Wir lassen unsere Welt schneller und schneller drehen, rastlos ist sie, und ich habe Angst, dass sie schon bald aus der Bahn gerät, in die Tiefen des Weltalls kullert, vereist und nicht mehr lebenswert sein wird.
Unsere vernetzte, optimierte Zeit, der Raubtierkapitalismus, die aus ihm resultierenden Phänomene Prekarisierung und Klimawandel… all das macht uns genauso wenig glücklich wie das Liken und Schauen von motivierenden oder esoterischen Videos, die vor allem einem helfen, und zwar dem selbsternannten Experten, der sich dank seines halbgaren Gelabers eine goldene YouTube-Plakette in den Videohintergrund nageln kann.
Bravo, Menschheit! Bravo!
Das ist eine Nuance, die wichtig zu verstehen ist. Ziele zu haben, gesund zu leben und das eigene Leben mit einem Sinn zu füllen, das bringt uns näher zum Glück, vor allem, wenn wir in einer Sache aufgehen und uns selbst bestmöglich dabei vergessen.
Möglichst produktiv und optimiert zu sein, um möglichst viel Geld anzuhäufen, um dem Arbeitgeber, der Familie, den Freunden, der Gesellschaft oder sonst wem zu gefallen, macht uns kalt, stumpft uns ab, lässt das Gute im Menschen verkümmern und das Tierische in uns aufleben.
Und den Kampf zwischen Humanisten und Raubtieren, zwischen Selbstbestimmten und Fremdbestimmten, zwischen einer besseren Zukunft des Mitgefühls und einer Dystopie des Egoismus, zwischen Bescheidenheit und Habgier, zwischen Menschenliebe und Menschenhass, zwischen Verständnis und Vorurteilen, den sehen wir in den 2020ern allerorts. Angetrieben von optimierten Staats-, Medien- und Wirtschaftsapparaten, die allesamt auf eines ausgerichtet sind: $.
Ich frage mich, wie es früher war, als alles noch nicht so schnell funktionierte, Staatsmänner und -frauen keine Slim-Fit-Anzüge trugen und nicht derjenige an der Spitze saß, der das Spiel der bezahlten Werbungen auf sozialen Medien am besten beherrschte.
Wie war es, in einer Welt zu leben, in der die Schlagzeilen weniger reißerisch sein mussten, weil die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen noch etwas größer war?
In einer Welt, in der nicht 0,9 Prozent der Menschen 43,9 Prozent des weltweiten Vermögens besaßen und 56,6 Prozent der Menschen 1,8 Prozent davon.
Für mich heißt es nun: Detox – ein Entgiften von unserem Zeitgeist.
Ausharren, bis der degenerierte Fokus auf das heilige $ einer besseren, einer menschlicheren Lebensweise gewichen sein wird.
Vergessen wir nicht; der Mensch selbst verleiht seiner Existenz einen Sinn. Und genauso verhält es sich mit der Gesellschaft als Ansammlung von Individuen. Aktuell erscheint es uns am sinnhaftesten, möglichst viel haben zu wollen, sprich zu konsumieren, aber nichts muss bleiben, wie es ist.
Früher oder später werden wir es schaffen, den Raubtierkapitalismus und seine bestialischen Begleiter zu zähmen. Aktuell sind wir vermutlich noch nicht schlau genug, um das zu leiste. Vielleicht fehlen uns noch ein paar Jährchen oder Generationen, um unseren kollektiven IQ weiter hochzuschrauben und besser zu werden, als wir es jetzt sind.
Verblendet, von all dem Neuen unserer Zeit.
Verwirrt, von all den selbstsicheren Meinungen.
Jeder für sich, der großstädtischen Lebensweise auf den Leim gegangen, isoliert.
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#nichtsmussbleibenwieesist
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