«Was riecht, wird auf den Balkon gehängt.» So stand es in Lukas Bärfuss’ Essay «Die Schweiz ist des Wahnsinns», erschienen in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Und genau so haben es seine Kritiker in den Medien mit ihm gemacht: Sie haben Bärfuss, den Stinker, auf den Balkon gehängt, zum Auslüften. Aus der Nase, aus dem Sinn. Er ist ja auch lästig, dieser Lukas Bärfuss: ein raunender Prophet des Untergangs, und sein Warnfinger hat eine Dauererektion. (Florian Keller, WOZ)
In den Filialen von „Migros“ gibt es für jeden Einkauf über zehn Franken ein Glücksbeutelchen, darin eine von insgesamt fünfzig nationalen Sehenswürdigkeiten. Mit im Beutelchen ein Sticker, den der Sammler in ein Album kleben darf. Die Gebühr für das Heft wird durch die aufwendige Gestaltung gerechtfertigt. Vierfarbig glänzen da die schönsten Schönheiten des Schweizerlandes. Das Spalentor zu Basel, der Zytgloggeturm in Bern, das Schloss Chillon am Genfer See – und als Zugabe eine schillernde Postkarte, die je nach Betrachtungswinkel ihr Aussehen ändert: Im orange Nichts schwebt oszillierend eine Scholle mit den Umrissen der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Der Titel dieser famosen Sammelaktion: „Suissemania“. (Lukas Bärfuß, FAZ)
Der Text ist bissig und direkt. Und die Reaktionen kamen prompt. Bärfuss geriet ins Kreuzfeuer des Feuilletons. Es ist nicht das erste Mal, dass der 43-jährige Berner Oberländer heftige Reaktionen auslöst. Dieses Mal aber hat er, so scheint es, mitten ins Wespennest gestochen. (SRF)
Eine Manie ist nach dem Pschyrembel eine psychotische Störung der Affektivität, häufig mit Wahnvorstellungen und Katatonie verbunden. Man muss dies alles nicht als Diagnose der hiesigen Malaise lesen. Man muss nicht, aber man kann. Wie auf einer Postkarte verliert das Land auch in der Wirklichkeit mehr und mehr jede erkennbare Kontur. Zerrüttet von den globalen Stürmen, sucht das Land Halt in nationalen Monumenten, die mittlerweile auf Miniaturgröße geschrumpft sind, als Beifang des täglichen Konsums kostenlos abgegeben werden und problemlos in die persönliche Nippessammlung passen. Selbst der Werbespruch auf dem Umschlag scheint die hiesige Umnachtung aufzunehmen: „Mit vielen tollen Rätseln!“ (Lukas Bärfuß, FAZ)
Was treibt Lukas Bärfuss an, den man bisher für klug und literarisch gebildet halten mochte, in einem sprachlich wie gedanklich schwachen Text alle Vernunft fahren und sich von einem blinden Furor treiben zu lassen? Was will einer mit Sätzen wie diesem sagen: «Als Schweizer hat man in der globalisierten Welt nichts mehr zu sagen.» (Roman Bucheli, NZZ)
Die Kräfte, die dieses Land im 21. Jahrhundert formen, werden derweil erfolgreich ignoriert. Wie Geister flößen sie den Menschen Angst ein und lähmen sie bis zur Katatonie. Keine der politischen Parteien hat den Mut, sich im Wahlkampf den realen Herausforderungen zu stellen. Dabei liegen sie meterhoch vor den Chalets des gebeutelten Heimatlandes, und es braucht enorme Verdrängungsleistungen, um an ihnen vorbeizusehen. (Lukas Bärfuß, FAZ)
Der Essay von Bärfuss funktioniert wie ein Rorschachtest: Sag mir, was du daraus herausliest, und ich sage dir, wer du bist. (Florian Keller, WOZ)