vonDetlef Berentzen 17.07.2015

Dr. Feelgood

Detlef Berentzen, Ex-tazler, Autor für Funk und Print, verbreitete hier „News“ der anderen Art. Gute zum Beispiel. Machte die Welt hör-und lesbar.

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Verkauft doch Euere Inseln, Ihr Pleitegriechen! Unsere Enkel werden zahlen! Warum die Griechen sich nicht regieren lassen wollen! Warum zahlen wir den Griechen ihre Luxus-Renten? Wer soll den Griechen noch glauben? Nein! Keine weiteren Milliarden für die gierigen Griechen! Frechheit darf sich nicht auszahlen! (BILD, hinlänglich bekannte Schlagzeilen)

Die Kanzlerin hätte sich dezidiert gegen die Bericherstattung der BILD stellen müssen. „Das wäre ihr Job gewesen! Da hätte sie sagen müssen: Das geht zu weit! – Das ist das Gegenteil von aufklärerisch, das ist antiemanzipatorisch und damit immer auch gegen Europa gerichtet. (Sigmar Gabriel, ZEIT 2010)

Das Blatt produziert nichts Neues. Es schürft täglich tief – mit Können, Akribie und ständig größerer Erfahrung – im Gefühlshaushalt der deutschen Nation, um ihn im eigenen Interesse zu plündern. Da es täglich mit Verve ein jeweils anderes `schlummerndes` Ressentiment an die Oberfläche zerrt, in penibelsten und peinlichsten Details ausstellt, in Worte gießt, radikalisiert, Primitivitäten in Sprache und Inhalt pflegt und hegt, nimmt es Einfluss auf das, was als Normalität gilt. BILD liefert das jeweils Andere den Normalen zur Schadenfreude, zur Verachtung aus, um diese stark und sicher zu machen: Nein, so sind wir nicht. Und die Eliten spielen mit. Das Blatt sitzt am Stammtisch und am Kabinettstisch. (Wolfgang Storz, „Bild-Studien-Trilogie“)

 

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Die BILD-Zeitung ist kein augenzwinkernd zu betrachtendes Trash-Kulturgut und kein harmloses „Guilty Pleasure“ für wohlfrisierte Aufstreber, keine witzige soziale Referenz und kein Lifstyle-Zitat. Und schon gar nicht ist die BILD-Zeitung das, als was ihr sie verkaufen wollt: Hassgeliebtes, aber weitestgehend harmloses Inventar eines eigentlich viel schlaueren Deutschlands. Die BILDzeitung ist ein gefährliches politisches Instrument – nicht nur ein stark vergrößerndes Fernrohr in den Abgrund, sondern ein bösartiges Wesen, das Deutschland nicht beschreibt, sondern macht. Mit einer Agenda. (Judith Holofernes, „Ich glaub es hackt“)

Womöglich dauert es jetzt nur noch zwanzig, dreißig Jahre, bis der Vorstandsvorsitzende sich auch öffentlichkeitswirksam selbstkritisch Gedanken macht, wie „Bild“ in den vergangenen zehn Jahren gelogen, manipuliert, Menschenleben zerstört und ein ganzes Volk wie die Griechen verhetzt hat. Aber vielleicht weiß man dazu ja einfach noch zu wenig. (Stefan Niggemeier)

Wir werden angesichts der aktuellen Ereignisse für kein Medium des Springer-Konzerns arbeiten und erwarten von unseren VerlegerInnen, daß sie jede Zusammenarbeit mit dem Springer-Konzern aufkündigen. Wir bitten alle PolitikerInnen, SchriftstellerInnen, PublizistInnen, KritikerInnen und WissenschaftlerInnen, die KollegInnen im PEN und in den deutschen Akademien, alle SchauspielerInnen, MusikerInnen und sonstige Personen des öffentlichen Lebens einmal mehr genauestens zu überprüfen, ob sie eine weitere Zusammenarbeit mit dem Springer-Konzern noch verantworten können.
(Entwurf für einen Appell deutscher KünstlerInnen vom Juli 2015, nach einer Vorlage von Aichinger, Bloch, Böll, Enzensberger, Grass, Härtling, Kaschnitz, Mitscherlich, Neuss, Raddatz, Rühmkorf, Schnurre, Wagenbach, Walser, Wohmann u.a. aus dem Oktober 1967)

BILD-Studien-Trilogie

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