vongnu 03.09.2019

GNU – Literarische Grotesken

Damals wie Heute das zynische Lächeln über die menschliche Irrfahrt. | © Fabian Fox Fotografie

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Der Himmel verdunkelt sich. Frühzeitliches Omen.
Vielleicht braucht es diesen mystizischen Touch zum Erkenntnisgewinn?
Jetzt beten die Massen. Wenn beten jemals half? Wenn beten jemals nicht, nicht ausreichend war?

Ich verlasse die Treppenstufen, die zu meiner Wohnung führen. Ein Filter trübt meine Aussicht. Die Welt wirkt wie ein Farbfoto aus vergangener Zeit. Der August fühlt sich eher wie ein goldener Oktober an. Die Bäume werfen ihr erstes Laub und ich dümple in der Sonne, unfähig etwas zu tun.
Ein mulmiges Gefühl macht sich beim Betrachten dieses Momentums breit. Alles auf dem Foto wirkt friedlich und still und doch kann ich das beklemmende Gefühl von einer gewissen Deutungsschwere und Unruhe nicht loswerden. Prompt muss ich an die Jugend meines Vaters denken. Er erzählte mir hin und wieder vom 1. Mai 1986 und den sternenklaren Nächten, den Lagerfeuern und seinen ersten Küssen. Es musste ein guter Sommer für ihn, wie für viele andere, in diesem Jahr und in den darauf folgenden gewesen sein.

Mein Sommer ist auch gut, dieses Jahr.
Doch die steigende Temperatur verläuft proportional zur inneren Anspannungsuhr. Wieder blicke ich hinaus, darauf bedurft das Bild einzubrennen, um künftig stets zu wissen, was der Wendepunkt von dessen war, was ich jetzt als unsere Realität wahrnehme.

Ich erinnere mich an eine alte Aussage von Ratzinger, auf die Frage, wie er sich das Paradies vorstelle.
Er entgegnete, dass seine bajuwarische Heimat, seinen Vorstellungen, vom himmlischen Heim, sehr nahe käme.
Damals musste ich über den Papa der Katholiken lachen. Heute begreif ich, dass die Aussage wohl nicht völlig daneben lag.
Wir verweilen in unserer Blase des Glücks. Hier in Mitteleuropa. Eine dicke Seifenschicht ermöglicht zwar die Sicht auf das Fegefeuer rings um, doch letzten Endes verhindert sie jegliche Berührungspunkte mit dem, was man die Welt jenseits nennt.
Die Wehen der Wandlung sind unverkennbar, der postkapitalistische Kollaps kommt und in der Blase zeichnen sich nach Jahren des Überflusses deutliche Risse ab.
Der ökologische Sündenfall steht uns unmittelbar bervor und das mit weitreichenden Folgen. In Manellos Science-Fiction-Märchen ist das Armageddon im Jahr 2048 verordnet.
Gut gerechnet und durchaus wahrscheinlich.
Die Zunahme der Wehen ist raketengleich nach oben schnellend. 19 Jahre – Schicksalsjahr 2019.
Science-Fiction wird zur Science-Reality.
Die Rezeption in Künsten ist überflüssig. Unsere Welt ist brutaler als sämtliche Bücher es darzustellen vermögen. Aktuell befinden wir uns in einer Übergangszeit zu einer dystopischen Gesellschaft. Es kann nicht mehr allzu lange dauern, bis die Transformation vollendet ist. Doch leider bemerken wir wenig, bis gar nichts von den bizarren Entwicklungsstadien.
Oft sind es nur Randnotizen in den Spalten unserer Informationsmedien.

Der Regenwald brennt.

Eine Riege aus Rentnern macht alte Werte wieder modern. Die junge Generation hat keine Werte, sie wartet ab und reiht sich in die Schlange des kollektiven Suizids. Geschichte wiederholt sich nicht. Es gab bisher keinen Lerneffekt. Wir stecken in der gleichen Misere, wie vor 100 Jahren, da wir sie niemals auch nur ansatzweise verlassen konnten. Unser Bewusstsein ist vergiftet und badet in der trüben Wanne. Wir fressen, was auf den Tisch kommt. Ich nenne das die Dauerschleife.

Der Regenwald brennt.

Wir suchen Antworten, richtige, nicht schwarz und weiß, doch einfach und klar.
Die Lösung liegt auf der Hand. Wir vegetieren in kranken Verhältnissen. Der Kapitalismus ist der wohl größte Virus aus dem menschlichen ABC-Waffen-Arsenal. Freigelassen, außer Kontrolle geraten und jetzt eine globale Epidemie.
Die Krankheit kann sich vermutlich nur selbst abschaffen. Erst wenn sie alle menschliche Substanz aufzerrt und die Erinnerungen an uns vertilgt, wird der Virus aushungern, da fortan keine Hirne mehr existieren werden, die er als Wirt besetzen und beherrschen kann.
Es ist eine Verschwörung, die sich in sämtlichen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens niederschlägt. Die Medien sensibilisieren uns allzu oft für Nichtigkeiten. Wir zerbrechen unseren Kopf über simple Phänomene, die sich auf Stammtischniveau, zwischen Kneipe und Zigarette erötern lassen. Wir sprechen immer über Folgen, doch nicht über die eigentlichen Ursachen. Sämtliche Extreme und ein Großteil der Straftaten ließe sich verhindern. Es sind nur die Probleme, die aus dem Systemmoloch münden. Diskussionen, die leerlaufen. Stets sprechen wir darüber, was Menschen trennt und suchen bewusst danach, anstatt die Spitze der Pyramide auszugraben.

Unsere Manipulation beginnt früh, effizient und verdeckt, wie in einem totalitären Konstrukt. Sogar die oft so gerühmte kritische Kunst, versteckt sich nur hinter dem Deckmantel ebenjener Kritik. Es ist die angemessene Gehirnwäsche für jene, die sich als intellektuell betiteln und somit wieder gegenüber anderen überlegen fühlen (Achtung: der Kulturbetrieb hat eine gewisse Affinität zum geistigen Sozialdarwinismus – denkt darüber nach).
Menschgewordene Litfasssäulen, eitle Aristokraten und Exzentriker, die, so wie ihre Versprechen luftleer sind und uns Marionetten an die falschen Götzen knebeln, anstelle ihre Stimme und Einfluss gegen die bestehende Ordnung zu erheben.
Geld und Macht, sind die tückischen Sehnsuchtsorte, nachdem wir verwirrten Schicksale streben und zugleich die Haltungslosesten.

Unsere Rücksichtslosigkeit gefährdet unseren Planeten, unsere Existenzgrundlage und somit auch uns.
Wir müssen nun von gutgemeinten Beileidsbekundungen absehen. Uns bleibt kaum Zeit, gut möglich, dass es schon längst zu spät ist und der stotternde Motor, nur noch die Reserve leerfährt, bis er als rostiger Kadaver auf der Route 66 zum Stillstand kommt. Am Ende bleibt kaum etwas, doch was zählt, ist der Versuch.

In jeder Sekunde müssen wir uns vergewissern, dass wir VIELE sind. Die Adjutanten des Systems sind gering. Es bedarf drastische Umwälzungen und jeder ist in der Pflicht, sich die ernsthafte Frage stellen, wie wir dem autonomen Systemcomputer schaden können, ohne hierbei die geläufigen Mittel zu bedienen, die uns die Spielregeln von Revolution diktieren. Ich habe keine allgemeingültigen Antworten. Doch jeder muss sich – JETZT – im Klaren werden, was er/sie tut um die Ketten des Panzers zu sprengen. Wir müssen der Sand im Getriebe sein und zwar JETZT sofort. Ein später und morgen gibt es nicht mehr.

Wir leben in einem System, das dazu prädestiniert ist, um Psychopaten in mächtige Positionen zu bringen. Doch letzten Endes sind auch diese nur fehlgeleitete Opfer, ebenso wie wir, die ihre Taten tragen.

Wir können uns nur selbst heilen, sonst finden wir unsere Medizin im menschlichen Exitus. Lasst uns das System alleine dastehen. Alleine sind unsere Mühen wirkungslos, in der Masse ein machtvolles Gegenwicht, ein Statement. Wenn ich auch keine konkreten Lösungen parat habe, so habe ich dennoch zuverlässige Prognosen auf das Kommende, wenn es uns nicht gelingen sollte, uns aus eigener Kraft zu befreien, wenn es uns nicht gelingt, engstirnige Denkweisen und Nationalstaatlichkeit zu überwinden.
Wir alle sind Menschen und müssen uns als solche begreifen und solidarisch zusammenstehen.
Das System impft uns mit falscher Moral. Viel zu früh geraten wir mit der Mär in Kontakt, die doch nur darauf abzielt uns zu hintergehen, zu spalten und den Konsum anzuheizen. Die Mächte des Verborgenen wissen um die Stärke und die Gefahren der internationalen Einigkeit, auch wenn wir keine Gedanken daran verschwenden. Sie sind sich bereits so siegesgewiss, dass sie offen auftreten. Unsere innerlichen Grabenkämpfe, der Zerfall von internationalen Verständnis und das Aufziehen von Schlagbäume sind ihre Asse für die Zielgerade.

Gelingt es uns nicht – JETZT – zu zeigen, was wahre Menschlichkeit bedeutet, so befürchte ich, dass wir ein neues Kapitel der Apokalypse aufschlagen. Ist unser Ökosystem erst einmal unwiderruflich verloren, werden uns die Regierungen der Zukunft vor die sozialdarwinistische Louisette spannen. Sie werden uns zwingen, uns, unser Leben und das unserige Eigentum zu verteidigen. Der dritte und letzte Weltkrieg. Alles was bis dorthin passiert, dient ausschließlich der Dekadenz der Elite. August 2019 – Wegscheide?!
Wie sieht unsere Zukunft aus? 2048! Wir stehen kurz davor!

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kommentare

  • Was für ein Statement, vielen Dank . Doch fraglich ist, ob wir eine Medizin für diesen kapitalistischen Virus finden werden. Jugend steht auf und last uns dagegen an kämpfen.

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