Bevor wir ein Potpurri der schönsten Grass-Schmähungen aus der gestrigen Presse präsentieren, ein Schmähkritik Classic aus dem Jahr 1980 vom amerikanischen Filmkritiker und Pulitzer-Preisträger Roger Ebert über die Schlöndorff-Verfilmung von Grass‘ „Die Blechtrommel“:
„Allegories have trouble standing for something else if they are too convincing as themselves. That is the difficulty with „The Tin Drum,“ which is either (a) an allegory about one person’s protest against the inhumanity of the world, or (b) the story of an obnoxious little boy. (…) My problem is that I kept seeing Oskar not as a symbol of courage but as an unsavory brat; the film’s foreground obscured its larger meaning. (…)
Actually, I don’t think little Oskar is at all innocent in this film; a malevolence seems to burn from his eyes, and he’s compromised in his rejection of the world’s evil by his own behavior as the most spiteful, egocentric, cold and calculating character in the film (all right: except for Adolf Hitler).
Should I allow myself to be annoyed by the child’s obnoxious habit of banging on it whenever something’s not to his liking? Even if I buy the wretched drum as a Moral Symbol, I’m still stuck with the kid as a pious little bastard.
We’re stuck with this cretinous little kid, just when Europe has enough troubles of its own.“
(Roger Ebert in der Chicago Sun Times, 1980)
Die Reaktionen auf Günther Grass bizarres Israel/Iran-Gedicht waren größteils verheerend. Hier einige Auszüge:
„Grass ist so eitel, dass er es in der „Zeit “ einst fertigbrachte, sogar anlässlich der Beerdigung von Heinrich Böll fast nur über sich selbst zu schreiben; seine politische Meinung packt er in ein derart schlicht gemachtes Gedicht. Was für ein Pathos! (…)
Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik allerdings hat sich ein prominenter Intellektueller auf so eitle Weise mit so dumpfen Klischees gegen Israel gestellt. (…) Ob es in absehbarer Zeit, wie im Gedicht unterstellt, zu einem Atomangriff kommt, mit dem Israel das „iranische Volk auslöschen könnte“, ist keineswegs sicher. Eines aber ist gewiss: Der lyrische Erstschlag ist geführt – und das von deutschem Boden.“
(Sebastian Hammelehle auf Spiegel Online)
„Wo immer er die Gelegenheit sah, sich mit erhobenem Zeigefinger politisch in Szene zu setzen, war er dabei. (…) Dabei brachte es Grass zu einer wahren Meisterschaft in der Kunst, mit großem Aplomb Türen aufzustoßen, die längst sperrangelweit offen standen. (…)
Grass will „mit letzter Tinte“ noch einmal Recht behalten, aus ganz persönlichen Gründen. Er gehört zu einer Generation von Männern, die es nie verwunden haben, dass sie am Beginn ihrer Karriere auf der falschen Seite standen. Man kann das verstehen: Ein Engagement bei der Waffen-SS ist normalerweise kein guter Anfang, um sich anschließend eine Existenz als wandelndes Weltgewissen aufzubauen. (…)
Man darf gespannt sein, was als Nächstes kommt. Eine Ode an Ahmadinedschad, den missverstandenen „Maulhelden“ aus Teheran. (…) Das nächste Mal reimt sich das abgelieferte Gedicht vielleicht auch, dann kann man es besser als Lyrik erkennen.“
(Jan Fleischauer, ebenfalls bei Spiegel Online)
„Schon der Titel des fürchterlich aufgeblasen daherkommenden Alterswerks ist eine rechte Zumutung. (…) Wenn Grass in seiner offenbar grenzenlosen Sehnsucht nach Aufmerksamkeit und öffentlicher Bedeutung jetzt mit Schmackes auch mal auf diese billige Blechtrommel haut, klingt das nur etwas schwülstiger.“
(aus den Nürnberger Nachrichten)
„Es ist ein Machwerk des Ressentiments, es ist, wie Nietzsche über das Ressentiment sagte, ein Dokument der „imaginären Rache“ einer sich moralisch lebenslang gekränkt fühlenden Generation. Gern hätte er, dass jetzt die Debatte entsteht, ob man als Deutscher Israel denn kritisieren dürfe. Die Debatte aber müsste darum geführt werden, ob es gerechtfertigt ist, die ganze Welt zum Opfer Israels zu machen, nur damit ein fünfundachtzigjähriger Mann seinen Frieden mit der eigenen Biographie machen kann.“
(Frank Schirrmacher in der FAZ)
„Grass will nicht mehr schweigen. Was ist der Anlass der logorrhoeischen Explosion? Das „behauptete Recht auf den Erstschlag“ eines namenlosen Landes, das den Iran bedroht, der seinerseits von einem „Maulhelden“ regiert wird. (…)
Grass hat schon immer zu Größenwahn geneigt, nun aber ist er vollkommen durchgeknallt. Ganztätig mit dem Verfassen brüchiger Verse beschäftigt, hat er keine der vielen Reden des iranischen Staatspräsidenten mitbekommen, in denen er von der Notwendigkeit spricht, das „Krebsgeschwür“, das Palästina besetzt hält, aus der Region zu entfernen. (…)
Grass ist der Prototyp des gebildeten Antisemiten, der es mit den Juden gut meint. Von Schuld- und Schamgefühlen verfolgt und zugleich von dem Wunsch getrieben, Geschichte zu verrechnen, tritt er nun an, den „Verursacher der erkennbaren Gefahr“ zu entwaffnen.Die Deutschen werden den Juden nie verzeihen, was sie ihnen angetan haben. Damit im Nahen Osten endlich Frieden einkehrt und auch Günter Grass seinen Seelenfrieden findet, soll Israel „Geschichte werden“. So sagt es der iranische Präsident, und davon träumt auch der Dichter beim Häuten der Zwiebel.“
(Henryk M Broder in der WELT)
Inhaltsverzeichnis:
* Teil 1: Alle Schmähkritiken über Bands, Künstler und Literatur
* Teil 2: Alle Schmähkritiken über Sport, Politik, Film & Fernsehen
Brot in der Not
Erst die Süße der Mutter,
lerne schnell, voller Bauch,
Brot dick mit Butter,
ein halbes Schwein tut es auch.
Fett zu Fett, schwillt an,
Sinn nach Maß woher,
andere hungern dann,
fressen Lehm übers Meer.
Gezüchtet für die Gier,
Masse der Industrie,
geschunden das Tier,
was drin, wissen wir nie.
Haut wirft Blasen,
Krebsstand hoch wie nie,
erfinden neue Basen,
hoch der Farmerindustrie.
Stehen wir dann im Zenit,
muss eine Krise her,
es kein Mehr mehr gibt,
sind alle Bäuche leer.
Dann schmeckt das Brot,
ohne Belag wie Kuchen,
nichts lernend in der Not,
den Super-GAU suchend.
Frank Poschau
22.04.12