vonMathias Schwardt 04.04.2023

Von wegen Kultur

Obskure Musik, B-Movies und der Stand der Kultur: ein Blog von Mathias Schwardt. Foto: Peter Herrmann / unsplash

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Große Stars haben hübsche Privilegien. Auf sie zugeschnittene Filme zum Beispiel. Dieses Glück hatte Warren Oates nie. Er war zwar einer der besten Charakterdarsteller seiner Zeit. Aber Starpotenzial? Nein. Ohne das Autorenkino der 60er und 70er Jahre hätte der Mann wohl keine nennenswerte Filmkarriere gemacht. Das alte Hollywood konnte mit ihm schlicht nichts anfangen.

Oates sah aus, als wäre er gerade nach durchzechter Nacht vom Sofa gerollt. Was der Wahrheit mitunter durchaus entsprach. Hinzu kamen ein spektakulär unmuskulöser Körper, ein linkisch-spöttisches Grinsen, ein Kentucky-Landeierakzent und die Vorliebe für tumbe Charaktere. Ganz wunderbar ist seine Darstellung des strunzdummen Outlaws Lyle Gorch in einem der besten Filme überhaupt, Sam Peckinpahs Wild Bunch (1969). Weiter entfernt von einem Heroenmimen wie Kirk Douglas kann man nicht sein. Auch im Leben nicht: Douglas wurde 103, Oates 53.

Nur einmal durfte er einen Film als alleiniger männlicher Hauptdarsteller tragen. „Bring Me the Head of Alfredo Garcia“ (1974) ist ein weiteres alkoholgeschwängertes Peckinpah-Meisterwerk. Oates, ein Lieblingsschauspieler des Berserkers, gibt den mittellosen Barpianisten Bennie, der unverhofft zum makabren Glücksritter wird. Natürlich endet alles in einer Katastrophe. Der Film ist so struppig wie sein Protagonist. Mit einem Hit wäre Oates womöglich in eine höhere Liga aufgestiegen. Doch „Garcia“ war ein gewaltiger Flop.

Also trat der Schauspieler weiterhin vor allem in Filmen auf, die seiner Qualität nicht gerecht wurden. Doch Oates, das schaffen die Wenigsten, war stets sehenswert. Ein exzellentes Beispiel ist „Race with the Devil“ (1975, Jack Starrett).

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In Deutschland lief der Film unter dem Titel, Achtung!, „Vier im rasenden Sarg“. Für die DVD-Veröffentlichung wurde er kurzerhand in „Urlaub in der Hölle“ umbenannt. Nein, ein A-Movie war das nicht. Die Handlung passt denn auch auf einen Kronkorken: Zwei Männer machen mit ihren Frauen einen Campingurlaub. Eines Nachts beobachten sie einen okkulten Ritualmord, danach sind sie auf der Flucht vor der verantwortlichen Sekte. Und die hat Mitglieder ohne Ende.

Um den Film auf 85 Minuten zu wuchten, wurden Szenen ohne Sinn und Zweck gedreht. Während des Urlaubs pflügen die Hauptfiguren Frank (Oates) und Roger (Peter Fonda) minutenlang auf Crossmaschinen durchs Gelände. Damit befolgt der Regisseur die eiserne Regel: Fällt dir nichts ein, sorg‘ wenigstens für Action. Kurz darauf haben die Motorräder auch schon ausgedient. Für weitere Kapriolen wie eine Verfolgungsjagd gibt‘s ja noch einen geschätzt zehn Meter langen Caravan, den Frank gemietet hat. Autostunts, etwas Geballer, dazu Horrorelemente, knackige Sprüche und ein bisschen nackte Haut: Fertig ist das 70er-Jahre-Genrestück.

Dennoch hebt sich „Race With The Devil“ von der Masse ab und gilt heute als B-Movie-Klassiker. Das liegt nicht zuletzt an Warren Oates. Anders als sein Kumpel Fonda widerstand er jeder Versuchung, cool zu wirken. Die Rollen verlangten nach knuffigen Durchschnittstypen ohne jeden Glamour. Und Oates verkörperte den Normalo mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass man fast vergessen könnte, wie schwierig das für einen intelligenten, noch dazu theatererfahrenen Schauspieler ist. Er leistete es sich noch nicht einmal, in den Schongang zu schalten. Dabei wäre das angesichts der mit Ausnahme von Fonda alles andere als hochkarätigen Besetzung sogar verzeihlich gewesen.

Selbst in läppischen Filmen auf Eitelkeiten verzichten und die Rollen ernst nehmen: Das war Warren Oates‘ große Kunst. Kirk Douglas konnte das nicht.

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