Meine Güte, sorgt der „Barbie“-Film für Wirbel. Bereits am Wochenende nach dem Start hat er weltweit knapp 340 Millionen Dollar eingespielt. Und ist schon jetzt der erfolgreichste Film, der je unter der Regie einer Frau entstanden ist. Doch wie gut ist „Barbie“? Um mitreden zu können, gehe ich morgen ins Kino. Warum erst jetzt? Weil ich zwiegespalten bin.
Was mich sehr reizt: Regisseurin Greta Gerwig ist eine ausgesprochen kluge Frau mit viel Humor. Als stets sehenswerte Schauspielerin wurde sie zur feministischen Indie-Ikone, inzwischen dreht sie aber auch Mainstream-Filme. Die 39-Jährige hat Power ohne Ende. Schauspielerei allein reichte ihr schon bald nicht mehr.
„Barbie“: Hoffnung liegt auf Regisseurin Greta Gerwig
Für ihre Regiearbeiten „Lady Bird“ (2017) und „Little Women“ (2019), für beide Filme schrieb sie auch die Drehbücher, wurde sie zu Recht für Oscars nominiert. Sie gewann aber keine Trophäe. Nun, die Oscarverleihungen sind seit jeher undurchsichtig. Alfred Hitchcock ging sein Leben lang leer aus.
Gerwig könnte für die „Barbie“-Realverfilmung ein Segen sein. Als Puppe ist Barbie die Inkarnation völlig überkommener Rollenbilder. Ein Blondchen mit Topfigur, die in einer pinkfarbenen Bonbonwelt lebt, sich nur für oberflächlichen Quatsch wie Klamotten interessiert und mit Ken einen grinsenden Badestrand-Muskelmann an ihrer Seite hat, dem Intellektualität genauso fremd ist wie seiner Freundin.
Was macht Gerwig aus diesen strunzdummen Figuren? Das Drehbuch verfasste sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Noah Baumbach. Er ist ebenfalls ein sehr begabter Regisseur und Autor.
Spitzen Besetzung: Margot Robbie als Barbie und Ryan Gosling als Ken
Herausragend ist auch die Besetzung der Komödie. Die Australierin Margot Robbie, der Quentin Tarantino nicht umsonst die Rolle der Sharon Tate in „Once Upon a Time in Hollywood“ (2019) anvertraute, ist die Idealbesetzung für die Hauptrolle.
Lachen muss ich schon beim Gedanken daran, dass Ryan Gosling allen Ernstes den Dummbeutel Ken verkörpert. Der Kanadier ist ein Klasseschauspieler, der beispielsweise in Nicolas Winding Refns Neo-Noir-Meisterstück „Drive“ (2019) als schweigsamer Soziopath verblüffte. Und nun tauscht er die durch diesen Film zur Legende gewordene schmuddelige Skorpion-Bomberjacke gegen quietschbunte antiseptische Geckenmode und tritt mit wasserstoffblonder Friese auf? Das nennt man Selbstironie.
„Barbie“: Gigantische Werbekampagne des Puppenherstellers Mattel
Was mich abstößt: Der Film ist eine gewaltige Werbekampagne des Puppenherstellers Mattel, der entsprechend viel Kohle in das Projekt gepumpt hat. Und ein gewaltiges Interesse daran hat, Barbie als feministisches Spielzeug umzudeuten. Weil das zeitgemäß ist. Subversiv darf der Film aber nicht sein. Das könnte dem Produkt schaden. Und Mattel will ja Fantastillionen Puppen und anderen Merch verscherbeln. Es ist somit klar, dass Gerwig/Baumbach eine Menge Kompromisse machen mussten.
Ich glaube, dass der Film insgesamt ganz ordentlich ist. Es wird viele lustige Szenen geben und ein Schauspielensemble, das Spaß macht. Ich befürchte allerdings, dass am Ende ein sehr fader Beigeschmack bleibt. Ob sich das bestätigt, wird sich im Kino zeigen.
Meine Kritik zum Film „Barbie“ gibt’s dann am Samstag, 29. Juli 2023, an dieser Stelle.