„Noch öfter allerdings fällt das Wort „Girl“.“Girl Gone Wild“ heißt das erste Stück, „Some Girls“ das sechste, in einem Bonustrack bezeichnet sie sich als Birthday Girl. Doch wenn man überlegt, wofür beides steht, dann hätte man gern ein paar Girls durch ein paar Bitches ausgetauscht: Ja, wird diese Frau denn nie erwachsen? Fühlt sie sich wirklich immer noch wie mit 16? Und damit wie ihre Tochter? Kann mal jemand einen Therapeuten für Lourdes buchen? Oder ist das längst passiert?
Der Rest des Albums ist das gewohnte Madonna-Konglomerat aus Teenie-Inhalten: Dancefloor-Stories, „sins“, „love“, „beauty“ und tanzbare Clubtunes im Deppentechnoformat. „MDNA“ liefert sozusagen Remixe, bevor die Stücke da waren. Fitnessstudiomusik ohne Studio. Oder sogar mit: Bei einem Song wie „Superstar“ mit seinem Refrain „Oooh la la you’re my superstar“ sieht man den Crosstrainer förmlich qualmen, und es wird einem klar, dass ein solches Werk genau dort drauf entstanden sein muss. (…) Oder einfach mal die Begleitmusik relevanter gestalten? Einen Siebenerakkord reinschmuggeln? Einen Beat mitnehmen, zu dem nicht auf der Eins und Drei gestampft wird?
(…) Doch Madonna traut sich seit Jahren nichts mehr, weil sie fürchtet: Lasse ich einmal auch nur kurz die Poledance-Stange los, lässt mich keiner mehr ran. Und wahrscheinlich stimmt das sogar. Auf „MDNA“ jedenfalls gibt sie vor allem das biegsame Disco-Funkenmariechen, dazu ein kleines bisschen (in „Ray of Light“-artigen Songs wie „I’m a Sinner“ und „Falling Free“) die Eso-Hexe. Und oft und gern jene merkwürdig unpassende „bitch“, die zum Beispiel einem „Beautiful Killer“ verfällt, der ihr in Oralsex-Symbolismus die Pistole in den Mund schiebt. (…) Dazu gibt’s von M.I.A. weggesampelte Pistolenmagazingeräusche und den Spruch „If you gonna act like a bitch, you’re gonna die like a bitch“. Das hat die Übermutter garantiert in irgendeinem Gangsta-Rap-Video erlauscht. Oder bei Bushido.“
(Jenni Zylka bei SPIEGEL Online über das neue Madonna-Album)
Inhaltsverzeichnis:
* Teil 1: Alle Schmähkritiken über Bands, Künstler und Literatur
* Teil 2: Alle Schmähkritiken über Sport, Politik, Film & Fernsehen