vonChristian Ihle 27.02.2012

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog

“Markus Lanz meets Philipp Rösler. Gemeinsam ziehen sie eine Show ab, die den „tiefsten Tiefpunkt“ (Rudi Völler) des deutschen Journalismus und den Marianengraben politischer Wahrhaftigkeit markiert. Es ist ein sagenhaftes Theater, Rösler gibt den Parzival, der den Gral endlich gefunden hat, ins Narrenkleid ist derweil der steigbügelhaltende Moderator Lanz gerückt. (…)
Bei Markus Lanz wird es zum Kasperltheater, zur großen Sause, zum Jux. Das Textbuch dafür gibt die „Bild“-Zeitung vor. Wer dazu den passenden Auftritt im Fernsehen sucht, der geht zum netten Herrn Lanz, der sich so schlau dünkt.

Denn bei ihm wird das Machtkalkül zum gespielten Witz. Er redet so süß über „die Angela“ und „den Philipp“, dass einem schlecht wird. Erst fasst Rösler Lanz am Arm, wie Gauck es mit ihm gemacht habe, dann Lanz „den Philipp“. „Jetzt mal ehrlich,“ sagt der Markus dann, „die Angela“, die „ham Sie doch über den Tisch gezogen.“ Über den Tisch gezogen werden an diesem Abend aber alle, die diese Sendung sehen. Denn es wird ihnen eine Heldengeschichte erzählt, die von vorn bis hinten nicht stimmt. Hintergründe und Handlungsmaximen werden hier in ihr Gegenteil verkehrt.
(…)
Lanz hat schon lauter lustige Videos eingespielt, die zeigen sollen, dass Philipp Rösler nicht nur ein liberaler Held, sondern auch ein Witzbold von Gnaden ist.

Erzählt er doch vor johlender Bierzeltmenge, dass es „die Angela“ inzwischen auch als Barbie-Puppe gebe, für dreihundert Euro. Die Puppe selbst sei preiswert, aber die vierzig Hosenanzüge kämen teuer. Für eine solchen Gag würde man selbst bei der Mainzer Fastnacht ausgebuht. Im Mainzer Spätabendprogramm gilt das hingegen als kolossal.”

…so Michael Hanfeld in der FAZ
Und Stefan Niggemeier zum gleichen Thema:


“Michael Hanfeld ist relativ leicht zu erregen, und ich würde nicht jede Wertung in seinem Artikel unterschreiben. Aber beim Lesen habe ich mich daran erinnert, wie sehr auch mich beim Zuschauen ein Gefühl von Ekel überwältigt hatte und wie real mir die Sorge erschien, dass, wenn ich das zuende gucken würde, ich später in meinem eigenen Erbrochen zu mir käme.

Es hat ja nicht nur die Ebene der politischen Propaganda, wie sie Hanfeld beschreibt. Es ist auch die Dimension der Boulevardisierung von Themen und Infantilisierung von Kommunikation im Fernsehen, die hier sichtbar wird. Angesichts der Vorarbeit von Leuten wie dem Seelenprokler Reinhold Beckmann und dem Vaselineartisten Johanns B. Kerner müsste es eigentlich schwer sein, da noch neue Tiefen auszuloten. Lanz gelingt es mühelos.”




Inhaltsverzeichnis:
* Teil 1: Alle Schmähkritiken über Bands, Künstler und Literatur
* Teil 2: Alle Schmähkritiken über Sport, Politik, Film & Fernsehen

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2012/02/27/schmahkritik-480-markus-lanz/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert