Elternabende sind gespickt mit Informationen und es ist wichtig, dass Sie sie alle aufschreiben, abspeichern, in Ihre Kalender, Smartphones und Tagebücher eintragen. Alle. Jede einzelne. (Angela Römelt: “How to survive Elternabend”, Schwarzkopf und Schwarzkopf, Berlin 2016)
Halb acht in Filderstadt. Im Eduard-Spranger-Gymnasium. Ein vollbesetztes neon-romantisches Klassenzimmer. Mütter und Väter – wesentlich mehr Mütter als Väter – sitzen an ungedeckten Tischen, machen sich Notizen, nicken eifrig und applaudieren. Immer wieder. Und schon kommt der nächste Lehrer, die nächste Lehrerin, stellen sich und ihr Programm zum Schuljahresbeginn vor. Niemand hat Fragen. Alles friedlich. Und entspannt….Was eigentlich nicht sein kann! Nicht sein darf! Denn in der aktuellen Ratgeberliteratur zum Thema ist immerhin u.a. die Rede vom “Schlachtfeld Elternabend”.
Wie in jedem Krieg geht es auch auf dem ‘Schlachtfeld Elternabend’ darum, neue Gebiete zu erobern und die Macht auszudehnen. Insbesondere, was die Gestaltung und Vermittlung des Unterrichts angeht, mit dem die Eltern eigentlich immer unzufrieden sind. Beide Parteien – Lehrer sowie Eltern – sind davon überzeugt, dass sie für die richtige Ideologie einstehen. Weshalb auch für jede noch so kleine Winzigkeit bis zum bitteren Ende gekämpft wird, nur damit klar ist, wer der Profi ist, wenn es um die Aufzucht und Pflege der Brut geht. (Bettina Schuler/Anja Koeseling: “Schlachtfeld Elternabend”, Eden Books, Hamburg 2014)
Die publizistischen Kommentare zum Thema “Elternabend” kommen aufgerüstet daher: Klassenzimmer mutieren zu “Schlachtfeldern”, in Schulen finden angeblich “Klassenkämpfe” statt, für die Kontrahenten werden hilfsweise Grundkurse in Taktik und Waffenkunde angeboten, gern aber auch ein “Survivaltraining” für überforderte Eltern! Alles post und modern. Und wie es sein muss: Mutter kreist ständig mit dem Helikopter über der Schule ihrer Tochter und Vater beschäftigt für den Streit mit dem Lehrpersonal seines Sohnes ein ganzes Anwaltskollektiv – eine verrückte Realität, die da behauptet wird.
Ob nun “Frau Müller muss weg”, “Schlachtfeld Elternabend” oder auch “How to survive Elternabend”, das traditionelle Treffen von Eltern und Lehrern im Klassenzimmer ist seit ein paar Jahren heiß diskutiertes Thema. Nicht ohne Grund: “Klassenfahrt”, “Cybermobbing” oder “Veggie-Day”, der Stoff für die Avantgarde streitbarer Mütter oder Väter geht nicht aus. Die Zeiten für Frau Müller und die anderen LehrerInnen sind hart geworden. Arge Schwierigkeiten haben auch jene Eltern, die im Klassenzimmer mit der “Wiederkehr des Verdrängten” kämpfen müssen – so scheint es zumindest!
Im Grunde war es also hohe Zeit für eine grundlegende Inspektion der angeblichen “Schlachtfelder”. Und ich bin neugierig. Immer und noch. Also wurde es eine muntere Reise mit interessanten Begegnungen – von Berlin nach Stuttgart und retour. Mit erstaunlichen Resultaten. Just listen!