Als ich vor einiger Zeit einem Saal voller taz-Genoss*innen erklärte, warum wir taz.de umbauen wollen, habe ich zur Illustration ein Bild gezeigt: Einen Laptopbildschirm mit der taz-Startseite, einige Stunden nachdem wir eine unserer großen Hannibal-Recherchen veröffentlicht hatten. Wenn man genau hinschaute, konnte man den Hannibal-Text entdecken: Er stand ziemlich verloren und ziemlich klein – neben Last-Minute-Geschenketipps zum Weihnachtsfest („Wer zuletzt kauft, kauft am besten“).
Das war ein bisschen polemisch, muss ich zugeben. Ich liebe Geschenketipps und damit kein Zweifel aufkommt: Natürlich wurde die taz auch dafür gegründet.
Was ich aber damit sagen wollte: Wenn wir ein rechtes Netzwerk in einem Reservistenverein der Bundeswehr aufdecken, dann wollen wir das diese Recherche wirkt. Wir investieren Kraft, damit sie in den sozialen Medien durchdringt. Und sie dringt durch. Das ist gut.
Aber auf unserer Seite unterschied sich der Text in seiner Präsentation zunächst kaum von einer Kurzmeldung. Wir schafften es noch zu wenig, den Leser*innen von Anfang an deutlich machen: Das, was du gerade liest, das ist unser Glanzstück. Der Journalismus, für den du die taz brauchst.
Die Genoss*innen auf der Versammlung in Berlin haben sofort verstanden, was ich meinte. Das wunderte mich nicht. Die Idee stammte nämlich von ihnen.
Seit dem März 2019 gibt es ein Team von Produktentwickler*innen in der taz. Wir arbeiten daran, die Wege, auf denen der taz-Journalismus Menschen erreicht, weiterzuentwickeln: Unsere tägliche App, die taz am Wochenende, die Community, die taz im Netz. Einen großen Teil der letzten Monate haben wir mit Reden verbracht – mit tazler*innen aus allen Stockwerken des Hauses, mit Expert*innen von außen. Aber vor allem – das war das Wichtigste – mit unseren Leser*innen und Nutzer*innen. Wir haben Genoss*innen zu Workshops eingeladen und jugendliche taz-Sympathisant*innen interviewt. Wir haben Onlinefragebögen konzipiert und viele, viele Tassen Kaffee getrunken.
Ulf Buermeyer, Jurist, Podcaster und taz-Leser hat am Rande eines Workshops einen oft genannten Wunsch zusammengefasst: „Es wäre klasse, wenn die taz sich ein bisschen mehr Mühe geben würde, die Artikel besonders herauszustreichen und den Leserinnen und Lesern zu empfehlen, die den ganz besonderen Blick der taz auf diese Welt auszeichnen.“
Und das setzen wir jetzt um: Wir wollen das, was uns unterscheidet, sichtbarer machen. Den taz-Sound lauter drehen.
Seit dieser Woche gibt es als ersten, kleinen Schritt auf dem Weg zu diesem Ziel ein neues Format auf taz.de für längere Reportagen und Recherchen, für unsere täglichen Glanzstücke. Es soll mehr Spaß machen, sie zu lesen. Und wir wollen mehr Aufmerksamkeit auf diese Stücke lenken.
Diese Woche waren das unter anderem Texte zu den Fragen: Wie viel Panik gehört zum Leben queerer Geflüchteter in Deutschland? Kann Mieterberatung manchmal besser gegen Asthma helfen als Medikamente? Wie wurde der Checkpoint Charlie vom Geschichtsort zum Rummelplatz? Und was lernt man bei einer Reise ins Innere des Tech-Riesen Huawei?
Wir haben das Format für lange Reportagen und Recherchen in einem kleinen interdisziplinären Team entwickelt, in wenigen Wochen konzentrierter Arbeit. Dabei haben wir unsere Zwischenergebnisse immer wieder vielen Menschen gezeigt, um abzuklopfen, ob wir auf einem guten Weg sind.
Genauso wollen wir es mit taz.de in Zukunft machen. Wir als taz haben uns dagegen entschieden, im Keller still und heimlich etwas fertig zu bauen und Ihnen dann das neue taz.de vor die Nase zu stellen. Diese Art zu arbeiten gehört der Vergangenheit an. Warum sollte man funktionierende Teile monatelang in der Schublade lassen, nur weil irgendwas an einer anderen Stelle noch nicht ganz fertig ist?
Wir haben uns entschieden: Die taz im Netz ist jetzt eine Baustelle. Davon erhoffen wir uns, dass Sie zuschauen können, wie das neue taz.de entsteht und uns sagen, ob es in die richtige Richtung geht. Begleiten Sie uns dabei? Wir würden uns sehr darüber freuen.
Luise Strothmann, Produktentwicklerin für die taz im Netz
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[…] bis Polizeigewalt auf der Webseite deutlicher hervorzuheben. Und wir hatten unsere Glanzstücke – Recherchen und Reportagen, die die taz auszeichnen – bereits stärker unterscheidbar gemacht. Große Reportage- und Recherchetexte setzen sich als Aufmacher auf taz.de nun noch deutlicher […]