Krisenzeiten sind stets Zeiten, in denen sich die Gesellschaften verändern. Die Corona-Pandemie ist eine Krise und unsere Gesellschaften werden sich verändern, das steht fest. Allerdings sieht es nicht nach guten Nachrichten aus. Die Schere zwischen Arm und Reich klappt stetig auf, seit Jahrzehnten, und die Pandemie beschleunigt diesen Prozess. „Im Jahr 2019 besaßen 0,9 Prozent der Weltbevölkerung 43,9 Prozent des weltweiten Vermögens. 56,6 Prozent der Weltbevölkerung besaßen hingegen lediglich 1,8 Prozent des weltweiten Vermögens.“[1]
Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist es in Ländern wie Deutschland oder Österreich bei weitem nicht so schlimm wie in vielen anderen Regionen dieser Welt – einem Zehntel der Bevölkerung gehören mehr als zwei Drittel des Vermögens – was, anders kann man es nicht sagen, auch schon ziemlich funky ist.
Die Krise beschleunigt also diesen Graben zwischen Armen und Reichen weltweit und national. Ferner betrifft er vor allem die Jungen. Zunehmend viele junge Menschen leben in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen, auch hier. Und was entsteht aus Prekarisierung, wenn nicht jeder von Ihr betroffen ist, sondern zunehmend viele, während andere (wenig überraschen) ohne einen Finger zu rühren ihren Wohlstand kulminieren? Es entstehen Armut und Unzufriedenheit.
Und die Unzufriedenheit bringt den Großteil der Menschen dazu, sich einen Schuldigen für die Misere zu suchen. Kann man machen. Man kann sich gegen den Lauf der Zeit und ihre einhergehenden Veränderungen sträuben, man muss die Ärmel nicht hochkrempeln und sich eigenständig aus der Misere ziehen, mag sie noch so schwer sein. Man muss auch nicht in einer vernünftigen Art und Weise beantragen, was der Staat einem anbietet. Man muss nicht verstehen, dass der Staat nicht dafür da ist, um eines Popo in jeder Lebenslage zu pudern. Man kann sich über vielerlei Gegebenheiten empören.
Quelle: zdfheute, Niedriglöhne: Wenn sich Arbeit kaum lohnt
Mag sein, dass die epidemiologisch sinnvollen und temporären Freiheitseinschränkungen dem ein oder der anderen die Aura versaut. Mag sein, dass manche nicht wissen, was eine Diktatur ausmacht und was nicht. Mag sein, dass ein Bürger einfach nur besorgt ist und zu viel Tagesfreizeit hat, weshalb er sich auf Demonstrationen herumtreibt, die wenig produktiv sind und vor allem dem Betreiber dabei helfen, sich auf das andere Ende der ungleich gewichteten Wage zwischen Arm und Reich zu schlagen – auf kosten derer, die ärmer und ärmer werden.
Bildung, natürlich. Bildung und Wohlstand für alle sind die Schlüssel – aber jetzt ist es nun mal, wie es ist. Und Bildung lässt sich nur schwer nachholen. Es gilt mit dem zu arbeiten, was wir haben. Zumindest im deutschsprachigen Raum gibt es noch ausreichend, mit dem gearbeitet werden kann. Die Vermögensungleichheit reicht gerade mal, die Stufen des Bundestages zu erklimmen. In den USA reicht die Ungleichheit immerhin schon, um das Kapitol zu stürmen. Andere Länder, gleiche Sitten – sobald das gleiche Level an Ungleichheit erreicht ist.
Quelle: extra3, Prekäre Arbeitsverhältnisse
Wie es aussehen könnte, wenn noch ein wenig mehr Zeit vergangen sein wird, wenn die Schere zwischen Arm und Reich noch ein wenig mehr aufgerissen wurde, wenn die Prekarisierung noch unangenehmere Ausmaße angenommen haben wird, habe ich mir in einem etwas längeren Text ausgemalt. Eine Welt, in der es weltweit und zeitgleich zu Szenen kommt, die den Ereignissen des sechsten Januars ’21 ähneln. Ich denke, wenn wir nicht zuvor etwas verändern und diese Welt gerechter machen, dann werden sich die anarchistischen Szenen in den Großstädten mehren. Sie werden zunehmend organisierter ablaufen und sie werden Demokratien an deren Grenzen bringen – diese u.U. überschreiten.
Quelle: Markus Szaszka, Fontanka: Ein vergehendes Leben
Mag sein, dass das Bewerben eigener Bücher eine brutta figura ist, allerdings bin ich kein Journalist, sondern Schriftsteller, weshalb mir diese Spielregeln genauso egal sind wie viele der anderen Spielregeln, denen unsere höchst zweifelhaften Gesellschaften – die so viel Ungerechtigkeit und ja, natürlich, sagen wir dieses pathetische Wort: Leid – akzeptieren und fördern. Als unabhängiger Novelist, der schon immer unter prekären Verhältnissen gelebt hat, muss ich schließlich schauen, wo ich bleibe.
Libertäre Grüße,
Markus Szaszka
PS: Lösungsansätze folgen
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/384680/umfrage/verteilung-des-reichtums-auf-der-welt/
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