Die Politik der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) stand im Mittelpunkt der Analysen und Debatten des ersten Tages des Internationalen Forums zur Sozialpolitik für arbeitende Kinder und Jugendliche, zu dem sich an die 300 arbeitende Kinder, Wissenschaftler*innen, Student*innen und . Aktivisten aus drei Kontinenten in der Universität San Andrés von La Paz in Bolivien eingefunden hatten. Der Diskurs der ILO sei steril, inzwischen langweilig, westlich und auch ein wenig kolonialistisch geprägt. Aber es sei der vorherrschende Diskurs, kritisierte der bolivianische Psychologe Jorge Domic von der mit veranstaltenden Stiftung La Paz in seiner Eröffnungsrede. Professor Karl Hanson von der Universität von Genf überraschte das Publikum mit einem IAO-Zitat, das vielmehr belegte, dass dieses UNO-Gremium noch im Jahr 1982 von der Humanisierung der Arbeit von Kindern gesprochen hatte. Die Abschaffung der Kinderarbeit war damals langfristiges aber nicht das einzige Ziel.
Dass der Schutz arbeitender Kinder aus dem Blickfeld der IAO geraten sei, schrieb Hanson der Rolle der Gewerkschaften zu. Für die sei das Verbot von Kinderarbeit eine Frage des geltenden Selbstverständnisses. Angesprochen auf ein aktuelles Dokument der IAO zur Vorbereitung der Weltkonferenz im November in Buenos Aires zur „nachhaltigen Abschaffung der Kinderarbeit“, in dem konstatiert wird, dass etwa zwei Drittel der schädlichen Kinderarbeit in Familienbetrieben und Haushalten stattfinde, bescheinigte Hanson der Internationalen Arbeitsorganisation schlichtweg Realitätsverlust. ILO und UNICEF waren zu der Tagung eingeladen worden, hatten aber keine Vertretung geschickt, um auf Kritik zu antworten und ihre eigene Position darzustellen. ieder eine vertane Chance, in Dialog mit den organisierten arbeitenden Kindern zu treten.
Zuvor hatte der Zimbabwische Wissenschaftler Michael Bourdillon Forschungsergebnisse zu positiven Effekten produktiver Tätigkeit von Kindern hingewiesen: Lernprozesse (Rechnen, kommunikative Fähigkeiten), verbesserte künftige Performance am Arbeitsmarkt, das Geldeinkommen, das für viele Familie essentiell zur Befriedigung der Grundbedürfnisse sei… Das Wichtigste schien ihm aber die soziale Integration, die Einbindung in familiäre und nachbarschaftliche Netzwerke. Die sei bei einer klar abgetrennten kindlichen Sphäre in einer Gesellschaft nicht mehr so gegeben. Er identifizierte gleichwohl auch Probleme, wie die der Vereinbarkeit von Schule und Arbeit. Statt Verboten sollte mehr Aufmerksamkeit der Frage gewidmet werden, wie arbeitende Kindern durch flexiblere schulische Angebote so unterstützt werden könnten, dass sie keine Nachteile haben. Dabei bedauerte er, dass frühere Programme zur Förderung produktiver Aktivitäten in der Schule in Zimbabwe kaum noch anzutreffen seien.
Ähnliches berichtete der Professor René Unda Lara aus Ecuador. Für ihn ein Rückschritt. Er forderte, stärker zwischen sozial nützlicher und Arbeit zu unterscheiden, die allein dem Erwerb diene. Und genauer hinzuschauen, welche Arbeit Kinder unter welchen Bedingungen erfüllen, und für welche Art von Arbeit es sich einzusetzen lohnt. Zumal sich die Arbeitswelt stark verändert habe. Die Organisationen sollten darüber reflektieren, ob die ökonomischen Nischen, in denen Kinder aktiv seien, wirklich das seien, was sie und ihr soziales Umfeld weiter bringe.
Auch wenn diese Frage offen blieb, einig war man sich, das Antworten unter Berücksichtigung der Besonderheiten jeder Kultur, der besonderen Situation von Mädchen und den eigenen Sichtweisen der zahlreich auf dem Forum anwesenden Kinder selbst gefunden werden können. Um die nach wie vor große Lücke zwischen den Rechten der Kinder und ihrer konkreten Lebenssituation zu schließen, wofür Waldo Albarracin, Rektor der gastgebenden Universität und früherer bolivianischer Ombudsmann, in seinen Grußwort jeden Einzelnen aufforderte, seinen Beitrag zu leisten.
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Video der Beiträge auf englisch und spanisch (jeweils in Originalsprache)
Zeichnungen: Alejandra Lopez Maida/Inti Watana
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