vonMagdalena Schwarzwald 08.05.2022

Wiege, Bahre, Sex

Körper sein und Körper haben. Ein Blog über das Geboren werden, Sex und Sterben.

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Heute ist Muttertag. Meine Tochter war beleidigt, dass ich in der früh noch auf einer Fortbildung war und sie mir kein Frühstück ans Bett bringen konnte. Also eine gute Mutter scheine ich nur zu sein, wenn ich am Muttertag zur Verfügung stehe um Frühstück zu empfangen. So hat sie es offensichtlich gelernt. Ein Tag um sie zu ehren – die Mutter und ihre Mutterschaft. Und da bin ich doch schon mitten drin statt nur dabei. Ich wurde Mutter in einer Gesellschaft in der es unmöglich scheint sich viel genug oder wenig genug um das eigene Kind zu kümmern. Aber hey!

Ist doch toll, dass man zwischen Heiliger und Hure noch ein wenig Wahlfreiheit bekommt was Kategorien betrifft: Helikopter-Mum oder Rabenmutter? Wähle mit Bedacht! Yippie Yeah.

Also, ich wurde Mutter. Mehr so aus Versehen. Mehr so unter komplizierten Umständen. Keine fertige Ausbildung. Keine eigenen finanziellen Ressourcen. Kein Partner der mir die müden Füße in der Schwangerschaft massiert. Kein Plan wie ich das hinbekommen sollte. Und trotzdem habe ich mich für dieses Kind entschieden und damit gegen einen Schwangerschaftsabbruch. Weswegen ich lange dachte, dass ich zumindest in dieser schwangeren Situation nicht wirklich betroffen war vom Thema “Schwangerschaftsabbrüche”.

In den USA steht das Recht auf Schwangerschaftsabbruch jetzt auf der Kippe. Ruth Bader Ginsburg, die 1993 bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 Richterin am Supreme Court war und sich für Frauenrechte stark gemacht hat sagte:

Die Entscheidung, ein Kind zu gebären oder nicht, ist für das Leben einer Frau, für ihr Wohlergehen und ihre Würde von zentraler Bedeutung. … Wenn die Regierung diese Entscheidung für sie kontrolliert, wird sie nicht als vollwertiger Mensch behandelt, der für ihre eigenen Entscheidungen verantwortlich ist.

Aber Ruth Bader Ginsburg ist tot und die Konservativen dominieren inzwischen den Supreme Court. Eine Entscheidung wird im Juni erwartet. Würde diese Verbot beschlossen werden – es wäre fatal für so viele Menschen und es würde den Kampf für Frauen*rechte so weit zurückwerfen.

Wie ich schon sagte: Ich bin eine Frau und ich bin Mutter geworden. Ich habe nicht abgetrieben. Ich kannte die Option und wusste aber sofort, sie ist nichts für mich. Also: Abtreibung hat mich in diesem Moment gefühlt nicht betroffen. Was ich inzwischen verstanden habe und was Jule Weber (@webersjule) so gut in ihrem Post auf Instagram beschreibt: Ich konnte mich überhaupt erst freiwillig dafür entscheiden nicht abzutreiben, weil ich hätte abtreiben können. Ich hatte die Entscheidung. Ich hatte die Wahl. Und die Möglichkeit sich entscheiden zu können bedeutet Freiheit. Deswegen kann es keine Option sein, Schwangerschaftsabbrüche zu verbieten. Es kann keine Option sein die Freiheit so vieler Menschen einzuschränken.

Einfach nein. Recht auf Abtreibung also einfach Ja.

Ich entscheide mich jetzt dafür mich von meinen Kindern ehren zu lassen. Wer sagt, dass man nicht auch abends im Bett frühstücken kann? Und ich werde nachts schlafen wie ein Baby. Also alle zwei Stunden aufwachen und schreien – weil mir ein Krümel in den Rücken sticht der noch übrig geblieben ist und mir den Schlaf raubt. Und dann schlafe ich selig wieder ein weil ich kurz vergesse, dass ich meiner Tochter zumindest vor nächstem Muttertag noch erklären möchte warum ich Muttertag scheiße finde und wir ihn abschaffen sollten. Ich werde versuchen entwicklungsgerecht zu erklären warum ich langsam aber sicher jedes Mal kotzen will wenn ich daran denke wie viel Benachteiligung Mütter erfahren und wie wenig Blumen oft helfen. Werde ihr aber auch erklären, dass sie mir immer Frühstück ans Bett bringen darf. Wirklich immer.

In diesem Sinne – einen Schönen Weltzugvogeltag oder Ohne-Socken-Tag. Scheint auch heute zu sein.

 

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https://blogs.taz.de/wiege/erhaltet-die-schwangerschaftsabbrueche-schafft-den-muttertag-ab/

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