Vor dem Landgericht Karlsruhe läuft zur Zeit die mündliche Verhandlung gegen einen RDL-Redakteur, der einen verbotenen Verein (nämlich den angeblichen „Verein ‚linksunten.indymedia‘“ – also vielmehr den früheren BetreiberInnenkreis von linksunten.indymedia –) unterstützt haben soll. Nur scheint die Staatsanwaltschaft weiterhin (siehe meine vorhergehenden Berichte zu dem Fall) große Schwierigkeiten zu haben, den Fortbestand des ‚Vereins‘ zu beweisen. Aber ohne Verein keine Vereinsunterstützung. [*]
Zwei Polizei-Zeugen von Mittwoch
Radio Dreyeckland selbst berichtete gestern abend über zwei Zeugenvernehmungen, die bereits am Vortag stattfanden:
Min. 5:47 – 6:02:
„Dieser zweite Beamte [= der LKA-Beamte, der für die Ermittlungsverfahren gegen vermeintliche Mitglieder des früheren BetreiberInnenkreises von linksunten.indymedia, die auch für die Archiv-Veröffentlichung verantwortlich sein sollen, zuständig ist und am Mittwoch vor dem Landgericht Karlsruhe aussagte] konnte nach 8 1/2 Monaten – jetzt bald neun Monaten – nur aussagen, daß er bis jetzt keine Beweise für die Fortexistenz des IMC Linksunten und dessen Verantwortlichkeit für das Hochladen des Archivs gefunden habe.“
Min. 7:52 – 8:11:
„Das wird noch unterstrichen dadurch, daß in dem Auftritt des Beamten des hiesigen Staatsschutz – also: in der Polizeidirektion Freiburg – deutlich wurde, daß auch der nichts wußte über die Fortexistenz des IMC Linksunten.“
(IMC Linksunten = der frühere BetreiberInnenkreis von linksunten.indymedia, also das, was die Behörden falsch als „Verein ‚linksunten.indymedia‘“ bezeichnen.)
Ich habe gerade die Pressestellen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und des Landgerichts Karlsruhe gefragt, ob sie die zitierte Darstellung der Aussagen bestätigen können.
Die Pressestelle der Staatsanwaltschaft antwortete: „Wenn Sie Fragen zum Verlauf dieses gerichtlichen Verfahrens haben, wenden Sie sich bitte an das Gericht. Von hier werden während des laufenden Verfahrens keine einzelnen Beweiserhebungen kommentiert.“
Die Pressestelle des Landgerichts antwortete: „Inhalte aus laufenden Hauptverhandlungen, insbesondere Inhalte von Zeugenaussagen werden von der Pressestelle […] generell nicht wiedergegeben oder kommentiert.“
Zum aktuellen Stand des parallelen Ermittlungsverfahrens gegen vermeintliche Mitglieder des früheren BetreiberInnenkreises von linksunten
Parallel zu der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Karlsruhe läuft noch ein zweites Verfahren. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen vermeintliche Mitglieder des alten BetreiberInnenkreises, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft verdächtig sind, auch für die Archiv-Veröffentlichung verantwortlich zu sein.
Dazu war die Staatsanwaltschaft bereit, mir zwei Fragen zu beantworten: Sie bestätigt mir, daß sie in dem Verfahren weiterhin nicht Anklage erhoben hat.
Meine zweite Frage lautete: „Falls Sie nicht Anklage erhoben haben, ist das dann nicht auch das Eingeständnis, daß Sie in dem Verfahren gegen Kienert nicht in der Lage sein werden, den Fortbestand des angeblichen Vereins ‚linksunten.indymedia‘ zu beweisen?“
Darauf antwortete die StA-Pressestelle: „Sie vermengen zu Unrecht zwei Fragestellungen. Eine Vereinigung kann auch existieren bzw. fortbestehen, selbst wenn sich nicht ermitteln lassen sollte, welche konkreten Personen hierin involviert sind.“
Letzteres ist zwar zutreffend. – Allerdings haben wir es hier mit einem angeblichen Verein zu tun, der seit August 2017 jedenfalls nicht mehr öffentlich in Erscheinung tritt – auch nicht mit Untergrund-Schriften oder dergleichen. Das einzige Indiz, daß der angebliche „Verein“ noch existiert, ist die Existenz des Archivs. Läßt sich aber keine Verbindung zwischen dem Archiv und Mitgliedern des früheren linksunten-BetreiberInnenkreises nachweisen, so spricht auch nichts dafür, daß das Archiv gerade von dem alten BetreiberInnenkreis veröffentlicht wurde – also spricht diesenfalls auch nichts für den Fortbestand des Vereins.
Meine eigene Aussage von Dienstag
Ich selbst hatte am Dienstag vor dem Landgericht Karlsruhe unter anderem ausgesagt:
1. Mit der Software HTTrack ist es möglich, komplette Websites (auch fremde Websites) auf den eigenen Rechner herunter zu laden. Diese Daten können anschließend bzw. später verwendet werden, um sie erneut ins internet stellen (aber immer brav auf das Urheberrecht achten ;-)). (Siehe zu der Software meinen Bericht in der jungen Welt vom 27.12.2023.)
2. Ich kannte die Software HTTrack schon 2017.
3. Ich hatte am 17.08.2017 früh von dem Verbot mitbekommen.
4. Ich hatte also das nötige Wissen und auch freie Zeit, um mir die Daten noch am Vormittag / Mittag des 25.08.2017, solange sie noch online waren, zu besorgen.
5. Ich hatte auch ein politisches Interesse an den Daten / Inhalten und deren öffentlicher Zugänglichkeit.
6. Dazu, ob ich nicht nur das Archiv namentlich gespiegelt habe (siehe dazu nd-aktuell.de vom 24.04.2024), sondern auch schon anonym für die Veröffentlichung des Archivs verantwortlich war, habe ich die Aussage verweigert.
Es folgt gleich noch ein Interview zum ersten Verhandlungstag.
[*] „Das Fortbestehen dieser Vereinigung, das für die Erfüllung des Tatbestandes des § 85 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB erforderlich ist, weil eine nichtexistente Vereinigung nicht unterstützt werden kann, ist bei Betrachtung des gesamten Geschehens überwiegend wahrscheinlich.“ (OLG Stuttgart, Beschl. v. 12.06.2023 zum Az. 2 Ws 2/23; https://www.landesrecht-bw.de/perma?d=NJRE001546409, Textziffer 47; Hv. hinzugefügt)
Das Landgericht Karlsruhe ist nun dafür zuständig herausfinden, ob das, was das Oberlandesgericht Stuttgart für „überwiegend wahrscheinlich“ hält, tatsächlich der Fall ist.