Für die Produktentwicklung der taz im Netz durfte ich in den letzten Monaten viel Zeit in Workshops mit taz-Mitarbeiter*innen verbringen. Wir haben Klebezettel auf Stellwände gepinnt und als vor einigen Wochen alle das taz-Haus verlassen mussten, haben wir angefangen, digitale Post-its mit der Computermaus auf Tafeln im Internet zu verschieben.
Was man dabei wissen muss: Wir streiten uns traditionell viel in der taz. Wir ringen um Positionen, Einschätzungen und Ton. Es ist diese Art von Streit, wie man ihn in Familien führt. Mit jede Menge Emotionen und dem Wunsch das Gegenüber zu überzeugen, weil einem die andere Person nicht egal ist. Wenn man sich zusammengehörig fühlt, kann man umso genervter voneinander sein.
Weil ich seit bald 11 Jahren Teil dieser Familie bin, fallen mir mittlerweile umso deutlicher die Punkte auf, in denen sich viele von uns einig sind. Einer davon: Wir wissen was unsere Themen sind. Klimakrise, rechter Terror, Flucht, Feminismus. Wir wissen, dass es gerade die Unterscheidbarkeit ist, die unseren Journalismus ausmacht. Rechercheprojekte zu rechten Netzwerken in Polizei, Bundeswehr und Verfassungsschutz oder zum militarisierten Naturschutz in Afrika.
Im vergangenen Herbst haben wir die täglichen Glanzstücke auf unserer Webseite neu präsentiert. Es war ein erster Schritt, um das, was uns auszeichnet, mehr herauszustellen. Den taz-Sound lauter zu drehen. Allerdings liegt die Stärke der taz nicht nur in dem einen Glanzstück zum Thema. Sie liegt im kontinuierlichen Dranbleiben an dem, was uns wichtig ist.
Deswegen wollten wir die Schwerpunktthemen auf unserer Seite noch sichtbarer machen und haben ihre Präsentation dafür grundsätzlich überarbeitet. Wir möchte unsere Webseite nicht so sehr von dem Blick von uns Medienmacher*innen aus denken, die sich traditionell in Ressorts wie „Politik“ und „Kultur“ organisieren, sondern stärker von konkreten Themen her. Und dabei flexibel bleiben. Die Startseite zum Beispiel kann mit unterschiedlichen Themen jederzeit umgeordnet werden. Um den Schwerpunkt Rechter Terror in den Wochen nach dem Anschlag von Hanau besonders stark zu machen. Um die Klimakrise wieder in den Blickpunkt zu rücken.
Unser Ziel war es, dass die Artikel zu einem Schwerpunkt den Leser*innen sowohl auf dem Handy als auch am Laptop zusammengehörig erscheinen. Gleichzeitig wollten wir jeden einzelnen Text stark machen.
Unsere Nutzer*innenforschung zeigt, dass die Menschen sich am Liebsten direkt zu einem konkreten Text verführen lassen möchten, statt lange durch Überblicksseiten und Navigationen zu irren. Deswegen haben Texte im Themenüberblick nun Bilder und Teasertexte – damit Sie als Leser*in möglichst konkret wissen, worauf Sie sich einlassen. Und Lust haben, es sich genauer anzusehen.
Als wir das erste Mal darüber nachgedacht haben, hatten wir die Klimakrise als drängendes Profilthema vor Augen. Nun war unser Schwerpunkt zum Coronavirus der erste, den wir in der neuen Form gezeigt haben. Wir haben die überarbeitete Präsentation für eine Sonderausgabe zu Utopien genutzt und um das Kriegsende in Deutschland vor 75 Jahren zu feiern. Bald wollen uns noch stärker dem Thema Verschwörungstheorien in Zeiten von Corona widmen, das auch unsere Leser*innen bewegt.
Es kam also anders als geplant. Aber das Gute ist: Das haben wir von Anfang an mitbedacht. Dass sich die Welt ändert und neue Themen hinzukommen. Aber dass die taz bei alledem zeigen kann, wie sie ist: anders.
Luise Strothmann, Produktentwicklerin für die taz im Netz
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[…] treffen. Wir folgen der Linie unserer Weiterentwicklungsprozesse: Dieses Jahres hatten wir unsere Themenschwerpunkte bereits neu gestaltet, um unsere Kernthemen von Klimakrise bis Polizeigewalt auf der Webseite deutlicher hervorzuheben. […]