Caruso, Il Manifesto, Luigi Malerba, Fellini und immer unterwegs mit Goethe, Mendelssohn, Heine und irgendwo auch immer der alte Klaus Wagenbach. Zwischen uns passte keine Grenze. Nie. Und wenn sie jetzt mit den Finger auf das südliche „Pack“ zeigen, das endlich ohne sein „dolce far niente“ auskommen soll und wenn sie greinen: Für die zahlen wir nicht! und überhaupt, Her mit den alten Grenzen!, ….dann haben sie alles vergessen. Auch sich selbst.
Und fahren doch wieder los Richtung Lago Maggiore und suchen sie: Ihre „Isola Felice“, die Insel der Glückseligkeit. Die im Grunde doch immer dort ist, wo man sich Geschichten erzählt, sich zuhört, Verse dichtet, ein Bild malt und das eine oder andere Lied singt.  Jenseits all der EU-Kommissionen und Börsenkurse gibt es ein Europa, das ich liebe und das schon lange grenzenlos ist: Das Europa der Eigensinnigen. Wenn wir das nächste mal wieder im Garten unserer Azienda sitzen, grenzenlos fröhlich, ein Lied auf den Lippen, dann werden wir darauf trinken, daß er bleibt, dieser Eigensinn.  Europaweit. Weltweit. Salute!

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