Die erste Demo des SDS war ja 1961 gegen Tschombé auf dem Tegeler Flughafen und die Grundidee war: Politisierung heißt Praxis! Also macht mal eine Demo, ihr braucht euch gar nicht lange über Gewalt und Staat Gedanken zu machen, wenn ihr einen mit einem Bleirohr über den Kopf gekriegt habt, dann wisst ihr was Gewalt ist und wer sie ausübt und warum. Das heißt, ein paar Grundfragen sind dann schon geklärt. (Lutz von Werder)
Als die Studenten auf die Straße gingen, um die Wahrheit über Persien bekannt zu machen, auf die Straße, weil eine andere Öffentlichkeit als die Straße ihnen nicht zur Verfügung stand, da kam auch die Wahrheit heraus über den Staat, in dem wir selbst leben. Da kam heraus, dass man einen Polizeistaatschef nicht empfangen kann, ohne selbst mit dem Polizeistaat zu sympathisieren. (Ulrike Meinhof, Juni 1967)
Es wird gesagt, die Polizei sei darauf vorbereitet gewesen zu prügeln, das nicht. Sie befand sich nur mit der Mehrheit der Bevölkerung und der politischen Führung in Übereinstimmung, dass Demonstranten störend sind und nicht eigentlich zur Demokratie gehören. (Wolfgang Büsch, Berliner Innensenator 1967)
Es war einfach gefährlich, mit langen Haaren rumzulaufen, noch dazu in der Provinz irgendwo, wenn man auf’s Land gefahren ist, da war es echt gefährlich, wenn ein paar Bauernburschen sagten: Hey, dem schneiden wir jetzt mal die Haare. Das hat die Gruppenbildung in der Stadt auch beschleunigt. Und beim Flugblätterverteilen vor den Fabriken später, als ich dann bei der Arbeitersache mitgemacht habe, da waren solche Sprüche gang und gäbe: Euch sollte man vergasen und das hätt’s beim Hitler nicht gegeben. (Gerhard Seyfried)
Es waren hauptsächlich nur noch Polizisten nachher drin, ich stand am Rande dieses Hofes und habe gesehen, wie eine Traube von Polizisten um diesen Mann mit dem roten Hemd herum gruppiert war und auf ihn los schlugen. Und dieser war völlig wehrlos, er wurde so halb gehalten von den Polizisten, konnte kaum fallen, weil die sich auf ihn herauf drängten und prügelten ( Schlug er die Polizisten?) Nein, er war völlig passiv! Und dann habe ich plötzlich das Mündungsfeuer von einer Pistole gesehen und den Knall von einer Pistole, im nächsten Moment habe ich gesehen, wie er halb hinter einem Auto auf dem Boden lag und sich nicht mehr regte. (Zeuge 1967)
Man muss Euch Kommunisten die Stipendien streichen, damit ihr auch mal arbeiten müsst und euch nicht zu wohl wird. Ich wünsche der Polizei „Gut Holz!“, wenn sie euch zusammenprügelt. Hoffentlich ergibt sich die Möglichkeit, ihr behilflich zu sein! ……Ein Steuerzahler. (Anonymer Drohbrief)
Es war die nicht annehmbare Situation, dass der Staat wieder Bürger umbringt. Aus der Kindheit, aus den faschistischen Erfahrungen während der Nazi-Zeit war eben das absolut unvorstellbar, dass es wieder losging und dass der Faschismus immer noch lebt im Untergrund, im Unbewussten, wo auch immer. Ohnesorg war so etwas, was heutzutage als Märtyrer bezeichnet wird, aber es war einfach ein Schock, es ist einfach eine fundamentale Traumatisierung. (Lutz von Werder)
Flugblatt Kommune 1 (1967)
Die Geduld der Stadt ist am Ende. Einige Dutzend Demonstranten, darunter auch Studenten, haben sich das traurige Verdienst erworben, nicht nur einen Gast der Bundesrepublik Deutschland in der deutschen Hauptstadt beschimpft und beleidigt zu haben, sondern auf ihr Konto gehen auch ein Toter und zahlreiche Verletzte – Polizeibeamte und Demonstranten. (Heinrich Albertz, Regierender Bürgermeister von Berlin, in der Nacht 2. auf. 3. Juni 1967)
Was uns damals nicht eingeleuchtet hat, ist, warum Zivilpolizisten in die Demonstranten hineingeschickt wurden, als Greifer, als Beobachter, was die da sollten? Wir haben damals diskutiert und gesagt: Die Polizeioffiziere sind offensichtlich im Partisanenkampf ausgebildet in der Ukraine, haben das Partisanenbild vor Augen und die Greifer, die da reingeschickt werden, haben sozusagen mit ihrer Pistole das Todesurteil in der Tasche, die müssen sich gar nicht mehr ans Grundgesetz halten – das war eigentlich unsere größte Empörung! (Bernd Rabehl)
Und der Regierende Bürgermeister Albertz stellt sich voll hinter die Polizei und der Polizeipräsident rechtfertigt das alles. Es wurde dann zunächst verbreitet, der sei wahrscheinlich von einem Querschläger getroffen worden, dann wurde behauptet, der Polizist sei so bedrängt gewesen von Demonstranten, dass er in Notwehr zur Waffe gegriffen habe und dann sei der Schuß losgegangen und offenbar habe er jemanden getroffen. So wurde das damals erzählt. Jedenfalls bin ich dann, das muss wohl der nächste oder übernächste Tag gewesen sein, in das Büro des Rechtsanwalts Mahler gegangen, der war ja damals ein sehr bekannter APO-Anwalt, und habe ihm Unterstützung als Referendar angeboten. (Hans-Christian Ströbele)
Wir klagen an: den Verleger Axel Springer der Anstiftung zur Körperverletzung, den Polizeipräsidenten Duensing der Beihilfe zu Körperverletzung bis Totschlag. Nicht die Studenten, ein feudaler Potentat, eine hysterische Presse, ein kopfloser Polizeipräsident haben dem Ansehen der Stadt Berlin, die wir lieben und in der wir arbeiten, unabsehbaren Schaden zugefügt. Wer mit Knüppeln und Pistolen der Polizei, mit Demonstrationsverbot und Schnellgerichten regieren muss, ist nicht fähig für ein öffentliches Amt in dieser Stadt. Unterzeichner: Nicolas Born, Günter Grass, Peter Schneider, Klaus Wagenbach, Ingeborg Drewitz, Hans Magnus Enzensberger, Wolfgang Neuss u.a.(Manifest, 5. Juni 1967)
Die Erschießung Benno Ohnesorgs – podcast (swr2)
Illustration: Joern Schlund
bis dahin war ohn(e)sorg nur theater…dann wurde ohnesorg bittere realität und meine samstagabende waren anders gestaltet..aber ich war trotzdem noch klein und schrecklich unpolitisch….heute hat man sich entschuldigt…..und ich schrieb ein kleines gedicht…
wenn der blutrote mond schatten von in den himmel ragenden bäumen auf deine blankgeputzten schuhe wirft…beschmutze sie mit lehm …nimm deine trommel und wirf einen großen schatten auf die straße…für oskar… und albert lehmenkühler, den trommler beim schützenfest….mfu