vonMarkus Szaszka 07.10.2018

Der Nirgendsmann

Markus "Nirgendsmann" Szaszka - Streuner und Schriftsteller aus Wien - schreibt über die Herausforderungen unserer Zeit und Romane, die zum Nachdenken anregen. Weitere Informationen: www.grossstadtballaden.com

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Neulich, als ich abends mit der Wiener U-Bahn nach Hause fuhr, entdeckte ich zwei Figuren, die aus dem Museum ausgebüxt sein mussten. Vati und Sohnemann, beide im Trachten-Outfit, trugen jeweils ein Sarrazin-Buch mit sich rum, führten das raue Klopapier spazieren, voller Stolz und im Klaren, dass sie auffielen. Keine Ahnung, vielleicht gab es an diesem Abend eine Sarrazin-Lesung in Wien – anders konnte ich mir diese ulkige Szene nicht erklären.

Kurz machte ich die Musik in meinen Kopfhörern aus, um zuzuhören, was diese beiden Clowns zu sagen hatten. Und tatsächlich – klischeehafter ging es nicht -, hörte ich den einen zum anderen sagen: „Es ist so schade, dass Moni sich nicht traut, ihre Ideologie offen auszuleben.“ Das war’s. Das war der eine Satz, den ich mitbekam, und ich drehte die Musik wieder auf. Ich weiß, klingt ausgedacht, aber so war es nun mal.

Die Welt – ein Comic.

Und jetzt kommen wir zur eigentlich wichtigen Beobachtung dieses Abends. Es waren die anderen U-Bahn-Passagiere, ganz normale Menschen, ein Durchschnitt der Gesellschaft, jung, alt, unterschiedlicher Nationalität… man könnte sagen; das Volk. Das Outfit der Komiker und die weißen Riesenbuchstaben SARRAZIN auf grünem Hintergrund entgingen keinem. Alle sahen hin, alle wussten, worum es ging, alle sahen diese beiden Restexemplare einer nie mehr zurückkehrenden Vergangenheit mit purer Verachtung an.

Netter Versuch, aber 2018 habt ihr schlechte Karten, dachte ich.

 

Mit freundlichen Grüßen

Der Nirgendsmann

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