vongnu 12.05.2020

GNU – Literarische Grotesken

Damals wie Heute das zynische Lächeln über die menschliche Irrfahrt. | © Fabian Fox Fotografie

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Super Soapplace Sopran Stars, Katzenlord und Manellos Muscarin March prangt auf der Plakete über dem Nummernschild. Gemählich rollt der Wagen über die brüchigen Asphaltrouten. Draußen steht der diffundierende Teerduft in der Luft.
Gemischt mit dem kühlen Windzug ist es betörend wie Weihrauch. Im Kassettendeck läuft Schuhmann.
Dichterliebe. Musik für die Oper. Er steigt aus. An der Supermarkttheke kommt es zur Konfrontation. Billigtabak und Süßkram auf der einen Seite, treffen auf Bananen, Industriebaguette und Rotwein im Frischebeutel auf der anderen. Im sterilen Licht der Neonröhren sieht man die tiefen Augenringe. Der hagere Körper ist gut verborgen und geschützt im Robbenpelz und der baumelnden goldenen Halskette. Auch wenn sich der Bestand an Erbstücken jeden Monat weiter reduzierte, so konnte er dennoch nicht auf jedes Kleinod verzichten. Im Grunde ihrer Lebenssituation waren sie sich sehr ähnlich. Die Gedankenwelten waren dennoch andere. Die Autotür knallte zu, die Kolben der alten Karosserie sprangen sofort an, synchron leierte die Kassette. Der mit Flugrost durchsetzte Auspuff taucht den Parkplatz für kurze Zeit in Dieselqualm. Im nächsten Monat konnte es eng werden. Der Kraftstoff ging noch nicht ganz aus, Reserve angebrochen. Der Triumphzug ging weiter. Die gelben Backsteinbauten aus dem vergangenen Jahrhundert mitsamt ihren bröckelnden Fassaden und ihren Ballustraden aus Baustahl standen Spalier. Das ist die Stadt. Das ist die Lyrik. Ja, das ist die Lyrik.
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