Wir lernen von dir
Bertolt Brecht
Weil du was zu lehren hast
Noch heute
Gerade heute
Sagst du uns
Wie wir etwas sagen können
Wenn etwas gesagt werden
Muss
Wenn
Sprache verstummt
Scham die Besiegten knebelt
Gewalt die Betrogenen plündert
Das Fleisch zittert und Angst regiert
Da gibst du uns das Wort an die Hand
Mit der Sinnlichkeit der Vernunft
Und der Vernunft des Sinnlichen
Im Herzen des Wissens
Lachend
Weinend
Und stets
Denkend
Deine Poesie ist militante Liebe
Zum Unfertigen
Du sahst einen Durstigen und
Du sagtest nicht: Er verdurstet.
Das lehren falsche Lehrer noch heute
Du sagtest: Er braucht Wasser.
Du warst ein Eingreifender
An der Seite der Entrechteten stehend
Von Lernenden lernend
Und Fehler machend
Der gegen einen großen Feind kämpfte:
Das Schweigen.
Unser Feind ist vielleicht größer:
Das Vergessen.